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Liebe in Zartbitter

Liebe in Zartbitter

Titel: Liebe in Zartbitter
Autoren: Christa Dorn
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gekommen, ihn mit seinem Irrtum zu konfrontieren. Ich weiß selbst nicht warum, aber ich tue es nicht. – Natürlich weiß ich es: Ich möchte noch nicht meiner Wege gehen, sondern seine Gegenwart so lange genießen, bis er seinen Irrtum von selbst erkennt.
    Schließlich kann ich ja nichts dafür, dass er mich für jemanden hält, der ich nicht bin.
    Wieder geht es eine Rolltreppe hinauf. Mittlerweile sind wir im siebten oder achten Stockwerk angekommen.
    Ein erregtes Kribbeln durchläuft meinen Körper. Wie mein unfreiwilliges Abenteuer wohl enden wird?
     Ich sehe mich um. Um uns herum wuseln Dutzende von Menschen. Besucher, Angestellte und vor allem Politiker. Sie eilen, ins Gespräch vertieft, durch die Gänge, verschwinden hinter Türen, suchen ihre Tagungsräume auf. Ein Ameisenhaufen geschäftigen Treibens.
    Wie soll es auch anders sein, hier im Hauptgebäude des Europa-Parlaments in Brüssel? – Nur dass es mich an diesen Ort verschlagen würde, darauf hat vor drei Tagen nicht das Geringste hingedeutet.

I.
     
    „Lena, du musst uns helfen! Carla ist krank geworden und nun fehlt uns eine Begleiterin für die Reisegruppe nach Belgien.“
    Bevor ich dazu komme, abzuwinken, spielt Sabine ihren Joker aus. „Jerome Navarre hat sich bereit erklärt, ebenfalls mitzufahren“, fügt sie betont harmlos hinzu.
    Das ist unfair. Sabine weiß ganz genau, dass ich ein Auge auf den schwarzhaarigen, dunkeläugigen Studenten geworfen habe, und nutzt das nun schamlos aus.
    „Komm schon, Lenchen“ – ich hasse es, wenn man Lenchen zu mir sagt,  habe deshalb meinen Taufnamen Helene schon vor Jahren in Lena modernisiert – „gibt es eine bessere Möglichkeit als eine gemeinsame Tour, um sich zu beschnuppern?“
    Da hat sie wohl recht. Und wenn ich es mir so überlege, habe ich eigentlich gar nichts gegen die Fahrt. Es wäre meine erste Auslandstour und damit viel interessanter als die, die ich am Wochenende übernehmen wollte.
    Blitzschnell überlege ich, wie es funktionieren könnte.
    „Ich habe eine wichtige Vorlesung. Außerdem kennst du mein Handicap“, werfe ich halbherzig ein. „Mein Englisch ist ganz okay, aber für Belgien nützt mir selbst mein Spanisch nichts, da werden doch ganz sicher Französisch-Kenntnisse vorausgesetzt. Bei mir hören die nach ‚Bonjour‘, ‚Ca va bien?‘, ‚Merci‘ ‚Excusez moi‘ und ‚Santé‘ auch schon auf.“
    Darauf winkt die Disponentin nur ab.
    „Es ist eine Notsituation. Außerdem fährt ja dein frischer Franzose mit“, grinst sie nun ganz offen. „Also: Die Reise startet morgen früh, sechs Uhr, vom ZOB unterm Funkturm. So schnell kriege ich keinen Ersatz heran. Die Wochenend-Tour nach Trier, für die du eingeplant warst, kann dagegen jeder Anfänger übernehmen. – Also, was ist?“, lockt sie mich erneut. „Manneken Pis, das Atomium, Brüsseler Spitze, die besten Pommes Frites der Welt und Trüffelschokolade...“
    „Hör auf, das ist unfair!“
    Mir läuft das Wasser im Munde zusammen. Exquisiter dunkler Schokolade kann ich nämlich genauso wenig widerstehen wie interessanten Männern.
    „Also gut, überredet“, seufze ich, innerlich schon bereit, den einen Tag Uni zu schwänzen.
    „Ich hab’s ja gewusst“, kichert Sabine. „Die nächste Fahrt darfst du dir dafür aussuchen.“
    Sie schiebt mir den Plan mit den Reisen der kommenden Monate zu.
    „Entscheidet sich, wenn ich aus Brüssel zurück bin“, antworte ich und zwinkere ihr zu. „Paris bei Nacht wäre sicher reizvoll.“
    Sie zwinkert zurück. „Einverstanden, Lenchen!“
    „Ich heiße Lena! Merk dir das endlich!“
     
    In meiner Studentenbude sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa. Auf der ausziehbaren Couch, dem wichtigsten Möbel der winzigen Einraumwohnung, stapelt sich ein Berg Klamotten, weil ich mich wieder einmal nicht entscheiden kann, was ich mitnehmen will. Wie viel passt in meinen kleinen Trolley? Als Reiseleiterin kann ich schließlich nicht mit einem Schrankkoffer ankommen. Urlaub machen die anderen.
    Das anthrazitfarbene Kostüm muss auf jeden Fall mit, dazu eine cremefarbene Bluse, ein Sommerkleid, eine helle Hose, eine Jeans, meine Allzweckweste und ein paar T-Shirts. Von meinen Schuhen stelle ich ein paar schwarze Pumps, hellbraune Sandaletten und die Tennisboots dazu. Socken, Unterwäsche und zwei Shortys für die Nacht – das müsste ausreichen.
    Erleichtert, die Kleiderfrage gelöst zu haben, gehe ich in die Küche und brühe mir einen Tee. Damit er schneller
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