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Liebe in Zartbitter

Liebe in Zartbitter

Titel: Liebe in Zartbitter
Autoren: Christa Dorn
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Reisenden berufen fühlen, den Beifahrer zu spielen. Ich habe von Kolleginnen gehört, dass so etwas vorkommt. Bislang bin ich jedoch davon verschont geblieben, einen Mister Wichtig in die Schranken weisen zu müssen.
    Kaum ist die Schar abgefertigt, will ich die Sache klären. Allerdings nicht vor den anderen Passagieren. Das könnte peinlich für ihn werden.
    „Würden Sie bitte mal kurz aussteigen!“, fordere ich den Mann so freundlich wie möglich auf. Er mustert mich und scheint einen Augenblick zu überlegen, ob er meine Aufforderung ernst nehmen soll oder nicht. Dann steigt er langsam die Stufen hinab. Wir treten einen Schritt vom Bus weg.
    „Ich bin Lena Bauer, die Reiseleiterin, Herr ...“, beginne ich diplomatisch und schaue fragend auf meine Liste.
    „Hendrik Würtz. Aber eines muss ich sofort klarstellen. Der Reiseleiter bin ich. Sie sind, wie mir gesagt wurde, ohne Auslandserfahrungen und deshalb die zweite Begleitperson.“
    Obwohl er es kühl und sachlich sagt, habe ich Mühe, nicht aus der Haut zu fahren. Was bildet sich dieser Kerl ein? Wer ist er überhaupt? Und wo bleibt Jerome?
    „Soll das ein Witz sein? Ich arbeite jetzt seit fast zwei Jahren für die ‚Reisen bildet GmbH‘,  aber Sie kenne ich nicht, tut mir leid. Und für die Brüssel-Tour ist Jerome Navarre eingeteilt.“
    In meinem Ärger klinge ich etwas schnippisch.
    Wieder mustert mich der Unbekannte aufmerksam von oben bis unten, als könne er nicht glauben, wen er vor sich hat.
    „Ja, Fräulein Bauer, da sind Ihre Informationen wohl nicht ganz auf dem neuesten Stand. Wie gesagt: der Reiseleiter bin ich. Aber das soll Sie nicht hindern, weiterzumachen. Wie viele Personen fehlen noch?“
    Ich weiß nicht warum, aber ich schaue auf die Liste und sage es ihm.
    „Okay. Wir starten in fünfzehn Minuten.“
    Es klingt sachlich, doch mit einem überheblichen Unterton. Ich muss mir auf die Lippe beißen, um eine freche Antwort zurückzuhalten.
    So lasse ich nicht mit mir umspringen, schließlich bin ich keine Hilfskraft, sondern habe schon Dutzende Reisen erfolgreich hinter mich gebracht.
    Fritze hat die letzten Gepäckstücke verladen. Er schließt die Klappe, steigt in den Bus und schaut abwartend zu uns herüber.
    Bevor der vorgebliche Reiseleiter ihm folgen kann, halte ich ihn zurück.
    „Einen Moment, Herr Würtz. Vielleicht zeigen Sie mir erst einmal Ihren Ausweis und dann die Unterlagen, die Sie als Reiseleiter legitimieren. Die werden Sie ja wohl dabei haben. Behaupten kann schließlich jeder alles!“
    Würtz blickt auf mich herab, als glaube er, ich hätte den Verstand verloren.
     „Was fällt Ihnen ein? Wenn ich Ihnen sage, dass das meine Tour ist, dann dürfen Sie das getrost glauben“, fährt er mich an. „Vielleicht erkundigen Sie sich erst einmal bei der Disponentin nach den Tatsachen, bevor Sie mir mit solchen Zumutungen kommen!“ 
    Er lässt mich einfach stehen und begibt sich auf seinen Platz neben dem Fahrer. Seinen Platz?
    Ich bebe vor Zorn. Diese Sache will ich geklärt haben. Sofort.
    Während ich mich einen weiteren Schritt vom Bus entferne, zerre ich den Reißverschluss meiner Handtasche auf, greife nach dem Handy und wähle die Nummer von Sabine. Der Ruf geht raus, aber niemand hebt ab.
    Ich hätte es wissen müssen: Um sechs Uhr in der Frühe ist sie noch nicht im Büro.
    Verdammt, wie soll ich mich verhalten?
    Am liebsten würde ich auf dem Absatz umkehren, meinen Koffer nehmen und verschwinden. Doch das kann nicht machen, das hieße ja, diesem Würtz das Feld kampflos zu überlassen. Auf keinen Fall! Also muss ich wohl oder übel mit. – Als zweite Reisebegleiterin!? Mit diesem arroganten Kerl als Vorgesetzten? Das wird sich noch herausstellen, mein Lieber!
    Eine ungeheure Wut macht sich in meinem Bauch breit. Kein Jerome, dafür dieser aufgeblasene Wichtigtuer! Sabine wird mir einiges erklären müssen. Spätestens in zwei Stunden, wenn wir die erste Rast einlegen. Sollte sie mich verschaukelt haben, gnade ihr Gott!
    Ich hole tief Luft. Fritze hat mir ein Zeichen gegeben. Es kann losgehen.
    Na gut, finde ich mich fürs erste damit ab, dass dieser Hendrik Würtz wie selbstverständlich den Chef spielt. Wenn er jedoch versuchen sollte, mich herumzukommandieren, wird er sein blaues Wunder erleben. Und sollte ich mit ihm nicht fertig werden, habe ich zur Not ja immer noch Fritze auf meiner Seite.
    „Alle Passagiere an Bord, wir starten“, verkünde ich beim Betreten des Fahrzeugs mit einen grimmigen
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