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Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Titel: Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02
Autoren: Jeaffery Deaver
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es sein, Lincoln.«
    Die Sandkörner auf dem Bildschirm, die so groß wie Asteroiden und so sanft gerundet wie die Schultern einer Frau waren, verloren jeden Reiz für Rhyme.
    »Nun«, sagte er leise, »da haben wir wirklich ein Problem, nicht wahr?«
    Sie erinnerte sich.
    Letzte Nacht. Das Läuten des Telefons, das das leise Trommeln des Regens gegen ihr Schlafzimmerfenster übertönt hatte.
    Sie hatte es voller Abscheu angeschaut, als sei die Telefongesellschaft für ihre Übelkeit und den bohrenden Schmerz in ihrem Kopf verantwortlich, für das Blitzlichtgewitter hinter ihren Augenlidern.
    Schließlich sprang sie auf und griff beim vierten Klingeln nach dem Hörer.
    »Hallo?« Es war nur ein Echo wie aus einer leeren Röhre zu hören - das typische Geräusch bei einem Funkgespräch, das zu einem Tele
    fon durchgeschaltet wird.
    Dann eine Stimme. Vielleicht.
    Ein Lachen. Vielleicht.
    Eine gewaltige Detonation. Ein Klicken. Stille.
    Kein Freizeichen. Nur Stille, übertönt von den krachenden Wellen in ihren Ohren.
    Hallo? Hallo?...
    Sie legte den Hörer auf und ließ sich wieder auf ihre Couch fallen und beobachtete den abendlichen Regen und die Bäume, die im Frühlingssturm hin-und herwogten. Sie war wieder eingeschlafen. Bis das Telefon eine halbe Stunde später erneut klingelte und ihr die Nachricht übermittelte, daß Lear Neun Charlie Juliet beim Landeanflug abgestürzt war und ihren Mann und den jungen Tim Randolph in den Tod gerissen hatte.
    Nun, an diesem grauen Morgen, wußte Percey Rachael Clay, daß der mysteriöse Anruf am Vorabend von ihrem Mann gekommen war. Ron Talbot - der den Mut aufgebracht hatte, sie anzurufen und ihr die Nach-richt des Absturzes mitzuteilen - hatte ihr erklärt, daß er Eds Anruf genau im selben Augenblick durchgestellt hatte, als der Lear explodierte.
    Eds Lachen...
    Hallo? Hallo?...
    Percey schraubte ihren Flachmann auf und nahm einen Schluck. Sie dachte an die stürmischen Tage vor vielen Jahren, als sie und Ed eine zum Wasserflugzeug umgebaute Cessna 180 nach Red Lake in Ontario geflogen hatten. Als sie aufsetzten, hatten sie noch genau 0,2 Liter Benzin im Tank. Sie hatten ihre glückliche Landung mit einer Flasche billigem Whisky gefeiert, der ihnen den schlimmsten Kater ihres Lebens beschert hatte. Die Erinnerung daran trieb ihr Tränen in die Augen - so wie damals der Kopfschmerz.
    »Hör auf, Perce. Du hast genug davon, okay?« sagte der Mann, der auf der Wohnzimmercouch saß. »Bitte.« Er deutete auf den Flachmann.
    »O ja«, antwortete sie mit zurückhaltendem Sarkasmus in der schweren Stimme. »Klar.« Und nahm einen weiteren Schluck. Hatte das Verlangen nach einer Zigarette, widerstand aber. »Warum, zum Teufel, hat er mich in letzter Sekunde angerufen?« fragte sie.
    »Vielleicht hat er sich Sorgen um dich gemacht«, spekulierte Brit Hale. »Wegen deiner Migräne.«
    Hale hatte in der vergangenen Nacht ebensowenig geschlafen wie Percey. Auch ihn hatte Talbot mit der Nachricht des Absturzes angerufen, und er war von seinem Appartement in Bronxville hergekommen, um bei Percey zu sein. Er war die ganze Nacht bei ihr geblieben und hatte ihr dabei geholfen, die vielen notwendigen Anrufe zu erledigen. Es war Hale, nicht Percey, der ihren Eltern in Richmond die Nachricht überbrachte.
    »Er hatte keinen Grund dafür, Brit. Für einen Anruf in letzter Sekunde.«
    »Das hatte nichts mit dem zu tun, was geschehen ist«, sagte Hale sanft.
    »Ich weiß«, erwiderte sie.
    Sie kannten sich seit Jahren. Hale war einer der ersten Piloten bei Hud-son Air gewesen. Er hatte damals vier Monate lang unentgeltlich gearbeitet, dann waren seine Ersparnisse aufgebraucht, und er hatte Percey widerstrebend gebeten, ihm ein Gehalt zu zahlen. Er hatte nie erfahren, daß sie ihn aus ihrer eigenen Tasche bezahlte, da die Firma im ersten Jahr nach ihrer Gründung keinerlei Gewinn abwarf. Hale sah aus wie ein hagerer, strenger Schullehrer. In Wirklichkeit war er locker -der perfekte Gegenpol zu Percey -und ein Spaßvogel, der es schon mal fertigbrachte, besonders unangenehme und aufsässige Passagiere dadurch zu bändigen, daß er die Maschine drehte und kopfüber flog, bis sie sich beruhigt hatten. Hale übernahm oft den rechten Sitz, wenn Percey flog, und war ihr liebster Copilot. »Eine Ehre, mit Ihnen zu fliegen, Ma'am«, sagte er dann in seiner perfekten Elvis-Presley-Imitation. »Vielen Dank auch.«
    Der bohrende Schmerz hinter ihren Augen war inzwischen fast verschwunden. Percey hatte
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