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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild
Autoren: Alexa Hennig Lange
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Aber mir geht es ja nicht anders, wenn ich darauf warte, dass mich Johannes endlich zurückruft, da könnte ich immer durchdrehen. Ich fühle mich ihm dann irgendwie so ausgeliefert. Ich schnarre also möglichst emotionslos: »Was geht? Was sagt er?«
    »Er kommt.« Alinas Gesicht glüht vor Glück.
    »Wer?«
    »Na, er! Albert.« Jetzt fängt sie auch noch an, vor mir auf und ab zu hüpfen.
    »Albert? Ist das sein Name? Kein Mensch heißt Albert.«
    »Was meinst du damit: Kein Mensch heißt Albert? Es gibt viele Alberts auf dieser Welt.«
    »So? Welchen denn?«
    Ich kenne keinen. Ich schiebe den riesigen Einkaufswagen an Alina vorbei und weiß nicht, warum wir diese merkwürdige Albert-Diskussion führen. Eigentlich sollte ich mich total für sie freuen, aber gerade kriege ich es nicht so richtig hin. Ich atme also tief ein, halte wieder an, dieses Mal neben den Gläsern mit den Salsa-Dips. »Okay, er kommt. Und wann?«
    Alinas Gesicht ist zu Stein geworden, alle Farbe ist bereits wieder daraus gewichen, kurz waren ihre Wangen vor Freude leicht gerötet, jetzt sind sie fahl und eingefallen. Dunkle Ringe schimmern unter ihren Augen. Meine Güte, Alina lässt sich wirklich schnell einschüchtern. »Meinst du, er sagt wieder ab?«
    Ich fasse es nicht. Alina hat echt null Selbstbewusstsein.
Die ist ja total bedürftig! Da muss jetzt hart durchgegriffen werden. »So ein Blödsinn! Warum sollte er? Also, wann kommt er?«
    Ihre schwarz gefärbten Haare stehen in alle Richtungen ab und ihre mickrigen Schultern hängen in ihrem schwarzen T-Shirt. Ihre Beine sind so unglaublich dünn und ihre Schuhe sehen im Verhältnis dazu übergroß aus. Sie tritt müde von einem Bein aufs andere. »Meinst du wirklich, er sagt nicht wieder ab?«
    Ich frage vorsorglich: »Bist du unterzuckert?«
    »Ich weiß nicht.«
    Das Problem hat Alina manchmal, deswegen knabbert sie auch meistens an einem Schokoriegel herum. Ich kann da immer gar nicht hingucken, weil es mich ganz nervös macht, wie sie nur so winzige Stücke davon abknuspert. Manchmal würde ich ihr den am liebsten aus der Hand rupfen und volle Pulle reinbeißen. Alina schüttelt langsam den Kopf und bevor sie noch etwas sagen kann, spielt ihr Handy schon wieder volle Lautstärke los. Sie zieht es hervor, starrt ungläubig auf ihr Display und flüstert: »Er ist es schon wieder.«
    Ich schiebe mal langsam weiter zu den alkoholischen Getränken, wir müssen uns nämlich ein bisschen mit dem Einkauf ranhalten. Es ist schon fünf vor acht und die schließen hier gleich. Ein paar hungrige Kunden beugen sich über die Kühltruhen und ziehen sich noch flott ein paar Tiefkühlpizzas und Fischstäbchen raus. Derweil sortiere ich mal die Wodka- und Gin-Flaschen aus dem Regal in unseren Einkaufswagen. Ich habe keine Ahnung, wie viel man für so eine Party benötigt. Ich weiß ja nicht mal, wie viele Menschen kommen. Offiziell eingeladen habe ich dreißig, da ich aber auch ständig auf Partys gehe, bei
denen ich nicht eingeladen bin und Johannes bestimmt auch noch Leute mitbringt, könnte es bei uns zu Hause etwas voller werden. Ich mache mir ein wenig Sorgen, wie Papa mit dieser Situation umgehen wird. Nicht, dass der die Nerven verliert. Hatten wir alles schon. Wenn es ihm zu bunt wird, dann zeigt er das ganz deutlich. Er kriegt dann so Anwandlungen, dass er die Leute plötzlich vor die Tür setzt. Einfach so. Zack! Raus! Hat er schon ein paar Mal mit Jungs-Besuch von Cotsch gemacht, als sie noch nichts mit Helmuth am Laufen hatte. Da ist er dann einfach abends ohne anzuklopfen in ihr Zimmer rein und hat den Jungs erklärt, dass »Schluss ist«. Darum hasst meine Schwester Papa in gewissem Sinne auch.
    Gerade, als ich die dritte Tequila-Flasche in den Einkaufswagen stelle, taucht Alina neben mir auf und hält sich am Griff vom Einkaufswagen fest. Verunsichert zieht sie eine Grimasse. »Äh …«
    Ich drehe mich gemächlich zu ihr um, nun interessiert mich wirklich, was dieser Albert schon wieder wollte. »Ja, bitte?«
    »Er hat sich von seiner Freundin getrennt. Die läuft gerade Amok und will mich umbringen. Ich meine, wir kennen uns doch noch gar nicht.«
    Und bevor ich was Schlaues sagen kann, klingelt erneut Alinas Telefon. Schon wieder dieser Albert. Jetzt bleibe ich aber neben ihr stehen, um mitzubekommen, was nun wieder ist. Der Typ scheint sich ja in ziemlicher Stressstimmung zu befinden. Alina lauscht angespannt, ihre hochgestellten Haare zittern. Die restlichen Kunden eilen an uns
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