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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Zimmer mit schwarzen Strichmännchen bemalt. Aus den Kleiderschränken der englischen Gäste rollten vierunddreißig leere Weinflaschen.
    Dann standen sie vor dem Bauernbett der Miß Cora Brown aus Edinburgh. Das linke vordere und das hintere rechte Bein waren zerbrochen und durch zwei Ziegelsteine ersetzt.
    »Respekt!« sagte der Schlittentoni. Der Wammetsberger junior fluchte.
    Er hatte so einigen Ärger. Die Andenkenjäger unter seinen lieben Gästen waren wieder aktiv gewesen. Aus dem Inventar der Bar fehlten zwei Kuhglocken, ein Getreidescheffel, drei Zinnleuchter und ein kupferner Krug.
    Der Heilige Florian, den wo der Schreiner Berthold Pelletmayer alle Jahre wieder schnitzte, war auf legale Weise verschwunden. Die Klötzel hatte diesmal die »frühgotische Plastik aus der Schule des Meisters Berthold« erworben. Für 3000 Emm übrigens.
    »Echt is s’ fei net«, hatte der Wammetsberger wie in jedem Jahr pflichtgemäß bemerkt.
    Und die Klötzel hatte geantwortet: »Se wolln dat Dingins bloß nicht rausrücken, oller Jeizkragen.«
    »Na hamm mir ‘s scho’«, sagte der Schlittentoni, als sie unten wieder angelangt waren.
    »Jawoll«, sagte der Junior, schlug seine Kladde zu und beschloß, die Pensionspreise im nächsten Jahr wieder etwas anzuheben.
    Sie setzten sich an einen Tisch der trostlos leeren Bar. »Bring uns amal zwoa G’spritzte!«, rief der Junior zur Nandel hinüber. Die Nandel war aus dem Ort und damals für Kirsten eingesprungen. Es war ein rechtschaffenes Madl, aber ‘s Geschäft war arg zurückgegangen unter ihr.
    »Ja, die Kirsten, dees war amal a ganz a sauberne«, sinnierte der Junior und nahm einen Schluck von seinem Weißwein mit dem Schuß Bitter darin. Er trug es ihr nicht nach, daß sie ihn im Stich gelassen hatte.
    »Ham’s was vom Leitner Florian g’hört, Chef?« fragte der Toni.
    »Nix B’sonders. Vor acht Täg is er abg’haut in die Tauern. Die Nordwestwand vom Wiesbachhom wollt er durchsteigen und hernach in die Venedigergruppen. Nur Alleinbegehungen will er machen.«
    »Allein über die Gletscher, der spinnt ja!« meinte der Toni. Er schob den Hut in die Stirn und kratzte sich am Hinterkopf. »Habt’s ihm dees net g’sagt, dem Leitner?«
    »Natierli! Aber er hat g’sagt, alles ist ihm wurscht, und koan Begleiter braucht er net!«
    »So, hat er dees g’sagt, der Leitner?«
    »Jawoll, grad aso hat er’s g’sagt.«
    »Der kann oan leid tun«, meinte der Toni.
    Dann schwiegen sie vor sich hin und nippten an ihren Gläsern...

    Am Gründonnerstag vor Ostern kam der Florian aus den Hohen Tauern zurück. Fast schwarzbraun war sein Gesicht. Die winzigen Fältchen in den Augenwinkeln hatten sich stark vermehrt. Die Haut spannte sich wie Pergament über sein Gesicht. Die Wangen waren eingefallen. Er hatte sich geschunden in den letzten zwei Wochen. Im Fels und im Blankeis des Großen Venedigers. Er hatte lange Nächte verbracht in seinem Biwaksack, wie eine Fledermaus in den Wänden hängend, von Eisstürmen umtobt. Er war oft von den Hüttenwirten gewarnt worden. Weil er allein war. Er hatte die Warnungen in den Wind geschlagen.
    Der Florian stellte seinen riesigen Rucksack in den Flur und
    stieg hinauf in die Stube. Der Vater kam ihm entgegen.
    »Ja mei, Bua«, sagte Vater Leitner, »bist wieder da?«
    »Ja, da war i wieder«, sagte der Florian.
    »Magst was z’essen, was magst denn? Die Muatter hat scho’ a G’selchts.«
    »I mag durchaus gar nix, Vatter.«
    »Wennst nix z’essen magst«, Vater Leitner sah seinen Buben besorgt an, »nacha magst vielleicht was z’lesen. Da waar ein Briaf für di.«
    »Den kannst glei’ zu die andern schmeißen«, sagte der Florian.
    »Vielleicht schaugst amal, von wem er überhaupts is’?«
    Der Florian warf einen flüchtigen Blick auf den Absender. Auf dem Absender stand: »Trine Hendricksen, z. Z. Kopenhagen, Arenra 12.« Er nahm den Brief und steckte ihn in die Rocktasche. Dann erzählte er dem Vater ein wenig von seinen Erlebnissen in den Hohen Tauern. Später ging er für einen Moment zur Mutter hinunter in die Küche.
    Als er abends in seinem Zimmer allein war, las er Trine Hendricksens Brief. Es war ein langer Schreibebrief.
    Sie schrieb, wie wunderschön ihre Heimatstadt Kopenhagen im Frühling sei, mit den Tausenden von Tulpen und dem seidigblauen Himmel über dem Meer, und den vielen hübschen Mädchen, deren Röcke beim Radfahren hochflattern, und den grünen Kupferdächern, die abends in der Sonne aufflammten, im Tivoli
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