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Lesereise Schottland

Lesereise Schottland

Titel: Lesereise Schottland
Autoren: Ralf Sotscheck
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gleich um die Ecke lag. Als die Juden wieder revoltierten, gab Hadrian den Befehl, sie zu töten und ihre Stadt dem Erdboden gleich zu machen. Hadrians Nachfolger Konstantin benötigte später aus politischen Gründen ein Jerusalem und ließ es in Palästina wieder aufbauen.
    Beaumont fand auch heraus, dass Pontius Pilatus Schotte war. Seine Mutter stammte aus Fortingall in Perthshire und hatte sich mit einem römischen Besatzungssoldaten eingelassen. Der gemeinsame Sohn, Pontius MacPilatus, kreuzigte später Jesus, kehrte nach Fortingall zurück und starb. Was sonst sollen die Initialen »PP« auf einem historischen Grabstein auf dem Friedhof in Fortingall bedeuten?
    Nach diesen Informationen überrascht es kaum noch, dass auch Jesus in Schottland war. In der Bibel gibt es eine merkwürdige Lücke in seiner Biografie. Bisher nahm man an, dass Jesus als Prophet Isa nach Indien gereist sei. In Wirklichkeit, so schrieb der Bibliothekar des Britischen Museums, Henry Jenner, sei Isa eine Insel in den Inneren Hebriden, gleich neben Skye. Jesus’ Vorfahren waren keltisch-hebräischen Ursprungs, und Jesus wollte herausfinden, wie es in der Heimat seiner Ahnen aussah, so vermutet Jenner. Jesus’ Ehefrau Maria Magdalena floh nach der Kreuzigung aus Palästina nach Schottland, wo sie sein Kind zur Welt brachte. Das erklärt laut Jenner, warum zahlreiche schottische Kirchen mit dem Bild einer hochschwangeren Maria Magdalena verziert sind.
    Vielleicht ist aber auch das Nationalgetränk, der Whisky, an allem schuld. Offenbar glauben die Schotten die Mythen, die sie selbst in die Welt gesetzt haben. Das Schottland-Ministerium hat 1986 wochenlang beraten, wie man das Loch-Ness-Monster vor Wilderern schützen kann. Das kam heraus, als die Sperrfrist für Regierungsdokumente ablief. Das Fischereiministerium merkte an, Nessie sei weder Lachs noch Süßwasserfisch und deshalb gesetzlich nicht geschützt. Die Lösung lieferte das schottische Entwicklungsministerium: Da Nessie vom Aussterben bedroht sei, gelte das Tierschutzgesetz von 1981 für das Monster. Darauf einen Scotch.
    Den wollen die Schotten übrigens von der Europäischen Kommission schützen lassen. Die Iren haben es nämlich auch getan: »Uisce Beatha Eirannach« ist Gälisch und bedeutet: »Lebenswasser Irlands«, was nichts anderes als Whiskey ist. Das hat den Neid der Schotten ausgelöst, die ja die Erfindung des braunen Hochprozentigen für sich beanspruchen. »Uisge Beatha Albannach«, das »Lebenswasser Schottlands«, soll gefälligst auch geschützt werden, forderte Rob Gibson von der Scottish National Party ( SNP ). Und zwar sofort.
    Gibson sollte sich lieber um das Produkt an sich kümmern. In der neuesten Ausgabe der Whisky-Bibel von Jim Murray kommen nämlich die billigen Supermarktwhiskys besser weg als so manche schottische Nobelmarke. Es fragt sich allerdings, wo die Supermärkte ihre Whiskys her haben. Eigene Brennereien besitzen sie nicht. Also beziehen sie das alkoholhaltige Moorwasser vermutlich von den berühmten Brennereien, die auf diese Weise das Billigsegment abdecken und für Snobs die teuren Flaschen bereithalten, bei denen man für den Namen zahlt.
    Der zwölf Jahre alte Speyside-Whisky der Supermarktkette Tesco zum Beispiel sei besser als der ebenso alte, aber fünfzehn Euro teurere Whisky der berühmten Brennerei Glenlivet. Er wäre noch besser, murrt Murray, wenn er nicht eine so unnatürliche Farbe hätte. Doch selbst die meisten Single Malts, für die man exorbitante Summen hinblättern muss, erhalten ihre satte braune Farbe nicht von den alten Sherryfässern, in denen sie gelagert werden, sondern vom Farbstoff, der in sie hineingekippt wird.
    Das Gesöff der Supermarktkette Waitrose beurteilt Murray als »brummschädliges, gnadenloses Torfstück mit wunderbar salziger Tiefe«. Ist das jetzt ein Kompliment, oder ist der Mann beim Trinken ausgerutscht und hat sich den Kopf gestoßen? Der Speyside-Whisky von Asda kam ebenfalls schlecht weg: »Manche Fässer haben zu dicht an einem Blumentopf gestanden«, urteilte Murray, der dreitausendsechshundert Whiskys und Whiskeys in seiner Bibel abhandelt.
    Das torfige Gesöff ist nach dem Nordseeöl die wichtigste Einnahmequelle für ein künftiges unabhängiges Schottland, das die Scottish National Party ( SNP ) anstrebt. Ob das Geld aber ausreicht? Entgegen aller Gerüchte, dass die Schotten geizig seien, haben sie sich 1999, als ihr Land teilunabhängig wurde, ein Parlamentsgebäude genehmigt, dessen
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