Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlimmer geht immer

Schlimmer geht immer

Titel: Schlimmer geht immer
Autoren: David Lubar
Vom Netzwerk:
1

SCHÖNE SCHEISSE

    »Schöne Scheiße«, sagte Mookie.
    »Stimmt. Voll ätzend«, meinte Abigail.
    Sie hatten recht – das war echt nicht toll. Aber verglichen damit, in ein Zombiekind verwandelt worden zu sein, war es halb so wild, also bemühte ich mich, es positiv zu sehen. »Wenigstens ist es ja nur für eine Woche oder zwei.« Ich rutschte auf dem winzigen Stuhl herum. Wenn ich meine Füße übereinanderlegte, konnte ich die Beine knapp unter den Minitisch quetschen. Er fühlte sich an wie ein unbequemes Kleidungsstück.
    »Hey, wisst ihr was? Wir tun einfach so, als wären wir Riesen.« Mookie hob seinen Tisch mit einer Hand etwas an. Dabei knurrte er und schwenkte ihn hin und her.
    »Cool. Auf die Idee wär ich gar nicht gekommen.« Ich starrte meinen Tisch an und versuchte mir vorzustellen, er hätteeine normale Größe und ich wäre riesig. Das war lustig. Auf der Strandpromenade von Wildwood gibt es einen Riesenstuhl. Man kann sich draufsetzen und sich fotografieren lassen. Es gibt da auch einen riesigen Bleistift, den man in der Hand halten kann. So sieht man echt wie ein Minimensch aus. Das hier war vermutlich das Gegenteil davon. Der Minitisch und der Ministuhl ließen mich wie einen Riesen wirken.
    »Tja, fee fie foe fum!«, sagte Abigail. »Das macht es ja echt viel besser.«
    »Ich rieche Menschenfleisch …« Mookie schnüffelte. »Nein, Moment. Mein Fehler. Ich rieche die Bohnensuppe von gestern Abend.«
    »Pfui.« Abigail rutschte von ihrem Stühlchen, taumelte von Mookie weg und setzte sich an den freien Tisch neben mir. »Mookie, du musst dein Verdauungssystem dringend als Giftmülldeponie bei der Regierung melden.«
    Er klopfte auf seinen Bauch. »Ich würde es eher als Naturschutzgebiet bezeichnen.« Er schnüffelte erneut. »Hm, eigentlich rieche ich überhaupt nichts. Wahrscheinlich krieg ich eine Erkältung. Trotzdem bin ich lange nicht so mies drauf wie du.«
    »Stimmt, was ist los mit dir?«, fragte ich Abigail. »Normalerweise beschwerst du dich nicht.«
    »Hier zu sein bringt viel zu viele unliebsame Erinnerungen zurück«, erklärte sie. »Ich hatte nicht damit gerechnet, noch mal damit konfrontiert zu werden.«
    »Ich habe nur gute Erinnerungen an meine Grundschulzeit«, sagte Mookie. »Buntstifte, Lieder, Kasperlefiguren. Lauter tolle Sachen. Und es gab immer Muffins. Ich erinnere mich an jede Menge Muffins.« Er schlug mir auf die Schulter. »Weißt du noch?«
    Ich überlegte. »Klar. Mit riesigen Klümpchen in der Glasur.«
    »Die Eltern haben immer welche gebacken, wenn jemand Geburtstag hatte«, sagte Mookie. »In einem Jahr hatte ich drei Mal Geburtstag, weil meine Mom zweihundert Muffins beim Preisausschreiben eines Radiosenders gewonnen hatte und sie loswerden wollte. Ist aber keinem aufgefallen, schätze ich. Oder die anderen fanden die Muffins einfach genauso toll wie ich. Wir essen jetzt viel zu selten Muffins. Ich vermisse diese Zeit.«
    Ich dachte an die Muffins von damals zurück. Sie waren grün. Ich glaube, sie waren mit Broccoli oder Zucchini oder so. Aber mit genug Zuckerguss obendrauf schmeckt fast alles gut, also hat sich niemand beschwert.
    Mookie stellte sich auf seinen Stuhl und schrie: »Hey, hat irgendjemand in nächster Zeit Geburtstag? Vergesst bloß nicht die Muffins! Ihr müsst welche mitbringen. Das ist hier so.«
    Ich schätze mal, ich hatte sowohl gute als auch schlechte Erinnerungen, sodass sie sich die Waage hielten. Damals hatten wir eine Kunstlehrerin, die meine Werke immer in den Schaukasten gestellt und gesagt hat, ich hätte Talent. In der ersten Klasse hatte ich eine fiese Lehrerin, die immer alle Kinder anbrüllte und nach Mundwasser roch, aber die ging dann weg, und der Lehrer, der sie ersetzte, war echt nett. Also fand ich es im Gegensatz zu Abigail nicht so schlimm, hier zu sein – abgesehen davon, dass alles zu klein für uns Fünftklässler war. Nicht nur die Tische und Stühle, sondern auch die Trinkwasserbrunnen waren so niedrig, dass sie aussahen, als wären sie für Hunde.
    »Hey, kommt schon – keine Geburtstage?«, brüllte Mookie und stieg auf den Tisch. Er knarrte, aber er hielt. »Muss ja nicht jetzt sofort sein. Kann auch irgendwann später in diesem Monat sein.«
    In dem Moment klingelte es und Mrs Otranto, unsere Englisch- und Gemeinschaftskundelehrerin, betrat das Klassenzimmer. Sie starrte Mookie an.
    »’tschuldigung«, sagte er und kletterte vom Tisch, um sich hinzusetzen. »Ich habe grad eine Umfrage
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher