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Lesereise Schottland

Lesereise Schottland

Titel: Lesereise Schottland
Autoren: Ralf Sotscheck
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stelle sich das mal vor: So viele Geldsäcke auf einem Haufen. Was da alles passieren kann! Aber vermutlich wird das Dall House rund um die Uhr so abgesichert sein wie ein G8-Gipfel.

Bloß nicht nochmal das Gleiche
    Die Schotten rühmen sich, den Whisky erfunden zu haben. Die Intelligenz war es sicher nicht. Seit dem 18. Jahrhundert darf Schottland eigenständig Alkohollizenzen vergeben. 2009 ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, das die schottischen Ausschankgesetze mehr oder weniger in Einklang mit den englischen bringt – mit einem Zusatz: Die schottischen Alkoholgesetze sollen »die öffentliche Gesundheit schützen und fördern«.
    Um herauszufinden, wie sie dem Volk am besten zur Gesundheit verhelfen sollen, mussten sich die Kneipenangestellten Schulungskursen unterziehen. Sie lernten, dass alles verboten ist, was einen Gast »ermutigt oder versucht zu ermutigen, eine größere Menge Alkohol zu kaufen oder zu trinken, als er ursprünglich beabsichtigte«. So darf das Personal einen Kunden mit einem leeren Glas nicht mehr länger fragen: »Noch mal das Gleiche?« Das gilt nämlich als »verantwortungslose Verkaufsaktion«, denn es ist eine Suggestivfrage. Der Gast muss nur nicken, und das kann er womöglich auch mit drei Promille.
    Einen Wunsch zu artikulieren ist bei einer solchen Alkoholmenge dagegen weitaus schwieriger. Deshalb muss der Wirt nun fragen: »Was kann ich für dich tun?« Bittet der Kunde daraufhin um »nachfüllen«, muss ihm nunmehr ein Glas Wasser gereicht werden, denn er hat ja nicht ausdrücklich nach Alkohol verlangt. Verboten sind auch die beliebten Werbeaktionen wie die »Happy Hour« mit Getränken zum halben Preis oder das Angebot, beim Kauf von zwei Gläsern Wein den Rest der Flasche kostenlos zu bekommen. Die Beschwichtigung der Gäste mit einem Glas Wein aufs Haus, wenn sie zu lange auf das Essen warten müssen, dient ebenso wenig der Volksgesundheit und ist untersagt.
    Darüber hinaus wurde die Warnung vor dem Zapfenstreich abgeschafft. Bisher brüllte der Wirt »Last orders« oder läutete eine Glocke, die bei hartgesottenen Trinkern einen Reflex auslöste: Sie legten sich geschwind einen Vorrat an, den sie innerhalb von zwanzig Minuten vertilgen mussten, bevor sie aus dem Wirtshaus geworfen wurden. In Irland ist das etwas großzügiger geregelt. Dort beträgt die Austrinkzeit eine Stunde, in der geübte Schluckspechte locker fünf große Biere schaffen.
    Dort hat man allerdings eine Methode ersonnen, um der Nation das Rauchen abzugewöhnen. Zigaretten dürfen in irischen Läden nicht mehr sichtbar sein. So haben Tankstellen, Tabakläden und Supermärkte ihre Zigarettenregale mit hölzernen Käfigen verkleidet. Sollte es tatsächlich Raucher geben, die ihr Laster vergessen, wenn sie im Laden keine Kippen sehen? Oder umgekehrt: Gab es früher wirklich Nichtraucher, die eigentlich nur eine Flasche Milch kaufen wollten, aber mit Zigaretten nach Hause kamen, weil die Päckchen so hübsch neben der Kasse gestapelt waren?
    Vielleicht funktioniert das aber auch in Schottland. Wenn die Wirte in ihren Pubs sämtliche alkoholhaltigen Getränke unter dem Ladentisch verstecken, könnten die Gäste glatt vergessen, warum sie die Kneipe überhaupt betreten haben.
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