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Liebe die bleibt

Liebe die bleibt

Titel: Liebe die bleibt
Autoren: Carmen Sanders
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wir im Auto.
    „Hier wohnt ihr?“, frage ich ungläubig, als wir vor dem großen schmiedeeisernen Tor einer repräsentativen Gründerzeit-Villa stehen. Das Tor öffnet sich automatisch.
    „ Da kann ich natürlich nicht mithalten“, bemerke ich pikiert. Augustin reagiert nicht auf meine Bemerkung.
    Ich werfe einen skeptischen Blick auf die junge Braut, die leise vor sich hin lallt und mit dem Kopf an meiner Schulter lehnt. Ich streichle ihr über den Kopf.
    „Sie muss ins Bett“, sage ich und nestle ihr die Brautkrone vom Kopf, die ihr ins Gesicht gerutscht ist und sich in ihren schweißverklebten Haarsträhnen verfangen hat.
    Wir parken auf dem feingeschotterten Weg des Hauses. Vorsichtig versuchen wir, die beschwipste Braut aus dem Auto zu hieven. Was sich als nicht ganz einfach erweist, weil sich nun auch noch der Reif ihres Brautkleides im Innenraum des Wagens verkeilt hat. Um mir Bewegungsfreiheit zu verschaffen, habe ich mir die kleine Brautkrone auf den Kopf gesetzt.
    „Du musst sie auf deine Arme nehmen… über die Schwelle tragen“, schlage ich vor: „So wie man das mit einer Braut macht“, füge ich noch bedeutungsschwer hinzu.
    Augustin tut , was ich sage, während ich die Treppe hinaufsteige und die Haustür aufschließe. Ich folge ihm ins obere Stockwerk.
    „Das ist also euer Schlafzimmer“, stelle ich einen langen Gang später abschätzend fest und schaue mich interessiert um. „Das ist ja beinahe so groß wie meine ganze Wohnung.“ Dabei lasse ich meinen Blick über das französische Bett schweifen, in dem ganz sicher vier Personen Platz hätten. Es ist mit rosafarbener Satinbettwäsche überzogen und mit einem Gewimmel von echten Blütenblättern übersät.
    „Ich bin allergisch gegen Rosenblüten“, murmle ich abwesend vor mich hin, wobei ich versuche, die Blüten vom Bett zu pusten.
    „Was hast du gesagt?“
    Ich antworte nicht, sondern folge Augustins Anweisung.
    „Hilf mir mal! Ich glaube, wir sollten ihr das Kleid ausziehen .“
    Mit einem ratlosen Blick weist er auf Silke, die wegen ihres Reifrockes in keine vernünftige Liegeposition gebracht werden kann. Ich schaue mir das Kleid etwas genauer an und stelle fest, dass der Reifrock nicht im Kleid eingearbeitet ist. Während ich Silke von ihrem Hindernis befreie, wacht sie plötzlich auf und sieht mich mit glasigen Augen an. Ich kann ihre Alkoholfahne riechen.
    „I -c-h-h-a-b-e-d-u-r-s-c-h-t“, lallt sie gedehnt.
    Ich nestle eine Schlaftablette aus der Kameratasche auf meinem Rücken, greife zur Karaffe auf dem Sideboard und flöße ihr mit einem Glas Wasser das gelöste Präparat behutsam ein. Eine Flasche Rotwein steht auch auf dem edlen Mahagonimöbel. Ich fülle zwei Gläser.
    Ein schwerer spanischer Roter, freue ich mich. In eines der Gläser lasse ich unauffällig eine weitere Portion Rohypnol fallen.
    „Gleich schläft sie … ihren Schönheitsschlaf“, flüstere ich Augustin zu und reiche ihm sein Glas.
    „Wie lange wird sie schlafen?“, will er wissen.
    „Hundert Jahre“, antworte ich wie paralysiert, wobei ich auf die Braut herabblicke, als handle es sich um die verwahrloste Ausgabe von Dornröschen. Beim Ausatmen erzeugt sie jetzt einen Rasselton, der fast ein bisschen komisch mit einem leisen Pfeifen ausklingt, bevor es wieder aus ihrer Kehle rasselt.
    Augustin steht neben mir und blickt ebenfalls auf sie herab.
    „Hundert Jahre“, wiederholt er trocken. „Ob das ausreicht, um schön zu werden?“
    Mein schadenfroher Lacher weicht einem unterdrückten Gluck sen. Mir ist nicht zum Lachen.
    „ Komm’ wir gehen runter ins Wohnzimmer“, säuselt mir Augustin ins Ohr. Er steht hinter mir, hat seine Arme um meinen Bauch geschlungen und liebkost mir zärtlich den Nacken. Ich genieße seine Berührung, lehne meinen Kopf auf seine Schulter und schließe meine Augen.
    „Nein, wir bleiben hier“, sage ich. „Das Bett ist groß genug.“
    „Das ist nicht dein Ernst?“
    „Doch ist es“, widerspreche ich.
    Ich ignoriere seine verdutzte Miene und beginne langsam sein Hemd aufzuknöpfen, streife es über seine Schultern und liebkose seinen nackten Oberkörper. Meine Lippen wandern weiter, ich küsse das Tattoo auf seinem Oberarm. Ich spüre seinen warmen Atem und höre sein Herz klopfen. Es schlägt nur für mich, wild und leidenschaftlich, jetzt, in diesem Augenblick. Ich schmecke das Salz auf seiner Haut und den bitteren Beigeschmacks des Abschieds. Meine Sinne sind scharf und haben meinen Körper in Euphorie
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