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Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß
Autoren: Heinz G. Konsalik
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welch ein Jude!« Safar Murad setzte sich. Er zog an seiner Zigarre, blickte dem aufsteigenden Rauch nach und schloß halb die Augen. »Er ist der Sohn von Moshe Yonatan. Kennst du Moshe Yonatan? Natürlich nicht. Er ist Physiker an der Universität von Tel Aviv und hat ein Gerät entwickelt, mit dem man nachts, bei völliger Dunkelheit, mit Hilfe von unsichtbaren Strahlen schießen kann. Ein Nachtzielgerät. Noch erproben es die Juden, aber es wird eine Katastrophe, wenn sie es einsetzen. Wir hätten keine Chancen mehr. Und ausgerechnet sie müssen zusammentreffen … meine Tochter und sein Sohn! Allah sei gelobt … wir werden das Gerät von Moshe Yonatan nicht mehr fürchten. Amina wird es uns bringen –«
    »Ich habe Angst –«, sagte Issa leise. Safar lehnte sich zurück, faltete die Hände auf seinem Kopf und blickte an die Decke.
    »Wenn sie ein Stück meines Fleisches, ein Teil meiner Seele ist, wird Amina ihr Volk mehr lieben als einen Mann. Heute war ein guter Tag, Issa. Laß uns essen.« Er rückte den Stuhl näher an den Tisch, und seine Augen leuchteten. Große, schwarze Augen, wie Aminas Augen. »Sie war immer eine gute Tochter –«, sagte Safar – »und sie wird es bleiben. Sie wird mit Kehat Yonatan das verfluchte Israel aus den Angeln heben …«
    Es war um die gleiche Stunde, in der Kehat zu Amina sagte: »Es ist das Verrückteste auf dieser Welt – aber ich liebe dich.« Dann küßten sie sich zum erstenmal und gingen eng umschlungen über die schmalen Wege des Kölner Stadtwaldes.
    Wie konnten sie ahnen, daß ihre Liebe ein Teil von Blut und Tränen werden sollte?
    Ghazi Muhamed el Islam war ein mittelgroßer, freundlicher, stets elegant gekleideter, sehr höflicher Mann, lebte seit sechs Jahren in Deutschland, hatte vor vier Jahren in Köln ein deutsches Mädchen geheiratet, sprach sehr leise, bewohnte ein kleines Haus in Braunsfeld, wurde als zärtlicher Vater zweier krausköpfiger Mädchen bewundert, ging an den Sonntagen mit seiner Familie spazieren oder fuhr an den Rhein, um die romantischen Burgen zu besichtigen … ein ehrenwerter, unauffälliger, fleißiger Mann, nie nervös, nie laut, so völlig anders, als man sich sonst einen heißblütigen Araber vorstellt. Er war förderndes Mitglied eines Gesangvereins, saß Samstag nachmittag auf dem Rang des Fußballstadions, feuerte seine Mannschaft an und marschierte beim Schützenfest in grüner Uniform und ehrlicher Begeisterung in den Reihen seiner Schützenbrüder mit.
    Was Ghazi allerdings in diesen Tagen erlebte, verwirrte ihn etwas. Aus Damaskus und später aus Qnaitra sammelte er verschlüsselte Telegramme, die sich laufend widersprachen.
    Aber das alles täuschte. Den anderen Ghazi Muhamed kannte kaum einer in Köln. Als Leiter des Büros der El Araab Lines war er viel geschäftlich unterwegs, knüpfte Verbindungen, saß in Besprechungen herum, traf sich mit hundert Leuten und war ein unermüdlicher Arbeiter. Was niemand wußte: Bei ihm sammelten sich alle Nachrichten der arabischen Agenten in Westdeutschland, und von ihm aus gingen die Weisungen der El Fatah, der mächtigen Befreiungsorganisation Palästinas, zu den pilzartig wuchernden, blendend getarnten Mitgliedern. Alles, was Ghazi in Deutschland tat, war genau vorgeschrieben: Seine Heirat mit Luise Dallmann, die beiden Kinder, der ehrbare Familienvater und Schützenbruder, der Fußballfan … es war eine Tarnung, wie sie – deutschen Augen gegenüber, die so gern das Glück am heimischen Herd sehen – besser und vollendeter nicht sein konnte. So war es Ghazi verhältnismäßig leicht gefallen, eine große und straff organisierte Agententruppe aufzubauen, die jedes Jahr Nachschub durch arabische Studenten bekam, die an den deutschen Universitäten als besonders lernwillig galten. Junge Burschen, glühend vor Heimatliebe und Haß gegen die Juden, zu allem bereit, was der Sache Palästinas nützen konnte. Fanatiker, denen das eigene Leben nichts galt, denn das Leben ist nur eine kurze Wanderung bis zum Ziel, dem Paradies, wie Allah sagt.
    Im Klartext hießen sie:
    »Versuche, Kehat Yonatan in deine Gewalt zu bringen.« Das war Damaskus.
    »Auf keinen Fall Amina in Gefahr bringen.« Das war Qnaitra.
    »Es ist darauf hinzuarbeiten, daß Kehat in eine völlige Abhängigkeit zu Amina kommt. Kein Aufsehen!« Wieder Damaskus.
    »Vorerst keine Aufklärung Aminas über ihre politische Mission. Ich spreche selbst mit meiner Tochter.« Dr. Safar Murad aus Qnaitra.
    »Welch ein Aufwand
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