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Liebe in Zartbitter

Liebe in Zartbitter

Titel: Liebe in Zartbitter
Autoren: Christa Dorn
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Hendrik Würtz.
    Was zum Teufel hat der hier zu suchen? Doch nicht etwa mich?
    Jetzt ist wirklich alles aus. Jetzt kann ich meine Sachen packen und gehen. Nicht nur aus dem Parlament – wenn man mich noch lässt –, sondern auch aus dem Reiseunternehmen. Mir ist klar, dass dieser Würtz bei unserer Heimkehr kein gutes Haar an mir lassen wird. Nicht mal Sabine kann mir noch beistehen. Die muss sogar um ihre eigene Stellung bangen.
    „Toller Vortrag. Und ich habe mir schon unnötigerweise Sorgen um Sie gemacht“, begrüßt er mich unerwartet freundlich.
    Seine Ironie kann er sich sparen. Aber ihm das zu sagen, dazu fehlt mir die Kraft.
    „Ich glaube, ich muss Ihnen da dringend etwas erklären“, wendet sich der Reiseleiter an den Vize-Präsidenten. Der schaut verwirrt, was der ihm Unbekannte, mit der Angelegenheit zu schaffen haben könnte, nickt jedoch automatisch.
    „Mein Stellvertreter hat sich darauf eingerichtet, dann soll er auch die Diskussion leiten“, instruiert er seinen Mitarbeiter, der sich daraufhin zurück in den Saal begibt und die Tür leise hinter sich schließt.
    „Kommen Sie!“
    Ohne sich um mich zu kümmern, lassen sich die beiden Herren in einer Sitzecke nieder.
    Als ich, die Gelegenheit nutzend, unbemerkt den Rückzug antrete, nehme ich aus den Augenwinkeln einen heftig gestikulierenden Hendrik Würtz und den, ihm offensichtlich erstaunt lauschenden André de Marville wahr.
    Da kann ich mir mein Geständnis wohl sparen.
    Die Sicherheitsbeamten sind verschwunden. Niemand folgt mir.
    Am Ausgang nicke ich dem Uniformierten zu, der mich erneut ungläubig anstarrt.
    „Au revoir, Monsieur!“
    Ach nein, das bedeutet „Auf Wiedersehen“ – und ein solches wird es nicht geben. Nicht hier. Nicht für mich.
    Mit hängendem Kopf verlasse ich das Gebäude.
     
    Draußen herrscht wie immer Trubel. Internationales Stimmengewirr dringt an mein Ohr.  Ein Reisebus spuckt seinen Inhalt aus, Touristen drängen ins Parlamentsgebäude hinein und hinaus, eine Reiseleiterin versucht ihre Schäfchen zusammenzuhalten.
    In dem Gewühl komme ich mir verloren vor. Einsam und verlassen.
    Plötzlich fühle ich mich schwach.
    Ich erblicke eine unbesetzte Bank, lasse mich darauf niedersinken. Mein Magen meldet sich mit lautem Knurren. Seit der Abendmahlzeit sind fast zwanzig Stunden vergangen. Dazu die gehabten Aufregungen. Das ist zu viel für mich gewesen.
    Du solltest schnellstens zurück ins Hotel zurückkehren, sage ich mir, aber ich kann es nicht. Ich bin nicht in der Lage aufzustehen, komme mir wie ein ausgeknockter Boxer vor. Vor meinen Augen dreht sich alles.
    „Fräulein Lena!“, reißt mich eine vertraute Stimme aus meinem Dämmerzustand. Noch bevor ich die Augen öffnen kann, nimmt meine Nase den vertrauten Geruch eines würzigen Eau de Toilette war. Lavendel und Bergamotte. Ein Arm umfasst meine Schulter und zieht mich an sich. Ich mache mich steif. Was soll das noch?
    „Gehen Sie. Ich bin nicht Mademoiselle Boyer, ich bin eine Hochstaplerin und habe Sie und mich vor der ganzen Welt blamiert“, flüstere ich tonlos.
    Obwohl ich versuche, mich zu beherrschen, kann ich nicht verhindern, dass Tränen über meine Wangen rollen.
    „Ach, kommen Sie, Lena Bauer! Monsieur Würtz hat mir erzählt ihre Geschichte und den Rest kann ich mir zusammenreimen. Sie sind ein patentes Mädchen. – Sagt man so in Deutschland?“
    Der Klang seiner Worte tut mir gut. Ich könnte mich an ihn lehnen und auf der Stelle einschlafen, so wie im Bauch des Reisebusses.
    Er rüttelt mich.
    „Sie werden doch nicht schlappmachen jetzt. Was wir beide brauchen, ist eine ordentliche Mahlzeit. Ich schlage vor, wir begeben uns zum Maison Antoine am Place Jourdan, da es gibt die besten Pommes Frites mit den leckersten Soßen in ganz Brüssel. Haben Sie die schon probiert?“
    Ich schüttele den Kopf.
    „Na also, dann kommen Sie! Es ist nicht weit von hier. Die anderen beiden werden uns später folgen dorthin.“
    Obwohl ich mich noch immer schwach fühle und nicht ganz verstanden habe, wen er mit ‚den anderen beiden‘ meint, erhebe ich mich langsam von der Bank.
    Er umfasst mein Handgelenk. Ich setze ein winziges Lächeln auf.
    „Aber nur, wenn Sie mich nicht den ganzen Weg über hinter sich her zerren. Davon habe ich allmählich genug.“
    „Versprochen.“
    Er lässt meine Hand los, hakt mich stattdessen unter und schaut Zustimmung heischend auf mich herab.
    „So besser?“
    „Viel besser.“
    Na, dann
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