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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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klatschen.
    »Tscha«, meinte Frau Tiigel gerade und knabberte noch ein S-tück von den wundervollen Butterkeksen, »meine Tochter wird sich ja nun auch bald verloben.«
    Erwartungsvolle Stille. Das Klirren der Teetassen erlosch. Frau Tügel stand schlagartig im Mittelpunkt.
    »Ach, wie schön! Was ist er denn?«
    »Jurist. Hat ‘ne prima S-tellung in so’n großen Werk.«
    »Ist er von hier?«
    Frau Tügel setzte zögernd die Tasse ab. »Von hier ist er nicht. Ist aus Hannover«, sagte sie, und man merkte, wie peinlich ihr das war.
    »Ach, aus Süddeutschland, wie interessant!« Die Damen schauten sie unauffällig an: kein Geborener (Hamburger), also nur ein Gewisser. Schade, wenn’s wenigstens einer »von drüben« gewesen wäre, aus London, Yokohama oder New York.
    »Und was ist mit Ihrer Kirsten?« wurde die Konsulin gefragt. »E>ie Verlobung mit dem Kiekebusch war denn wohl auseinandergegangen.«
    »Is ja man nun schon ‘ne Weile her«, lenkte die ab.
    »Soll sie nicht im Winterurlaub jetzt einen Skilehrer kennengelernt haben?« fragte die Doormann, die etwas läuten gehört hatte.
    Ein Skilehrer, igitt, dascha wohl nicht gut möglich, dachten die Damen, is ja man so gar keine Existenz. Na ja, die Heike von Petersens hat sogar ‘n Schaus-pieler geheiratet.
    Helen Bremer sagte: »Das war ja man nur ‘n Urlaubsflirt. Da is’ nix mit gewesen. Rein gar nichts!«
    »So?« machten die Damen und waren nicht ganz überzeugt.
    »Hat den Menschen ja kaum gekannt«, sagte die Konsulin und überlegte fieberhaft, woher die Doormann das nun wieder gespannt hatte. Sie zerkrümelte nervös einen Butterkeks und schaute zum x-tenmal auf die Pendule oberhalb des Kamins. Halb fünf, und die Damen wollten und wollten nicht gehen heute. Als wenn sie was ahnen würden. Um vier Uhr waren John Henry und Kirsten zum Krankenhaus bestellt worden, um diesen..., hm, diesen Herrn Leitner abzuholen. Es mußte unter allen Umständen verhindert werden, daß der Herr Leitner mit den Damen zusammentraf. Es mußte überhaupt einiges verhindert werden.
    »Tscha«, sagte Helen Bremer und machte auf Aufbruch, »dann wären wir ja wohl für heute...«
    »Meine Heike kommt jetzt in die Tanzstunde«, sagte Frau Hinrichs ungerührt und streckte ihre Teetasse in Richtung Kanne. Sie habe sie natürlich gewarnt, die Heike. In allem! »Hab ihr gesagt, die Männer, Heike, die sind ja heutzutage überhaupt so im ganzen eigentlich alle immer leicht ‘n bißchen so.«
    Die Konsulin saß wie auf Kohlen. Doch schließlich spürten auch die Damen, daß irgendwann einmal gegangen werden müßte. Man erhob sich also, tauschte unter ungeheurem Gelächter die Hüte, verabredete sich lärmend für die nächste Woche, schüttelte xmal dieselben Hände.
    Helen horchte zitternd, ob kein Auto vorführe. Es fuhr kein Auto vor.
    Und dann öffnete sich plötzlich die Flurtür...

    Herein kamen schweren Schrittes der Konsul und Kirsten. Sie stützten einen jungen Mann, der trotz seiner tiefbraunen Haut bleich wirkte. Um die Stirn trug der junge Mann einen weißen Kopf verband, unter dem linken Auge ein Veilchen und auf der rechten Wange ein Pflaster. Um das Maß vollzumachen, sagte er auch noch: »Grüaß euch Gott alle miteinand!«
    Die Damen waren sprachlos. Was ihnen nur äußerst selten passierte. Sie starrten wie gebannt auf das seltsame Trio. Frau Doormann machte »Ts, ts, ts!«
    »Das ist er«, sagte der Konsul und baute den jungen Mann vor seiner Frau auf, »unser neuer Schwiegersohn.«
    Nachbarin, dein Fläschchen, dachte die Konsulin, einer Ohnmacht nahe. Sie sah, wie sich ihr eine Hand entgegenstreckte. Dann hörte sie sich sagen: »Guten Tag, Herr Leitner! Ich habe ja schon soviel von Ihnen gehört.«
    »Ist ihm was passiert, dem Ärmsten?« fragte Frau Tügel und drängte sich in die erste Reihe.
    »Nein!« sagte der Konsul. »Er trägt das immer so.«
    Woraufhin der Damentee eiligst die Bremersche Wohnung verließ...

    So viel Schnee wie in dieser letzten Dezemberwoche hatte Himmels joch noch nie im Dezember gehabt. Die Meteorologen verkündeten deshalb mit dem üblichen Stolz »den schneereichsten Jahresausklang seit Menschengedenken« und übergingen geflissentlich, daß ihre langfristige Prognose von einem »fast schneelosen Dezember« gesprochen hatte.
    Der Bahnhofsvorsteher Obermayer schimpfte, wie üblich, über die »Lügenbarone« und gab der Atombombe schuld an dem narrischen Wetter. Selbstverständlich hatte der D 23 aus München wieder
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