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Liebe in Zartbitter

Liebe in Zartbitter

Titel: Liebe in Zartbitter
Autoren: Christa Dorn
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Lächeln und nehme mit dem Mikrofon in der ersten Reihe hinter dem Beifahrer Platz.
    Fritze lässt den Motor an. Langsam rollt der Reisebus vom Gelände des ZOB.
     
    Während der ersten Viertelstunde verlasse ich meinen Platz nicht, schaue aus dem Fenster und hülle ich mich in undurchdringliches Schweigen. Soll doch der vorgebliche Chef sich um die Passagiere und deren Bedürfnisse kümmern. Ich bin ja wohl nur Hilfskraft.
    Er tut es nicht, sondern versucht, ein Gespräch mit dem Fahrer anzuknüpfen. Doch Fritze gibt sich wortkarg.
    Richtig so, lass ihn abblitzen, mein Guter!
    Mittlerweile beginnt es auf den hinteren Sitzen unruhig zu werden und ich fange irritierte Blicke der Reisenden aus den vorderen Reihen auf. Da siegt mein Pflichtgefühl über den Ärger, und ich bringe es nicht fertig, länger untätig zubleiben.
    „Es ist üblich, die Passagiere zu begrüßen und ein paar Sätze zu unserer Route zu sagen“, überwinde ich mich und spreche diesen Würtz an.
    Ich registriere den Blick, den er mir zuwirft und ahne nichts Gutes.
    „Da Sie sich sicher darauf vorbereitet haben, möchte ich Sie nicht enttäuschen und überlasse Ihnen gern den Part.“
    Freundliche Worte eigentlich, aber der süffisante Ton, in dem sie vorgebracht werden, lässt meinen Blutdruck steigen.
    Als ich ohne etwas zu erwidern nach dem Mikrofon greifen will, schiebt er noch eine Nettigkeit hinterher.
    „Denken Sie nicht, dass es langsam an der Zeit ist, Kaffee anzubieten und die Verpflegung auszuteilen? Unsere Touren zeichnen sich im Allgemeinen durch hohe Qualität und perfekten Service aus, Fräulein Bauer. Das sollten Sie in den zwei Jahren, die sie – nach Ihrer Aussage - für die Firma arbeiten, verinnerlicht haben.“
    Für einen Moment bin ich sprachlos. Was erlaubt sich der Kerl?
    Ruhig bleiben, Lena, sage ich mir. Aber das ist leichter gesagt als getan. Am liebsten würde ich losschreien, was er sich einbildet. Ich bin als Reiseleiterin für die Fahrt engagiert worden, nicht als Adjutant dieses selbstherrlichen Ekels, das sich jetzt gemütlich in seinen Sitz zurücklehnt.
    Fritze muss alles gehört haben. Ich werfe ihm einen hilfesuchenden Blick zu, doch er  ist mit einem Überholmanöver beschäftigt und reagiert nicht.
    Lautlos zähle ich bis drei und stecke noch dieses eine Mal zurück. Nur keinen Streit vor den Passagieren. Den Rest klären wir später.
    „Es ist selbstverständlich alles vorbereitet. Wenn ich den Kaffee-Automaten jetzt einschalte, können wir nach meiner kleinen Ansprache sofort loslegen. Wollen Sie lieber die Frühstücksbeutel verteilen oder den Kaffee ausschenken?“
    Diese kleine Spitze, wenn auch mit honigsüßer Stimme vorgetragen, kann ich mir nicht verkneifen. Mal sehen, wie Hendrik  Würtz darauf reagiert.
    Er richtet sich kerzengerade auf. Ich sehe, wie sich sein Gesicht rötet.
    Ärger oder Beschämung?
    „Ich übernehme den Proviant“, antwortet er knapp und macht tatsächlich Anstalten, sich zu erheben.
    Es gelingt mir, mein Erstaunen zu verbergen. Diese Taktik sollte ich mir merken.
    „Okay“, bestätige ich seine Entscheidung ebenso knapp. Dann schalte ich das Mikrofon ein.

IV.
     
    Der Himmel ist bewölkt als das Flugzeug in Brüssel-Zaventem landet. Das Auschecken verläuft zäh, und es dauert ewig bis die junge Deutsche ihr Gepäck vom Band nehmen kann. Überall herrscht Gedränge, Taxis sind rar, was zu erneuter Warterei führt. Endlich ergattert sie eines der Gefährte und lässt sich ins Zentrum der Stadt zu einem kleinen Mittelklassehotel bringen. Sie mag den dezenten Chic des um die Jahrhundertwende im Art-Nouveau-Stil erbauten „Hotel Le Dome“, dessen meisterhaft restaurierte Fassade so gediegen wirkt wie die Ausstattung mit kirschbaumfarbenen Möbeln und den meergrünen Samtbezügen anheimelnd. Schon mehrmals hat sie hier Quartier bezogen gehabt und es nicht bereut.
    Obwohl seit der letzten Buchung fast ein halbes Jahr vergangen ist, begrüßt sie der Portier Carlo wie eine überaus geschätzte Stammkundin. Nach ein paar allgemeinen Worten über das hiesige Wetter und dem Zweck ihres Aufenthalts, begibt sich die Referentin aus dem Bundesfinanzministerium mit einem der winzigen Aufzüge in die für sie reservierte Suite. Bevor sie ihre Garderobe aus dem Koffer nimmt und einsortiert, betrachtet sie die Reproduktionen der Bilder namhafter Künstler, mit denen die beiden Wohnräume geschmückt sind und so die Besonderheiten des Jugendstils dezent unterstreichen.
    Als alles
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