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Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Titel: Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02
Autoren: Jeaffery Deaver
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bereits einige Freunde verloren -die meisten durch Abstürze -, und sie wußte, daß der seelische Schock physischen Schmerz wie eine Droge betäubte.
    Dasselbe galt auch für Whisky.
    Ein weiterer Schluck aus dem Flachmann. »Zum Teufel, Brit.« Sie warf sich neben ihn auf die Couch. »Oh, zum Teufel.«
    Hale legte seinen starken Arm um sie. Sie lehnte ihren dunkel gelockten Kopf an seine Schulter. »Es wird alles gut werden, Baby«, murmelte er. »Versprochen. Kann ich was tun?«
    Sie schüttelte den Kopf. Es war eine Frage, die keiner Antwort bedurfte. Noch ein kleiner Schluck Bourbon, dann blickte sie auf die Uhr. Neun Uhr. Eds Mutter würde jeden Augenblick eintreffen. Freunde, Ver-wandte... Die Trauerfeier mußte geplant werden...
    So viel zu tun...
    »Ich muß Ron anrufen«, beschloß sie. »Wir müssen etwas unternehmen. Die Firma...«
    Im Fluggeschäft hatte der Begriff »Firma« eine andere Bedeutung als in anderen Branchen. Die »Firma« war ein Wesen, ein lebendes Etwas. Das Wort wurde mit Ehrfurcht oder Frustration oder Stolz ausgesprochen. Manchmal auch mit Kummer. Eds Tod hatte im Leben von vielen eine Wunde hinterlassen, auch in dem der Firma. Und diese Wunde könnte durchaus tödlich sein.
    So viel zu tun...
    Aber Percey Clay, die Frau, die niemals in Panik geriet, die auch bei den gefährlichsten Loopings eiskalt blieb und Situationen überstanden hatte, in denen andere Piloten ins Trudeln geraten wären, saß nun wie gelähmt auf der Couch. Seltsam, dachte sie. Es fühlt sich an, als befände ich mich in einer anderen Dimension. Ich kann mich nicht bewegen.
    Sie betrachtete ihre Hände und Füße, um festzustellen, ob sie womöglich schon knochenweiß und blutleer waren.
    Oh, Ed...
    Und natürlich dachte sie auch an Tim Randolph. Ein wirklich guter Copilot, und die waren dünn gesät. Sie rief sich sein junges, rundes Gesicht in Erinnerung - er war wie eine jüngere Ausgabe von Ed. Mit diesem grundlosen Grinsen. Aufgeweckt und gehorsam, aber entschlos-sen -gab klare und eindeutige Befehle, selbst an Percey, wenn er das Kommando im Flugzeug hatte.
    »Du brauchst einen Kaffee«, unterbrach Hale ihre Gedanken und ging in die Küche. »Ich bringe dir einen doppelten Cappuccino mit Sahne-häubchen und extra Schokostreuseln.«
    Das war einer ihrer Scherze -sich über dekadente Kaffeetrinker lustig zu machen. Echte Piloten tranken ihrer Meinung nach nur Klassiker wie Maxwell House oder Folgers-Kaffee.
    Heute allerdings machte Hale - Gott segne ihn - keine Witze über kaffeetrinkende Softies - heute meinte er: Laß die Finger vom Suff. Percey verstand den Hinweis. Sie schraubte den Flachmann zu und ließ ihn mit einem lauten Klirren auf den Tisch fallen. »Okay, okay.« Sie stand auf und lief durchs Wohnzimmer. Ihr Blick fiel in den Spiegel, auf ihr Mops-gesicht. Schwarzes Haar in dichten, drahtigen Locken. (In ihrer qualvol-len Jugend hatte sie sich einmal in einem Moment der Verzweiflung einen Bürstenschnitt verpassen lassen. Sie würde es ihnen schon zei-gen. Doch diese Trotzreaktion, so verständlich sie auch war, brachte ihr nur noch mehr Spott ein. Sie lieferte den ach so charmanten jungen Damen an der Lee-Schule in Richmond neue Munition gegen sie.)
    Percey war zierlich und hatte tiefschwarze, kugelrunde Augen ihr größter Pluspunkt, wie ihre Mutter immer wieder betonte. Womit sie meinte, ihr einziger Pluspunkt. Und ein Pluspunkt, um den sich Männer einen Dreck scherten.
    Heute lagen dunkle Ringe unter diesen Augen, und ihre Haut war fahl -Raucherhaut, erinnerte sie sich aus jener Zeit, als sie noch zwei Päckchen Marlboros am Tag geraucht hatte. Die Löcher in ihren Ohrläppchen waren schon lange zugewachsen.
    Ein Blick aus dem Fenster, über die Bäume. Sie beobachtete den Verkehr vor ihrem Stadthaus, und etwas meldete sich aus ihrem Unterbewußtsein. Etwas Beunruhigendes.
    Was? Was war es?
    Das Gefühl verschwand, wurde verdrängt vom Klingeln an der Tür. Percey machte auf und sah sich zwei stämmigen Polizisten gegenüber.
    »Mrs. Clay?«
    »Ja.«
    »New York Police Department.« Dabei zeigten sie ihre Polizeimarken. »Wir sind hier, um auf Sie aufzupassen, bis wir wissen, was mit Ihrem Mann passiert ist.«
    »Kommen Sie rein«, sagte sie. »Brit Hale ist auch hier.«
    »Mr. Hale?« fragte einer der Polizisten und nickte dabei erfreut.
    »Er ist hier? Gut. Wir hatten schon ein paar Polizisten aus Westehester County zu seinem Haus geschickt.«
    Ihr Blick wanderte an einem der Polizisten
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