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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
Autoren: Leipert Sabine
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FROHES
NEUES JAHR
    Der 31. Dezember war ein rein willkürliches Datum, das den Jahreswechsel für den größten Teil der Weltbevölkerung einheitlich kennzeichnen sollte. Nichts weiter. Genauso gut hätte Silvester auf den dritten Vollmond nach der Wintersonnenwende fallen können oder auf den 31. Juli. Dann würde man sich beim Feuerwerk wenigstens nicht immer den Arsch abfrieren, und heute wäre ein Tag wie jeder andere.
    Das versuchte ich mir zumindest einzureden, um der Tatsache, dass Silvester ausgerechnet mit dem schlimmsten Tag meines Lebens zusammenfiel, ihren schicksalhaften Beigeschmack zu nehmen. Im Grunde war dieser Tag auch nur der konsequente Abschluss eines miserablen Jahres, in dem ich nicht nur das magische Alter mit der Drei vorne erreicht hatte, das Frauen von einem Tag auf den anderen zu hormongesteuerten Babyfanatikerinnen werden lässt. Nein, ich hatte im letzten Jahr – oder, um genau zu sein, in der letzten Woche – auch noch meinen Freund, meinen Job und meine Wohnung verloren, und zwar genau in dieser Reihenfolge.
    Während ich noch krampfhaft nach etwas Positivem für meinen persönlichen Jahresrückblick suchte, wurde ich von einem lauten »Und was machen wir jetzt?« aus meinem Selbstmitleid gerissen. Tina war schon immer die Lauteste, Ungeduldigste und – »Ich habe keinen Bock, mir hier die ganze Nacht um die Ohren zu schlagen. Ich habe nämlich im Gegensatz zu dir noch eine Verabredung, Schätzchen!« – Unsensibelste von uns dreien. Sie guckte gereizt auf ihre Uhr, während Özlem peinlich berührt mit den Schultern zuckte.
    Ich richtete mich auf und hoffte, mir würde beim Anblick eines vollbeladenen Europa-LKWs ein Geistesblitz kommen. Wir standen vor verschlossenen Türen. Sogar in zweifacher Hinsicht. Erstens war der Nachbar, der mir die Schlüssel für meine neue Wohnung übergeben sollte, nicht da, was vielleicht mit unserer etwa zweistündigen Verspätung zu tun haben konnte. Und zweitens kämpfte ich schon eine ganze Weile vergeblich mit den Hebeln des LKWs, die die Laderampe öffnen sollten. Beim Einladen hatte sich netterweise noch Frank darum gekümmert, vermutlich wollte er mich so schnell wie möglich loswerden. Aber jetzt gab der LKW nur noch genervte Zischlaute von sich. Die Laderampe bewegte sich keinen Millimeter.
    »Also ehrlich«, fuhr Tina fort, »ich verstehe immer noch nicht, wie du deinem Arschloch von Ex den Gefallen tun konntest, ausgerechnet an Silvester auszuziehen, und diesem zwanzigjährigen magersüchtigen Möchtegernmodel freiwillig das Feld geräumt hast. Ich meine, was erwartet der denn … «
    »Dreiundzwanzig.«
    »Was?«
    »Sie ist dreiundzwanzig und seine Praktikantin. Diese Unterwäschengeschichte ist nur ihr Nebenjob.« Ich drückte weiterhin abwechselnd die Hebel am LKW. Nichts geschah.
    »Nimmst du sie jetzt etwa auch noch in Schutz? Hör mal, Schätzchen, diese Halbfett-Version von Heidi Klum hat dir deinen Typen ausgespannt.«
    »Ich glaube nicht, dass es etwas Ernstes zwischen den beiden ist«, wandte ich müde ein. Es hatte keinen Sinn. Diese Diskussion hatten wir schon die ganze Fahrt über geführt, aber irgendwie drehten sich unsere Argumente im Kreis. Tina war ein absoluter Party-Freak und konnte nicht verstehen, dass ich ausgerechnet zum Jahreswechsel umziehen musste. An dem Party-Tag schlechthin, an dem es Tina zufolge völlig egal war, wer mit wem wann wieso in welcher Wohnung und vor allem in welchem Bett schlief. Aber ich hatte Tina nicht die ganze Wahrheit über Frank und seine Praktikantin erzählt, die genau genommen auch gar nicht zur Wahrheit gehörte. Und dafür hatte ich meine Gründe. Zumindest hatte ich dafür einen Grund, der war aber dafür umso größer und hieß Klaus. Ich beschloss daher, mich gar nicht mehr auf diese Diskussion einzulassen. Schließlich versuchte ich gerade, die Ereignisse der letzten Woche zu verarbeiten, soweit das unter diesen Umständen möglich war. Und außerdem hatte ich im Moment wirklich andere Probleme. Ich konnte meine Möbel unmöglich unbewacht über Nacht im LKW lassen und auf die nächstbeste Silvesterparty gehen. Es konnte schließlich jemand vorbeikommen, der mehr Ahnung von Laderampen hatte als ich und sich nur zu gern an meinen Ikea-Möbeln bediente.
    »Also, gehen wir jetzt feiern oder nicht?«, rief Tina mir zu.
    Sie wollte uns alle auf ihre ultra-hippe Medienfuzziparty im Belgischen Viertel mitnehmen, aber Özlem murmelte entschuldigend, dass sie eigentlich schon
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