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Lesereise Schottland

Lesereise Schottland

Titel: Lesereise Schottland
Autoren: Ralf Sotscheck
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davon, am Ufer des Loch Shiel, befindet sich das Glenfinnan-Denkmal, das 1815 in Erinnerung an den zweiten Jakobiteraufstand im 18. Jahrhundert errichtet wurde.
    »Fünf Minuten Zigarettenpause«, ruft der Schaffner am Bahnhof Glenfinnan, denn im Zug darf nicht geraucht werden. Hinter Glenfinnan führt die Strecke bergauf durch zwei Tunnel und über zwei Viadukte, fällt danach steil zum Loch Eilt ab und verläuft bis zum unbemannten Bahnhof Lochailort – früher das größte Lager der Bahnarbeiter – durch eine »Landschaft von wilder Schönheit, der kalte Tinte niemals gerecht werden« könne, wie es in einem historischen Eisenbahnbuch heißt. Der »Staunfaktor« sei nirgendwo in Großbritannien größer als hier, behauptet auch der Zugschaffner und erklärt: »Der Staunfaktor ist die Landschaftsmenge geteilt durch die Aufnahmefähigkeit.«
    Kurz nach Lochailort überquert der Zug das Mamrie-Tal auf einem weiteren Viadukt, von wo aus man tief unten Loch-nan-Uamh, die Bucht der Höhlen, sehen kann. Vor genau zweihundertfünfzig Jahren ankerte hier die französische Fregatte »Doutelle«. An Bord empfing Bonnie Prince Charlie die clan chiefs und plante gemeinsam mit ihnen den Aufstand, der jedoch in einer verheerenden Niederlage und der Zerschlagung des Clansystems endete.
    Die letzten zwölf Meilen bleibt die Eisenbahn in Küstennähe und fährt nach Arisaig und Morar und schließlich hinab in den Sound of Sleat nach Mallaig, der Endstation. Mallaig ist ein verschlafener Fischerort, der im Sommer zum Leben erwacht: Er ist das Tor zu den Inneren Hebriden.

Ein seltsamer Hauch von Kreosot und Waffenöl
    Ich überlasse Richard Mohan die Wahl. In Anbetracht der weit über hundert Flaschen Whisky, alle ordentlich mit einer Nummer versehen, kann ich mich nicht entscheiden. »Nicht zu torfig«, ist meine einzige Bedingung. Der Whisky, der mir serviert wird, schmeckt laut zugehörigem Informationsblatt nach »Geißblatt und Leinöl mit kräftigem Abgang«. Der Tropfen ist zehn Jahre alt und enthält 56,9 Prozent Alkohol, Donnerwetter! Und es ist erst zwölf Uhr mittags.
    Die meisten Whiskys, die man im Laden kauft, sind mit Wasser auf vierzig Prozent verdünnt. Das ist bei der Malt Whisky Society in Edinburgh verpönt. Keine Flasche hat unter fünfzig Prozent, manche haben sogar sechsundsechzig. Allerdings, so lautet die eine der zwei Grundregeln an der Wand, solle man niemals Whisky ohne Wasser trinken. Die andere Regel: »Trinke niemals Wasser ohne Whisky.« Ein paar Tropfen Wasser, so erklärt Sibh Megson, bringen den Geschmack des Whiskys erst richtig zur Geltung.
    Sibh Megson ist Leiterin der Vertriebsabteilung bei der Scotch Malt Whisky Society in Edinburgh. Die Gesellschaft ist 1982 als privater Club der Whiskyfreunde gegründet worden. Die Zweckgemeinschaft legte zusammen, kaufte Fässer voller Whisky direkt von den Brennereien und füllte sie privat ab. Seit 1983 kann jeder Mitglied werden, vorausgesetzt, er mag Whisky und zahlt den Beitrag – darin enthalten ist eine Flasche Whisky.
    Richard Mohan, der Diplombiologe, der nach seinem Umzug von Irland nach Schottland zum Scotch konvertierte, ist seit zehn Jahren Mitglied. Er hatte seinen Beitritt mit Freunden an einem feuchtfröhlichen Abend in den Räumen der Gesellschaft gefeiert, als er am nächsten Morgen feststellte, dass seine Flasche Begrüßungsmalt verschwunden war. Auch bei der Whisky Society war sie nicht aufzufinden, aber man versprach, ihm eine neue zu schicken. Am nächsten Tag traf sie gut verpackt und wohlbehalten ein. Einen Tag später kam wieder eine Flasche und am dritten Tag noch eine. Offenbar hatte es bei der Whisky Society Kommunikationsschwierigkeiten gegeben. Eine Woche später bekam Richard einen Anruf von seinen Freunden: »Du warst an dem Abend so betrunken, dass wir die Flasche sichergestellt haben, weil wir Angst hatten, du würdest sie fallen lassen.«
    Die Scotch Malt Whisky Society wird das vierfache Begrüßungsgeschenk verschmerzen können, inzwischen hat sie allein in Großbritannien mehr als fünfzehntausend Mitglieder, die den Whisky direkt bei der Society oder per »Mail Order« kaufen können. Die Gesellschaft lässt sich von den Brennereien Proben schicken, die hauseigenen Experten prüfen den Tropfen und entscheiden, ob das Fass gekauft werden soll. Ist ihr Urteil positiv, füllt die Whisky Society das Getränk in Flaschen – mit eigenem Etikett, das zwar über Alkoholstärke, Monat der Destillation und die Abfüllung
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