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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
Autoren: Susan Cooper
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sagte Simon gereizt. »Er jagt nur hinter irgendeinem blöden alten Grabstein in einer Kirche oder so was her. Warum konnte er uns das nicht sagen?«
    »Ich glaube, morgen früh ist er zurück«, sagte Jane. Sie schaute zum Fenster hinaus über die niedrige graue Mauer hinweg, die am Rand der Straße entlanglief. Es begann schon zu dämmern, und als die Sonne hinter ihre Landzunge gesunken war, wandelte sich die See zu einem dunklen Graugrün, und langsam kroch Nebel in den Hafen hinein. Durch den immer dichter werdenden Dunst sah sie eine unbestimmte Gestalt, die sich unten auf dem Wasser bewegte, über ihr flackerte kurz ein Licht auf, zuerst ein roter Funken in der Düsternis, dann ein grüner, und über beiden standen weiße Lichtpunkte. Plötzlich richtete sie sich steil auf; es war ihr bewusst geworden, dass das, was sie sah, die geheimnisvolle weiße Yacht war, die sich so still und seltsam aus dem Hafen von Trewissick hinausbewegte, wie sie gekommen war.

2. Kapitel
    Als sie am nächsten Tag beim Frühstück saßen, kam Onkel Merry zurück. Groß und hohläugig unter seinem dichten weißen Haar ragte er in der Türöffnung und lächelte über ihre überraschten Gesichter.
    »Guten Morgen«, sagte er heiter, »ist noch Kaffee übrig?« Die Nippsachen auf dem Kaminsims schienen zu scheppern, wenn er sprach. Man hatte bei Großonkel Merry immer den Eindruck, dass er für den Raum, in dem er sich gerade befand, viel zu groß war.
    Der Vater zog mit unerschütterlicher Ruhe einen zusätzlichen Stuhl an den Tisch. »Wie ist es denn heute Morgen draußen, Merry? Es scheint mir nicht so gut auszusehen.«
    Großonkel Merry setzte sich und nahm sich ein Stück Toast. Er hielt die Schnitte auf seiner großen Handfläche, während er mit dem Messer des Vaters Butter darauf strich. »Wolkig. Von der See her kommen dicke Wolken. Wir werden Regen kriegen.«
    Barney zappelte herum, er konnte seine Neugier nicht mehr zügeln. Er hatte die Familienregel vergessen, nach der sie ihrem geheimnisvollen Großonkel nie Fragen stellen sollten, die ihn betrafen. Plötzlich platzte er heraus: »Gummery, wo bist du gewesen?« In der Hitze des Augenblicks hatte er den Kosenamen gebraucht, den er erfunden hatte, als er noch ganz klein war. Sie benutzten ihn alle noch gelegentlich, aber nicht jeden Tag.
    Jane zischte leise durch die Zähne und Simon funkelte den Bruder über den Tisch hinweg an. Aber Großonkel Merry schien nicht gehört zu haben.
    »Vielleicht hält es nicht an«, fuhr er, zum Vater gewandt, unbeirrt fort, nachdem er von dem Toast abgebissen hatte. »Aber ich glaube, den größten Teil des Tages werden wir doch schlechtes Wetter haben.«
    »Wird es auch donnern?«, fragte Jane.
    Simon fügte hoffnungsvoll hinzu: »Gibt es einen richtigen Sturm auf der See?«
    Barney saß schweigend dabei, während die Stimmen hin und her über den Tisch schwirrten. Das Wetter, dachte er erbittert, alle reden vom Wetter, wo doch Großonkel Merry eben erst von seiner Suche zurückgekommen ist. Dann hörte man durch das Stirnmengewirr hindurch ein leises Donnergrollen, das feine Geräusch der ersten Regentropfen. Während alle zum Fenster hinaufblickten, schlüpfte Barney zu seinem Großonkel und schob für einen Augenblick die Hand in die des alten Mannes.
    »Gummery«, sagte er leise, »hast du gefunden, wonach du gesucht hast?«
    Er hatte erwartet, dass Großonkel Merry mit dem bekannten, liebenswürdig hartnäckigen Ausdruck an ihm vorbeischauen würde, mit dem er jede Frage beantwortete. Aber der große Mann blickte ihn fast abwesend an. Die Augenbrauen über dem zerklüfteten, verschlossenen Gesicht waren streng zusammengezogen und aus den dunklen Höhlungen und Furchen sprach die alte Entschlossenheit. Er sagte sanft: »Nein, Barnabas, diesmal habe ich es nicht gefunden.« Dann war es, als fiele eine Decke über sein Gesicht. »Ich muss gehen und den Wagen wegbringen«, rief er dem Vater zu und ging nach draußen.
    Der Donner kam zögernd von weit her über die See gerollt, aber der Regen fiel jetzt heftig. Er strömte an den Fensterscheiben hinunter und verschleierte den Blick. Die Kinder streiften ziellos im Haus umher. Vor dem Mittagessen versuchten sie es mit einem Spaziergang im Regen, kamen aber bald niedergeschlagen zurück.
    In der Mitte des Nachmittags steckte die Mutter den Kopf in die Tür: »Ich gehe nach oben und arbeite bis zum Abendessen — nun hört mal, ihr drei — ihr könnt überall im Haus herumgehen, aber ihr
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