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099 - Die Lady mit den toten Augen

099 - Die Lady mit den toten Augen

Titel: 099 - Die Lady mit den toten Augen
Autoren: Larry Brent
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    Roy Evans
richtete sich auf, fuhr mit der Hand durch die Haare und verließ das Bett. Sein
Blick fiel auf den altmodischen Wecker.
    Erst halb
zwölf!
    Er fühlte
eine Unruhe und Nervosität, die er sich selbst nicht erklären konnte.
    An Schlaf war
nicht mehr zu denken. Es war zu warm und die Luft drückend, eine Seltenheit
hier in dieser Gegend.
    Roy Evans
trug nur einen Schlafanzug, als er das kleine, abseits gelegene Haus verließ.
In der bergigen Gegend lebte so gut wie niemand. Der nächste Ort war zehn
Meilen entfernt.
    Obwohl Evans
sich leise verhielt, entging seiner Mitbewohnerin nicht, daß die Tür ins Schloß
fiel.
    „Was ist denn
los, Roy?“ Das war die ' Stimme seiner Mutter, die oben ihren Schlafraum hatte.
    Die alte Frau
lebte allein mit ihrem Sohn.
    „Ich kann
nicht schlafen. Ich gehe kurz raus, um frische Luft zu schnappen.“
    Evans atmete
tief die Luft ein. Er wohnte seit seiner Geburt hier, war jetzt
sechsunddreißig, konnte sich aber nicht daran erinnern, je einen so heißen
Sommer erlebt zu haben.
    Die Nacht war
lau, der Himmel hing voller Sterne und spannte sich wie ein riesiges Zelt über
die gebirgige Landschaft von Nordwales.
    Plötzlich
raschelte es.
    Roy Evans
wandte den Kopf.
    Da stand jemand ...
    Ein junge Frau.
    Der helle
Schein des Mondes lag auf ihrem bleichen, schmalen Gesicht.
    Die großen
Augen sahen aus wie dunkle Höhlen, in denen ...
    Das war es!
    Evans merkte,
wie es ihm eiskalt über den Rücken rieselte.
    Die Fremde
hatte keine Augen im Kopf!
     
    ●
     
    Erschreckt
zog er die Luft ein. Dieses Geräusch war laut genug, um die durch die Nacht
streifende junge Frau zu warnen.
    Sie warf sich
blitzschnell herum. Ihr sackähnliches, dünnes Kleid schlotterte um ihre
abgemagerte Gestalt.
    „Wer sind
Sie? Was wollen Sie hier?“ Seine eigene Stimme war ihm fremd.
    Er zögerte
eine Sekunde zu lang.
    Wie ein
Schatten huschte die Fremde um das Haus. Auf dem breiten Weg lief sie genau in
Richtung des hügeligen Ackergeländes. Dem schloß sich ein kleiner Wald an.
    Evans blieb
eine Sekunde lang verwirrt. Er stand so sehr unter dem Eindruck der
rätselhaften Begegnung, daß er im ersten Moment unfähig war, sich zu bewegen.
    Ein Mensch
ohne Augen!
    Aber er
bewegte sich, als fände er sich gut zurecht ...
    Mit drei
schnellen Schritten war er an der Hausecke und sah die Fremde, die wie ein zum
Leben erwachter Scherenschnitt über das freie Feld rannte.
    „So bleiben
Sie doch stehen! Sie brauchen keine Angst zu haben!“
    Evans’ Stimme
hallte durch die Nacht, wehte der Davoneilenden nach und mußte sie erreichen.
Aber die Frau reagierte nicht.
    Sie lief
einfach drauflos.
    Was hatte sie
hier gewollt? Hatte sie sich in ihrer ewigen Dunkelheit, die sie umgab,
verlaufen?
    Aber gerade
dann hätte sie doch reagieren und froh sein müssen, daß es jemand gab, den sie
getroffen hatte und der ihr helfen wollte?
    Evans dachte
an das Gesicht der Fremden.
    Es war
verzerrt gewesen, voller Angst und typisch für einen Menschen, der viel
mitgemacht und darüber den Verstand verloren hatte.
    Der Mann
zuckte zusammen, während er anfing, mechanisch zu laufen.
    Die Frau
konnte nur aus der Anstalt sein. Das Gebäude lag nicht weit entfernt.
    Evans lief
bis zum Acker. Das kleine Haus, in dem er mit seiner Mutter lebte, krönte eine
Anhöhe.
    Von hier aus
hatte er einen prächtigen Blick über das Land.
    Die
schattengleiche Gestalt verschwand hinter den ersten Ausläufern der Baumgrenze.
    Roy Evans’
Neugierde war geweckt.
    Er folgte der
Fliehenden. Ständig sah er im Geist das verzerrte, bleiche Gesicht mit den
leeren Augenhöhlen und konnte sich eines gewissen Unbehagens nicht erwehren.
    Diese leeren,
toten Augen!
    Man hätte
meinen können, sie wären diesem Geschöpf einfach herausgeschnitten worden!
     
    ●
     
    Edith Shrink war mit dem Rad unterwegs. Wie eine dunkle,
mattschimmernde Schlange lag die gewundene Straße vor ihr. Das Rad hoppelte auf
dem Untergrund. Der Asphalt war nicht der beste.
    Edith Shrink war dreiundzwanzig. Sie war oft hier in der Gegend.
Von Monmouth aus legte sie die Strecke in das nur sieben Kilometer entfernte
Dorf, in dem sie wohnte, in dieser Jahreszeit mit dem Rad zurück.
    Sie war es
gewohnt, in der Dunkelheit unterwegs zu sein. Davor hatte sie keine Angst.
    Das Mädchen
besuchte regelmäßig seine Eltern, die in Monmouth lebten. Beiden ging es
gesundheitlich nicht sehr gut. Sie brauchten jemand, der hin und wieder nach
ihnen sah und sie betreute.
    Sie
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