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Liebe die bleibt

Liebe die bleibt

Titel: Liebe die bleibt
Autoren: Carmen Sanders
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war nachsichtig, kooperativ, manchmal sogar glücklich, wenn er mich in seine Hirngespinste einbezog. Aber seine Ideen waren unausgegoren und scheiterten nicht nur am fehlenden Kapital, sondern auch an seiner Ungeduld, seiner bloß sprunghaften Freude daran, Dinge durchzusetzen.
    Augustin war ein großer , lustiger Junge, mit großen Flausen im Kopf. Sein Temperament war mitreißend, sein Naivität manchmal haarsträubend, aber seine Liebeskunst sensationell. Und genau diese Mischung war es, die meinen Menschengeist einschläferte.
    Als der liebe Gott die Schönheit verteilt hat, hat ihn Augustin vermutlich mit der Waffe bedroht, habe ich oft gedacht. Wenn ich nicht so eifersüchtig gewesen wäre, hätte ich ihm empfohlen, sein Geld als Gigolo zu verdienen. Genau genommen habe ich etwas verloren, was mir nie gehört hat. Warum fällt es mir dennoch so schwer loszulassen? Was hatte ich mir denn vom heutigen Tag erhofft? Vom Tag dieser Hochzeit – seiner Hochzeit? Dass er vor dem Altar steht und NEIN sagt? Mir seine Hand reicht, und vor allen Leuten sagt, dass ich seine wahre Liebe bin?
    Ja, genau das habe ich mi r erhofft…
     
    Ich höre auf mit dem Sinnieren, trinke noch einen Schluck vom guten Rotwein und richte mein Augenmerk auf die Hochzeitsfeier. Die meisten der Gäste sind bereits ziemlich angeheitert. Eine erhitzte Wolke aus Schweiß und Parfüm, Stimmen und Lachen hängt wie ein Schleier über dem Saal. Es wird getanzt, lautstark gelacht und immer wieder wird ein Trinkspruch auf das frischvermählte Paar gehalten. Ich stehe mit Augustin mittlerweile an der Bar und beobachte die Braut, die ausgelassenen mit einem Mann aus ihrer Verwandtschaft tanzt. Auch sie ist bereits leicht beschwipst. Mehrmals hat sie bereits versucht, Augustin zum Tanzen zu ermuntern. Aber Augustin hat abgelehnt. Er kann nicht tanzen, das konnte er noch nie. Eigentlich merkwürdig für einen sonst so beweglichen Liebhaber. Ich weiß es. Sie weiß es nicht. Genauso wenig weiß sie, dass Augustin keine Schlagermusik mag. Doch die Kapelle spielt sie jetzt unentwegt. Seine Braut weiß vieles nicht, was ich weiß. Das macht mich ein wenig stolz, verleiht mir ein winziges Gefühl von Erhabenheit. Aber warum kann ich sie nicht hassen?
    Irgendwie ist sie mir sogar sympathisch. Bis jetzt hat sie sich mir gegenüber freundlich und zugänglich verhalten, obwohl sie weiß, dass ich eine Verflossene bin. Ja, genau so hat sich mich genannt.
    „Du bist also Augustins Verflossene“, hat sie mich angesprochen, als ich abseits des Trubels ganz allein in einer Ecke saß und mir auf dem Display meiner Kamera die geschossenen Fotos von Augustin ansah. Sie fragte mich, ob die Fotos mit ihr und dem Pastor etwas geworden seien, ohne das Resultat sichten zu wollen, und sagte mir, dass sie sich freue mich kennenzulernen und dass Augustin schon sehr viel von mir erzählt hätte. Sie sagte es liebenswert, ohne dass auch nur ein Fünkchen Sarkasmus in ihrem Ton blitzte. Sie lächelte mich an, während ich noch am Missklang meiner Bezeichnung nagte.
    Verflossene klingt wie: verlassen, vereinsamt, verloren – als wäre ich ein bedauernswertes Wesen.
    „Ja, das ist schon sehr lange her“, ging ich auf ihre Anspielung ein und lächelte sie an. Unfähig, den Anflug von Wehmut in meiner Stimme zu vertuschen.
    „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in Kontakt bleiben“, erwiderte sie sanft, in einem beinahe mitleidigen Ton, dabei berührte sie sanft meinen Arm.
    Ja, vielleicht ist das eine gute Idee, spekulierte ich. Vielleicht sollte ich mich mit ihr anfreunden, dann wäre sie meine Freundin, die mir Tür und Tor öffnet und mich am Leben von Augustin weiter Teil haben lässt. Ich könnte ihn dann sehen, hören, vielleicht auch mal anfassen.
    Will ich das wirklich? Nein, wollen ganz bestimmt nicht, aber ich muss mir diese Option wenigstens warm halten, sicherheitshalber, zum Weiterleben, zum Weiterhoffen, weil es den bitteren Beigeschmack der Endgültigkeit ein wenig abmildert.
    „Sehr gern“, habe ich also geantwortet, dankbar, als hätte sie mir aus der Patsche geholfen.
     
    „Wo verbringt ihr eigentlich eure Flitterwochen?“ , will ich von Augustin wissen. Wir stehen immer noch an der Bar und blicken teilnahmslos auf die Tanzfläche.
    „Hawai i“, sagt er prompt.
    Zwei Wortsilben, die sich anfühlen, als hätte mir Augustin ins Gesicht geschlagen.
    „Zufall oder Absicht?“, würge ich hervor.
    „Absicht“, erwidert er knapp: „Weil ich dort
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