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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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spielten jetzt wieder die Kapellen, das Carlsberg-Bier schmeckte so gut wie der Aalborg-Aquavit, ach und die Smörrebröds bei Davidsen!
    »Die Speisenkarten ist sswei Metern lang, und Sie können einhundertundssweiunsiebzigmal was anderes essen. Sie müssen uns, bitteschön, besuchen, lieber Florian Leitner«, las der Flori und hörte förmlich die vielen »s« statt der »z« und die »sch« statt der »ch«. »Ihre Bergen sind sswar wunderssön, aber die Ostsee hat auch was vor sisch. Und mein Vater hat eine Kongelige Hof Bageri (eine Königliche Hofbäckerei)...«
    Der Florian drehte die Seite um und dachte, gut, daß sie nichts von ihr schreibt. Er las weiter und dachte, es ist merkwürdig, daß sie mit keinem Wort erwähnt wird. Da kamen auch schon die »vielen Grüßen an alle Himmelsjocher und an die >Sonne< und an den Schneemann vor der Kirche, falls er noch steht«, und dann kam ein Postscriptum: »Jan läßt Ihnen grüßen, lieber Herr Flori, er ist für drei Tage hier, wir spreschen viel von Ihnen, Ihre Orer müssen klingeln. Ach, ist es bärig, verlobt ssu sein und einen Mann lieb ssu mögen. Dieses wollte Ihnen noch sagen, Ihre sie nochmals ladende Trine Hendricksen.«
    Der Florian warf den Brief auf den Tisch. Er war erleichtert und enttäuscht zugleich. Er wollte ihn in den Umschlag zurückstecken, da fiel ihm ein Zettel entgegen. Auf dem Zettel stand:
    Post scriptum Nr. 2: »Soeben erhälte isch eine Schreiben von dem Herrn Konsul aus Hamburg. Er berichtet mir, daß seine Tochter Kirsten krank liegt. Die Ärzte wissen nicht, wo es ihr dran fehlt, aber sie ist bleisch und mägert ab, und spricht nur wenige Wörter. Isch schreibe es schnell runter hier, weil isch denke, Sie haben ein Interesse für diese Mitteilung. Nochmals grüßt vielmaligst...«
    Bocksteif stand der Florian mitten im Raum. In seinem Kopf summte es wie in einem Gipfelkreuz kurz vor dem Gewitter.
    Er sagte laut: »Soll i dir amal was sag’n, Leitner?«
    »Nur zua«, antwortete er sich selbst.
    »A Hirsch bist, a Depp, a Hammi, a g’scherter. Hast dees g’heert?!«
    »Ja«, sagte er kleinlaut.
    Und dann packten sie alle beide die Koffer.

    »Ramm — tamm — tamm. Ramm — tamm — tamm. Ramm — tamm — tamm macht ein D-Zug immer in Romanen. In alten Romanen. In neuen macht er gar nichts. Weil die Bahnmenschen inzwischen die lückenlose Schiene erfunden haben. Allenfalls könnte man sagen, daß er ein bißchen summt, der FD-Zug oder der TEE-Zug.
    Mit Summen aber konnte der Florian nicht viel anfangen. Das alte »Ramm-tamm-tamm, Ramm-tamm-tamm« hätte noch ein »Komm-ja-schon, Komm-ja-schon« ergeben. Oder ein »Lie—be—dich, Lie—be—dich«. Das neue Gesumme ergab gar nichts.
    Er erhob sich gähnend von dem schmalen Bett und versuchte, das Fenster herunterzuziehen. Das Fenster klemmte. Zu sehen war draußen sowieso nix. Es war schwärzeste Nacht. Sie mußten irgendwo im Raum Fulda sein. Die Regentropfen liefen waagerecht an den Scheiben entlang. Wenn der Zug die roten Signallichter passierte, sahen sie aus wie Blutstropfen.
    »Platz nehmen zum zweiten Abendessen!« ertönte draußen im Gang eine Stimme. Ein Gong dröhnte. Der Florian zog sein graublaues Homespun-Jackett über, trat vor den Spiegel und stellte fest, daß er gut aussah. Das fanden auch die Leute im Speisewagen. Die Blaßgesichter drehten sich um nach dem tief gebräunten Athleten. Der stocherte in seinem Essen herum und schlingerte, zur Enttäuschung aller weiblichen Fahrgäste, wieder zurück in sein Abteil.
    »Schlafen Se oben oder schlafen Se unten, junger Mann?« fragte der Mann, als der Florian die Tür seines Abteils öffnete. Ah so, der zweite Mann war zugestiegen.
    »Wie S’moana«, meinte der Florian.
    »Was sagen Se?« fragte der Mann.
    »Ich meinte, wie Sie meinen«, sagte der Florian und nahm sich vor, für den Rest der Reise hochdeutsch zu sprechen.
    »Also dann bin ich für unten. Ich schlafe nämlich so irre unruhig, wissen Se,vorm Jahr, auf der Strecke nach Dortmund, also zwischen Hamburg und Dortmund, da falle ich dir doch raus. Irren Schreck gekriegt. Übrigens Bratke mein Name.« Er machte eine Verbeugung und stieß dabei mit der Stirn gegen die Kante des aufgeklappten oberen Bettes.
    »Florian Leitner heiße ich.«
    Herr Bratke kroch in das untere Bett wie ein Hund in seine Hütte. »Sind Sie ‘n Tiroler?« fragte er.
    »Aus Bayern komme ich.«
    »Bayern, ausgerechnet.« Herr Bratke entledigte sich liegend seiner Hose. »Mit euch
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