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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich allein in Urlaub. Sechs Wochen Riviera und ein anderer, unbekannter Mensch sein unter lauter Unbekannten …
    Nach einer Woche lag in der Post ein Brief der Zeitung (Anzeigenabteilung), mit dem Vermerk, es sei noch ein ›Nachläufer‹ auf die betreffende Anzeige gekommen. Ohne den Umschlag aufzuschlitzen, wußte Kathinka, daß es kein Nachläufer war, sondern ein neues Lebenszeichen der postlagernden Fliege.
    Bis zum Abend bezwang sie ihre Neugier. Sie trug den Brief in ihrer Handtasche herum, aber sie war an diesem Tag nervös und reizbar, unkonzentriert und merkwürdig unruhig.
    In ihrem Appartement – der Brief lag jetzt auf der Schreibtischplatte – trank sie einen großen trockenen Sherry und sagte laut in die Stille der Wohnung hinein: »Nein!« Es war ein sinnloser Protest, denn sie warf den Brief weder weg noch zerriß sie ihn, sondern sie schlitzte ihn mit einem Brieföffner auf und zog einen fast leeren Briefbogen heraus. Mit großen Ziffern war nur eine Telefonnummer auf das Blatt gemalt, weiter nichts.
    »Frechheit!« sagte Kathinka Braun laut, trank noch einen Sherry und griff dann zum Telefon. Es war ein Münchner Anschluß; sie hatte ihn kaum gewählt, da wurde auch schon abgenommen. Es schien, als habe der Unbekannte auf ihren Anruf gewartet, als habe er schon auf der Lauer gelegen und sich nach Absenden des Briefes nicht mehr aus der Nähe seines Telefons entfernt.
    »Guten Abend«, sagte er. Er hatte eine angenehme sonore Stimme, aber Kathinka mißfiel sie sofort. Gewollt seriös, wie er das ›Guten Abend‹ hinsingt – affig! dachte sie.
    »Was fällt Ihnen eigentlich ein?« fragte sie hart.
    »Aha!«
    »Was heißt aha?«
    »Die Dame mit dem eigenen Wagen …«
    »Ich rufe Sie nur an, um Ihnen zu sagen, daß Ihre Anglerfliege mir nicht imponiert. Wenn Sie das originell nennen … Ich bin jedenfalls kein Hering, den man so einfängt.«
    »Forelle«, korrigierte die angenehme Männerstimme.
    »Wie bitte?«
    »Der Hering ist ein Meeresfisch und wird in Netzen gefangen. Er zieht in ganzen Schwärmen. Meines Wissens hat noch keiner einen Hering mit der Angel herausgeholt. Mit der schönen Fliege dagegen fängt man vornehmlich Forellen, herrliche schlanke Fischchen, mit Punkten oder einer Regenbogenhaut – die Mannequins unter den Fischen!«
    »Ich bin auch keine Forelle«, erklärte Kathinka empört.
    »Was wäre unser Leben ohne Sinnbilder? Ich las Ihre Anzeige und dachte mir: Jeder Mann, der jetzt darauf schreibt, fügt einen Brief bei, in dem er seine Vorzüge anpreist wie ein Marktschreier. Und ein Foto schickt er auch … möglichst eines mit überquellender Männlichkeit. Wenn man sich nachher trifft, ist alles ganz anders. Das Foto ist viele Jahre alt und von unten nach oben geschossen, wodurch jeder Körper gestreckt wird, und überhaupt ist der ganze Kerl eine einzige Enttäuschung.«
    »Und Sie betrachten sich als eine einzige Erfüllung, was?«
    »Ich preise mich nicht an.«
    »Sie schicken Anglerfliegen. Was soll das?«
    »Es ist meine Visitenkarte.«
    »Sie sind Berufsangler? Gibt es denn so etwas?«
    »Haben Sie die Fliege vor sich?«
    »Ja.«
    Kaum, daß sie dies zugegeben hatte, ärgerte sich Kathinka Braun. Es bewies, daß sie sich mehr mit dem Postlagernden beschäftigt hatte, als sie zugeben wollte.
    »Diese Fliege ist ein Spitzenmodell«, tönte es sofort aus dem Telefonhörer, »und nach den neuesten fischwissenschaftlichen Erkenntnissen konstruiert. Die grünschillernden Flügel – der Belag ist ein Patent von mir – sind transparent und erzeugen für den Fisch den Eindruck, als sei die Fliege gerade ins Wasser getaucht. In der Psychologie der Fische bedeutet das, daß das Erkennungserlebnis umgesetzt wird in …«
    »Sie reden viel und dumm!« unterbrach ihn Kathinka Braun wütend. »Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich allein an die Riviera fahre. Stellen Sie bitte die einseitige Korrespondenz ein …«
    »Wie alt sind Sie?« fragte der Unbekannte frech.
    Kathinka zuckte zusammen und starrte wütend die künstliche Fliege an, die vor ihr lag. »Das geht Sie gar nichts an!« antwortete sie grob. »Die Beschäftigung mit fischpsychologischen Problemen scheint Ihre Manieren verdorben zu haben.«
    »Ich bin für Klarheiten. Für meine Person habe ich nichts zu verbergen. Ich bin 1,79 groß, schlank – bis auf einen kleinen, keineswegs störenden Bauchansatz, den ich mir bei meinen fünfunddreißig Lebensjahren durchaus leisten kann. Meine Haare sind noch vorhanden,
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