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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Handflächen waren heiß, als habe er hohes Fieber. »Mixe einen Cocktail, den wir ›Erwachen‹ nennen wollen.«
    »Woraus sollen wir denn erwachen?«
    »Ich nicht. Du sollst erwachen aus deinem Komplex, eine erfolgreiche Frau könne einen Mann auf die Dauer nicht ertragen.«
    Es war wie immer: Auch an diesem Abend tranken und plauderten sie, sie tanzten sogar ein paar Foxtrotts und einen Tango, aber als Herbert ihr beim Tanz die Halsbeuge küssen wollte, bog sich Kathinka zurück und lachte.
    »Laß das!« sagte sie und löste sich aus seinen Armen. »Wir sind kein Diskothekenpärchen.«
    »Verdammt! Ich liebe dich!« Er ging zur Bar, schüttete sich einen großen Kognak ein und leerte das Glas in einem Zug. »Ist das eine Qual! Ich möchte mich besaufen …«
    »Denk an die Promille und an dein Auto, das vor der Tür steht.«
    »Ich könnte doch auf der Couch schlafen, Kathi.«
    »Nein!« Sie lachte und winkte mit einer großen Gebärde ab. »Nicht einen solchen Trick! In meiner Wohnung hat noch nie ein Mann geschlafen, auch nicht auf einer Couch.«
    Nach einigen Stunden fuhr Herbert Vollrath wieder brav nach Hause. Trotz seiner erneut abgeschmetterten Liebeserklärung war er glücklich. Ich bin immerhin ihr einziger, wirklicher Freund, dachte er. Das ist wenigstens etwas, wenn auch verdammt wenig.
    So war Kathinka Braun. Man muß das alles wissen, um zu verstehen, was in den nächsten Wochen geschah …

2
    Im Mai, in einer Mittwochausgabe, erschien in einer großen überregionalen Zeitung eine Anzeige unter der Rubrik ›Bekanntschaften‹. Sie lautete:
    Dame mit eigenem Wagen sucht für Ferienreise in den Süden (Französische Riviera?) charmanten Begleiter. Getrennte Kasse. Zuschriften unter C 15678.
    Auf diese Anzeige meldeten sich dreiundzwanzig Herren. Von einem Gärtner angefangen, der seine ›durch Wind und Wetter gestärkte Potenz‹ pries, bis zu einem Botanikprofessor, der im Gebiet von Cap Benat auf der Halbinsel Cabasson bei Le Lavandou eine floristische Mutation untersuchen wollte. Der jüngste sich vorstellende Reisebegleiter war siebzehn Jahre alt, der älteste zweiundsiebzig. Ausgerechnet dieser muntere Greis legte ein Bild bei, das ihn in einer äußerst knappen Badehose zeigte. Darunter stand: »In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.« Der flotte Opa wirkte sehr unternehmungslustig.
    Kathinka Braun sortierte diese Briefe aus und warf sie in den Papierkorb. Es war ihr von Beginn an klar gewesen, daß die Mehrzahl der Zuschriften recht eindeutigen Charakters sein würden. Es war auch nur eine ihrer Launen gewesen, diese Anzeige aufzugeben, gewissermaßen zur Dämpfung ihrer stillen Wünsche nach Glück, eine Bestätigung, daß jeder Mann in einer Frau grundsätzlich nur ein Objekt der Lust sieht und sich erst in zweiter Linie die Mühe macht, ihre Seele zu entdecken. Mit der Eroberung des Körpers schließt ein Mann sein Frauenverständnis ab, was kümmert ihn der seelische Bereich?
    Das war die Wand, hinter die sich Kathinka Braun immer flüchtete, wenn sie spürte, daß ihre natürlichen Sehnsüchte den selbstgeschmiedeten Panzer durchstoßen wollten. Sie stand hinter dieser Schutzwand wie ein Torero in einer spanischen Stierkampfarena, der sich mit einem Sprung vor dem angreifenden Tier gerettet hat, und baute ihr Selbstbewußtsein immer von neuem auf. Die Zuschriften auf ihre Anzeige bewiesen es wieder: Die Welt, die sie mit Fleiß und Können geschaffen hatte, war vollkommen. Nur mit einem Brief kam sie nicht zurecht. Er war ganz kurz, trug als Absender eine Postfachadresse in München und hatte als Beilage kein Foto, sondern eine grünschillernde, kleine künstliche Fliege mit einem Stahlhäkchen. Eine Anglerfliege.
    »Das bin ich«, erklärte der Absender. »Wenn es Sie interessiert und Sie mehr wissen wollen, können wir korrespondieren.« Das war alles.
    Es war einer der merkwürdigsten Briefe, den Kathinka Braun je bekommen hatte. Sie betrachtete ihn lange, saß mit ihm an ihrem schönen Barockschreibtisch, dessen wertvolle Intarsienarbeit jeder Besucher bewunderte, ließ die Leselampe auf den Brief scheinen, als könne man dadurch Fingerabdrücke sichtbar machen, und drehte mit der Spitze ihres goldenen Kugelschreibers die grünglitzernde Fliege hin und her.
    »Verrückt!« sagte sie schließlich laut. »Darauf antworte ich nicht.« Sie legte den Brief und die Fliege in ein Schubfach und schloß das Anzeigenexperiment mit der Negativbewertung ab: Auch dieses Jahr fahre
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