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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven
Autoren: Stefanie Bisping
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den Resort-Inseln droht diese Gefahr weniger. Kaum haben dort Schildkröten ihre Eier vergraben, wird auch schon ein schützender Zaun um das Gelege gezogen. Sind die Wege der Tiere bekannt, werden nicht selten ganze Strandabschnitte abgesperrt. Dennoch geht es auf diesen Inseln häufig unruhiger zu, als Schildkröten das schätzen. Denn außer zum Legen und Vergraben ihrer Eier halten sie sich ausschließlich im Ozean auf; nur zum Atmen tauchen sie an die Wasseroberfläche. Urlauber flanieren auch nachts am Strand, wenn die weiblichen Tiere zur Eiablage an Land kommen. Die Schildkröten kehren dazu an den Strand zurück, an dem sie selbst geschlüpft sind (und an dem sich zu diesem Zeitpunkt womöglich noch kein Hotel breitgemacht hatte). Künstliches Licht irritiert die Tiere zusätzlich auf dem Rückweg ins Meer, wobei sie sich nach dem Licht des Mondes orientieren. Sind mehrere Lichtquellen vorhanden, kann es passieren, dass sie nicht zurückfinden.
    Zwei Rufiyaa bekommt ein Fischer auf dem Schwarzmarkt für ein Schildkrötenei, das entspricht etwa fünfzehn US -Cent. Neben der Aufklärung der Bevölkerung ist es daher vor allem sinnvoll, Anreize dafür zu schaffen, Schildkröten zu schonen. Dies muss nicht teuer sein, vor allem, wenn Gäste Patenschaften für Tiere übernehmen. In einzelnen Projekten werden Fischer zunächst für die bedrohte Lage der Tiere sensibilisiert. Dann bietet man ihnen eine Prämie für jede junge Schildkröte auf ihren Heimat- und Picknickinseln, die nachweislich das Meer erreicht. Zur Kontrolle können die Tiere mit Sendern ausgestattet werden, was außerdem Aufschluss über ihre Bewegungen und Lebensgewohnheiten gibt.
    Ob sich die Meeresschildkröten retten lassen, ist trotz solcher Bemühungen ungewiss. Zu vielfältig sind die Gefahren, denen sie ausgesetzt sind, zu weit hat der Mensch in das komplexe Netz gegenseitiger Abhängigkeiten eingegriffen. Die Meere sind überfischt, die Lebensgrundlagen zahlreicher Arten angegriffen oder zerstört. Dass Urlauber sich für die Malediven interessieren, ist da einmal mehr Fluch und Segen. Zwar bedeuten Touristen Hotels, Beton, Boote und Plastikmüll. Legen sie aber Wert auf eine relativ intakte Natur und sind sie womöglich sogar bereit, Geld dafür auszugeben, können sie etwas für den Artenschutz tun. Dank ihrer scheinbaren Unzerstörbarkeit, die in krassem Gegensatz steht zu einem harmlosen Wesen und ihrer tatsächlichen Gefährdung, gehören Meeresschildkröten zu jenen Tieren, die Menschen besonders faszinieren. Wer als Stofftier vermarktet wird, hat es bei den gefährlichen Zweibeinern leichter als eine Korallenart, die nur Meeresbiologen kennen. Das könnte das Glück der Schildkröten sein.

Und wer bringt den Müll weg?
Spuren im Paradies: Wohin der Mensch auch geht, leere Plastikflaschen sind schon da. Und sie bilden nur die Spitze des Abfallbergs
    Das kleine Motorboot fährt langsam auf die unbewohnte Insel zu, bis es im flachen Wasser auf Sand läuft. Zu beiden Seiten erstreckt sich blendend weiß der Strand. Wir springen hinaus. Das Wasser, das unsere Füße umspielt, ist warm und kristallklar. Die Mitte des Inselstreifens ist grün von Kokospalmen und Würgefeigen. Die Crew deckt im Schatten einer Picknicklaube den Mittagstisch, während wir ins Wasser tauchen und unsere Robinson-Insel erkunden. Wir schlendern durchs seichte Wasser den Strand entlang. Als schmale weiße Sandbank verschwindet sie im Meer, von beiden Seiten umspült von kleinen, plätschernden Wellen. Schwärme von Möwen baden und tauchen im flachen Wasser nach Fischen. Als wir die Inselspitze erreichen, flattern sie davon. Gewiss bieten wir einen grotesken Anblick: Wir sind beladen mit leeren Plastikflaschen. Also gehen wir zurück zum Picknickplatz und laden sie vor dem bereits bis zum Rand gefüllten Mülleimer ab.
    Noch einmal ziehen wir los, um kleine und große Flaschen einzusammeln. Unser Treiben lässt sich nur in Teilen mit dem zwanghaften Verhalten von Leuten erklären, die in ihren heimischen Küchen getrennte Sammelbehälter für Papier, Glas, Verpackungen, Kompost, Restmüll und alte Batterien unterzubringen und korrekt zu befüllen gelernt haben; auch ist es nicht alleine einem gängigen Vorurteil geschuldet, demzufolge für Deutsche bereits der Anblick einiger Schnipsel oder Krümel auf dem Boden völligen Kontrollverlust bedeuten kann. Sie ist vor allem durch den verstörenden Missklang motiviert, den das Strandgut auf diesem himmlischen Flecken
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