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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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seinen fetten Sirenenbaß erdröhnen. Der Bagger mitten in der Fahrrinne stieß in regelmäßigen Abständen einen gespenstischen Schrei aus. Von den Masten eines schneeweißen Kühlschiffes flatterten bunte Fahnen. Der Wind trug einen undefinierbaren Geruch herüber. Es roch nach brackigem Wasser, nach Teer und nach Salz und nach..., nach Sehnsucht.
    Ja, nach Sehnsucht, das war es, dachte der Florian. Tief sog er die Luft in seine Lungen. Sein Herz hämmerte gegen die Rippen. Er blickte wieder auf den breiten Fluß und überlegte, ob er heimfahren sollte. Heim nach Himmelsjoch am Fuße des Gamskogels. Er starrte in seinen Stadtplan und blätterte darin herum.
    »Suchst du was, Onkel?«
    Ein kleines Mädchen stand da plötzlich wie hingezaubert. Es trug blonde Rattenschwänze mit Schleifchen. Sein Gesicht war mit Sommersprossen besprenkelt.
    »Ja«, sagte der Florian, »du könntest mir schon helfen.« Er kramte Kirstens Adresse aus der Tasche heraus. »Bröers Treppe, kennst du das?«
    »Denn komm’ Sie man mit«, sagte die Kleine und sprang voraus. Es ging treppauf und treppab, hinauf und hinunter, viele, viele Stufen. Die Häuser waren alle in den Höhenzug hineingebaut, der sich hier am Nordufer der Elbe erstreckt. Früher wohnten in Blankenese die alten Kapitäne, blickten den auslaufenden Pötten nach und träumten von den sieben Weltmeeren. Heute können sich die Kapitäne Blankenese nicht mehr leisten.
    »Hier ist es!« sagte das kleine Mädchen und blieb vor einem großen weißen Haus mit grünen Fensterläden stehen.
    »Ich danke dir schön«, sagte der Florian.
    Und das Mädchen antwortete: »Da nich für.«
    »BREMER« stand auf einem Messingschild. Der Florian klingelte. Er war jetzt ganz ruhig. Eine füllige Blondine mit rosa Ferkelhaut öffnete. Der Florian stellte sich vor. Die Blondine sagte: »Die Herrschaften sind ja nun verreist und kommen erst morgen.«
    »Ich wollte Fräulein Kirsten Bremer sprechen«, sagte der Flori und ärgerte sich, daß er sich zweimal räuspern mußte.
    »Das gnä’ Fräulein ist mit dem jungen Herrn Pereyra in die City. Ich weiß nicht, wann sie zurückkommt und...« Sie unterbrach sich und guckte den Fremden forschend an. »Sind Sie ein Bekannter vom gnädigen Fräulein?«
    »Ein Bekannter«, sagte der Florian, »bin ich nicht.« Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte Bröers Treppe wieder hinauf. Die Blondine mit der Ferkelhaut sah ihm kopfschüttelnd nach.
    Er fuhr zum Hauptbahnhof zurück, nahm seinen Koffer aus dem Schließfach und suchte sich ein Hotel. Dann saß er in seinem Zimmer und starrte aus dem Fenster auf den großen Platz vor dem Bahnhof. Es regnete immer noch. Autos fuhren in unendlicher Kette vorüber. Die Fußgänger begannen bei Grün ihr Kurzstreckenrennen.
    Er nahm Trines Brief aus der Brieftasche und las das Postscriptum: »...Kirsten krank liegt..., sie ist bleisch und mägert ab und spricht nur wenige Wörter.« Das mußte eine Krankheit sein, bei der man mit einem jungen Herrn Paramba oder so ähnlich in der Stadt herumbummeln konnte.
    Der Florian steckte den Brief wieder zurück in die Brieftasche. Da stieß er auf Herrn Bratkes Visitenkarte.
    »22 Damen der internationalen Gesellschaft unterhalten sie auf das Intimste«, sagte die Visitenkarte.
    Florian Leitner aus Himmelsjoch beschloß, sich intim unterhalten zu lassen...

Das zwölfte Kapitel
    UND WIEDER SCHNEIT’S IN HIMMELSJOCH

    »Na, Süßer, das ist aber fein, daß du uns mal besuchst.« Eine lange Schwarze mit einem leichenbitteren Zug um den Mund und schrägen Mandelaugen half dem Florian aus dem Mantel. Das Neonlicht färbte ihr Gesicht grün-gelb. Es war die Empfangsdame in »Bratkes Bummel-Bar«.
    »Jetzt ist es man noch dünn, aber in zwei Stunden ist hier ein Faß auf«, sagte sie. Sie hob die ledergefaßte Portiere.
    Die Bar war leer. Es gibt nichts Trostloseres auf der Welt als eine leere Bar. Von den zweiundzwanzig Damen internationalen Formats, dazu bestimmt, den Gast intim zu unterhalten, war ein Dutzend erschienen. Sie räkelten sich gähnend auf den Stühlen herum. Sie saßen rauchend auf den Tischen und baumelten mit den nackten Beinen. Einige waren in ihre Pediküre vertieft. Ein Ober hinderte mit seinem Rücken eine Säule am Umkippen. Der Mixer stierte in ein Groschenblatt.
    Florians Auftreten brachte für einen Moment Leben in die Bude. Drei sehr Blonde kamen über das Parkett geschlurft und griffen ihn frontal an. Die lange Schwarze versuchte ihn
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