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Zweibeiner sehen dich an

Zweibeiner sehen dich an

Titel: Zweibeiner sehen dich an
Autoren: Damon Knight
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1
     
    Als das Flugbahnauto langsam die Landebahn verließ, griff der Zweifüßler Fritz fest nach seinen Armlehnen und blickte nervös durch die transparente Wand nach unten. Reisen war für ihn etwas Ungewohntes, denn er hatte sein Leben, abgesehen von jenem Flug zur Erde, an den er sich aber nicht zu erinnern vermochte, im Hamburger Zoo verbracht; und obwohl er sicher war, daß das schwebende Auto nicht abstürzen konnte, er jedoch völlig von Glas umgeben war und sich außerdem in großer Höhe befand, wollte er irgendetwas anfassen, was ihm Sicherheit gab.
    Auf dem Sitz neben ihm saß Alex, sein Wärter, ein dümmlicher Mann, und schlug die steifen Pergamentseiten der Berliner Zeitung auf. Er atmete dabei laut durch seine haarigen Nasenlöcher, während seine Kuhaugen auf die Schlagzeilen blickten. Die anderen Passagiere auf dem Mittelgang starrten Fritz an. Der Zweifüßler nahm keine Notiz davon, denn er war daran gewöhnt.
    In der Morgensonne unter ihnen breitete sich Berlin wie eine stark verblaßte Steppdecke aus. Als sich der Wagen mit zunehmender Schnelligkeit der Erde näher te, blickte Fritz zurück auf die hohe Plattform, auf der der Raketencopter gelandet war, und die langen, spinnenartigen Kabel der anderen Flugbahnen, die zu den einzelnen Stadtvierteln ausstrahlten.
    Der Wagen senkte sich, stieg wieder an und hielt an einer Landeplattform. Türen öffneten und schlossen sich wieder, dann sanken sie weiter. An der zweiten Haltestelle faltete Alex seine Zeitung zusammen und stand auf.
    „Komm“, sagte er.
    Fritz folgte ihm auf die Plattform hinaus, dann in einen Aufzug, der sich auf schwindelerregende Weise in einen transparenten, spiralförmigen Kanal senkte; tiefer und tiefer, während die sonnenüberfluteten Straßen sich aufwärts zu bewegen schienen. Als sie ausstiegen, verloren sie sich in einer wogenden Menschenmasse; ein scharfer, chemischer Geruch umgab sie.
    Alex hielt den Zweifüßler fest am Arm und trieb ihn über die Straße, durch ein hohes, geöffnetes Tor, dann in einen anderen Fahrstuhl und schließlich in ein Büro, das voller Menschen war.
    „Da ist ja unser lieber junger Herr“, sagte ein rotgesichtiger, fetter Mann, der sich ihm leutselig näherte. „Komm nur herein, komm nur herein. Erlaube mir, daß ich mich vorstelle. Ich bin Dr. Grück. – Und du bist unser neuer Zweifüßler? Willkommen, Willkommen!“ Er nahm die dreifingrige Hand des Zweifüßlers und schüttelte sie herzlich. Er zeigte keinen Widerwillen hinsichtlich der Tatsache, daß sie mit weichen Stacheln, die sich wie Federn anfühlten, versehen war.
    Leute umdrängten sie, Fotoapparate klickten. „Unterschreiben Sie“, sagte Alex und hielt dem Mann einen Notizblock voller Eselsohren entgegen.
    Dr. Grück ergriff ihn geistesabwesend, unterschrieb und gab ihn zurück. Alex wandte sich uninteressiert ab und ging.
    „Meine Damen und Herren,“ sagte Grück mit seiner Tenorstimme, „– ich habe die Ehre, Ihnen unseren neuesten Zugang vorzustellen – Fritz, unser zweiter Zweifüßler von Brechts Planet – und wie Sie sehen, ist er männlichen Geschlechts.“
    Der Zweifüßler blickte nervös in dem eichengetäfelten Raum umher, in die surrenden Kameras, auf die Bücherregale, den massiven Kronleuchter und auf die Leute mit den nackten, rosa Gesichtern.
    Sein Körper war schlank und geschmeidig wie der einer Katze. Graugrüne Stacheln bedeckten seinen ganzen Körper, außer den rosafarbenen Beuteln, die sich zwischen seinen Schenkeln befanden. Der merkwürdig geformte Kopf war weder menschlich, noch katzen- oder affenähnlich, sondern ein Mittelding aus allen drei Arten. Über den Augen, in der Mitte seiner breiten, herabfallenden Stirn, war ein rundes und faltiges Organ von verstaubt dunkelroter Farbe, die der eines Hahnenkammes ähnelte, aber noch mehr an eine gedörrte Frucht erinnerte.
    „Wir bitten um einen Pressekommentar!“ riefen einige kamerabeladene Männer.
     
    Gehorsam, so wie man es ihm beigebracht hatte, rezitierte der Zweifüßler: „Wie geht es Ihnen, meine Damen und Herren? – Fritz, der Zweifüßler, steht zu Ihren Diensten. – Ich bin sehr glücklich hier zu sein und hoffe, daß Sie recht oft kommen, um mich hier, im Berliner Zoo zu sehen.“ Er verbeugte sich leicht.
    Drei Männer in weißen Arbeitskitteln kamen auf ihn zu. Der erste verbeugte sich und nahm die Hand des Zweifüßlers.
    „Wenzel, Oberaufseher.“ Er war knochig und blaß, mit einem dünnen, geradlinigen Mund. Der
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