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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven
Autoren: Stefanie Bisping
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streifen die Schuhe ab und werfen sie in den Schrank. Eine Woche lang werden wir sie nicht brauchen. Hier gibt es keinen Asphalt, der unter den Füßen heiß werden, und keinen Anlass, der elegantes oder auch nur rustikales Schuhwerk erfordern könnte. Vor dem Restaurant, vor der Lobby und vor dem Spa stehen Wasserfässer mit großen Kellen darin. Dort spült man sich den Sand von den Füßen. Auf den Malediven geht man barfuß durchs Leben. Die Zehen strecken sich und graben sich in kühlen, weichen Sand.
    Der zweite Tag: Flossen an
    Barfuß erscheinen wir anderntags zum Frühstück unter Palmen. Am Abend zuvor haben wir unsere Ohren auf die Klangkulisse der Inselwelt umgestellt: keine Motorengeräusche, keine Musik. Nicht mal eine Brise, die Palmwedel rascheln lässt. Sogar das Meer plätscherte nur leise in der Lagune. Nun essen wir Omelettes mit Chili, probieren ein wenig Curry dazu und versuchen, die aus Europa eingeschleppte Hektik loszuwerden. Also: Nicht gleich loslegen mit Yoga am Strand und ähnlichem Aktionismus. Sondern auf die Landschaft konzentrieren. Die besteht hier in erster Linie aus Wasser. Auch wenn die Malediven aus tausendeinhundertneunundneunzig Inseln bestehen, öffnet sich der Blick vor allem auf unendliches Meer. Hier und da liegen kleine Inseln in Sichtweite. Das reduzierte Panorama aus klarem Wasser, weißem Sand und grünem Wald bedient alle Wunschträume wintermüder Europäer. Den Reichtum der hiesigen Natur entdeckt man dennoch erst unter Wasser. Schon der Schnorcheltrip am Hausriff, keine zwanzig Meter vom Ufer entfernt, offenbart die Vielfalt dieser Unterwasserwelt. Leuchtend blaue und gelbe Doktor- und Blaukopfkaiserfische, schillernd bunte Papageienfische, gelb-schwarze Halfterfische mit großen Kussmündern – stundenlang könnten wir flach auf dem Wasser liegen und der maledivischen Fauna beim Korallenknabbern zuschauen. Dass auch zwei Bierdosen und eine leere Champagnerflasche auf dem Meeresboden liegen, befördert allerdings unschöne Überlegungen über die schädlichen Auswirkungen des Tourismus. Die Malediver trinken als gefestigte Muslime keinen Alkohol und kommen für solche Untaten als Verdächtige kaum in Frage. Außerdem gibt es Resorts ohnehin nur auf den von Einheimischen unbewohnten Inseln. Es muss einer von uns gewesen sein.
    Auf dem Rückweg, kurz vorm Strand, schwimmt ein schnellerer Fisch ins Bild: ein kleiner Hai. Der Anblick seiner charakteristischen Silhouette beschleunigt sofort den Puls und motiviert zu recht sportlichen Flossenschlägen in Richtung Ufer. Überall ist von der Harmlosigkeit der Riffhaie zu hören und zu lesen, doch die unmittelbare Begegnung macht sofort hellwach. »Die Babyhaie kommen gerne nahe an den Strand«, erklärt später der Barkeeper aus Sri Lanka. Kein Grund zur Beunruhigung, meint er: Die Jungtiere haben noch keine Zähne.
    Der dritte Tag: Ein Bad in Zitronengras
    Am Abend zuvor hatte Mr. Maumoon, der Hausherr, zu einem Begüßungscocktail geladen. Maumoon stammt wie knapp die Hälfte der Beschäftigten des Resorts, das einer einheimischen Familie gehört, von den Malediven. Zum Cocktail waren indessen auch zwei Kolleginnen aus Bali geladen: Therapeutinnen aus dem Spa, die mit Fünf-Minuten-Massagen für ihre Kunst warben. So überzeugend, dass eine sofortige Terminvereinbarung zwingend erschien. Wer angesichts der Übersichtlichkeit des Inseluniversums gelegentlich überlegen muss, wo er sich nochmal befindet, erkennt wenigstens im Spa sofort: Dies muss Asien sein. Der intensive Duft nach Zitronengras lässt keinen Zweifel zu. Eine Packung aus Limette und Kokosnussöl pflegt den Körper, bevor die Therapeutin mit einer balinesischen Massage die letzten Erinnerungen an den zehnstündigen Flug aus dem Bewegungsapparat knetet. Herrlich.
    Der vierte Tag: Schildkröten und Flughunde
    Aufregung beim Frühstück: In der Nacht sind achtzig Meeresschildkröten geschlüpft. Weil die Tiere gefährdet sind – durch Leute wie uns, die ihren Strand besetzen, und durch Einheimische, die zumindest in der Vergangenheit, als dies noch nicht verboten war, ihre Eier aßen und aus ihren Panzern Gegenstände fertigten –, werden die Schildkröteneier auf Dhuni Kolhu sorgsam bewacht und eingezäunt. Nun purzeln in dem kleinen Stall am Strand Dutzende knapp handtellergroße Schildkröten umher. Nach drei bis vier Monaten sind sie zu groß, um Fischen zum Opfer zu fallen, und werden in die Freiheit entlassen.
    Auch wenn die Insel klein ist und die
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