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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven
Autoren: Stefanie Bisping
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im leuchtenden Ozean erzeugt. Wenn sich unsere Begleiter über unser Tun wundern, lassen sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Die Crew sammelt mit uns, und bald haben wir einen prachtvollen kleinen Plastikberg vor dem Abfalleimer aufgeschichtet. Wir schlagen vor, ihn ins Resort mitzunehmen. Allerdings wäre unser Motorboot dann auch schon zur Hälfte gefüllt. Der Kapitän winkt ab. Gar nicht nötig, sagt er. Morgen kommt das Müllboot. Jeden Donnerstag klappert es neben den bewohnten auch die Picknickinseln ab. Dass sich trotz wöchentlichen Entsorgungsdiensts so viel ansammle, liege nicht an den Tagesgästen. Die Strömung bringt die Müllberge auf die Insel. Die Flaschen stammen von Booten und Inseln – oder vielmehr von den Menschen, die sie sorglos dem Meer überlassen.
    Überhaupt sind die Menschen ein Problem. Die Malediven besitzen Strände, die zu den schönsten der Welt zählen. Vielleicht sind sie sogar die allerschönsten. Es gibt innerhalb ihrer Staatsgrenzen das klarste Wasser, die romantischsten einsamen Inseln und einige der besten Schnorchel- und Tauchgründe, die auf dem Planeten zu finden sind. Doch besitzen die Malediven einen weiteren, von Menschen gemachten Superlativ: Thilafushi, die größte Müllinsel der Welt. Hinter dem poetischen Klang verbirgt sich eine Insel, die seit Beginn der neunziger Jahre aufgeschüttet wurde und knapp zwei Kilometer lang und siebenhundertfünfzig Meter breit ist. Allerdings wird sie durch die anlandenden Müllberge jeden Tag ein bisschen größer, wiewohl das Feuer brennenden Mülls unablässig schwelt. Dreihundertfünfzig Tonnen Müll werden täglich aus Mal é herangeschafft. Konzipiert wurde die Insel als externe Müllhalde für die Hauptstadt, die auch ihr Gefängnis aus Platzgründen auf die weiter südlich gelegene Insel Maafushi ausgelagert hat. Gegründet ist Thilafushi ebenfalls auf Abfall, der mit Bauschutt in der Lagune aufgeschüttet wurde.
    Die Hauptstadt Mal é ist mit ihrer extrem dichten Bevölkerung der größte Müllproduzent des Landes. Doch auch die kleinen Dörfer im Meer verursachen Abfälle – um von den Resort-Inseln gar nicht zu reden. Schon aufgrund der geografischen Gegebenheiten ist es auf den Malediven weniger leicht als in europäischen Kommunen, den Müll loszuwerden. Die sechsundzwanzig Atolle liegen weit auseinander, ein regulärer Entsorgungsdienst wäre mit hohen Kosten und beträchtlichem logistischen Aufwand verbunden. Immerhin gibt es bislang noch nicht einmal einen regelmäßigen Fährdienst für Personen.
    In den meisten Hotels werden recycelbare Abfälle gesammelt und per Schiff nach Thilafushi gebracht. Von dort sollen sie per Schiff zum Recyceln nach Indien transportiert werden. Auch im Addu-Atoll gibt es für diesen Zweck eine Mülltrennungsanlage. Wie oft (und ob) dies tatsächlich geschieht, ist unklar. Allerdings ist Besserung angekündigt, die Müllinsel soll demnächst Verbrennungsanlagen erhalten.
    Für alle anderen Abfälle gibt es jenseits der Hauptstadt Mal é in aller Regel die beiden Wege, derer sich auch Einheimische, insbesondere auf entlegenen Inseln, bedienen: Ein Teil wird vergraben, ein Teil verbrannt, ein Teil des nicht wiederverwertbaren Mülls ebenfalls nach Thilafushi verschifft. Fürs unterirdische Entsorgen nutzt man unbewohnte Inseln in der Nachbarschaft. Einen Platz, auf dem Müll verbrannt wird, besitzen die meisten bewohnten Inseln. Die Rauchwolken, die gelegentlich über dichten grünen Palmenhainen aufsteigen, sind deshalb in aller Regel nicht die Spuren geselliger Lagerfeuer. Unbehaglich ist auch die Vorstellung, dass sich auf der paradiesischen Picknickinsel am Horizont nicht allzu tief unter dem puderweißen Sand langlebige Spuren der Zivilisation befinden können. Und dennoch ist es so. Die Versuche der Resorts, sich in umwelterhaltenden Maßnahmen zu üben oder einander sogar werbewirksam zu übertreffen, drehen sich eher um den Erhalt von Flora und Fauna als um Entsorgungsfragen. Zwar gibt es Hotels, die Wasser in Glasflaschen ausschenken, die auf der Insel gereinigt und wieder mit Trinkwasser befüllt werden. Dem gegenüber stehen deutlich mehr Resorts, die dem Durst ihrer Gäste mit Plastikflaschen begegnen. Nicht selten sind sie gefüllt mit Quellwasser aus Frankreich. Und auch auf den Inseln der Malediver ist die Plastikflasche überaus beliebt.
    Einige Probleme sind womöglich noch gravierender als die Plastikflaschen, die uns alle überleben werden. Das Dieselöl der
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