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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde
Autoren: diverse Autoren
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gewesen, dem Elend ein Ende zu machen. Und doch – es gab etwas in mir, das sich dem Gedanken an den Tod widersetzte, und ich wußte, daß ich mich nicht einfach so umbringen lassen würde, wenn der Mann versuchen sollte, seine dreckigen Hände an mich zu legen. Ich lag da, den Kopf auf der Schulter meines Bruders, und malte mir aus, wie ich dem Mann die Zähne in die Hand schlagen oder ihm das Gesicht zerkratzen würde. Sinnloser Ehrgeiz! Mit einem einzigen Ruck hätte er mir den Hals umgedreht.
    Als wir am nächsten Morgen aufwachten, regnete es. Ich weiß noch, wie schlechter Laune der Ladeninhaber war, als er kam und mit den Schlüsseln herumhantierte. Wir wurden ganz mit Regenwasser besprüht, als er seinen Gummimantel und seine Stoffmütze ausschüttelte und auf das englische Klima fluchte.
    »Heute schließen wir früh«, sagte er zu uns gewandt in unangenehmem Ton. »Und ich warne euch. Wenn ihr um die Essenszeit nicht verkauft seid…«, dabei machte er dramatische Gesten, legte sich die Hände um den Hals und tat, als wolle er sich erdrosseln. Wie ich bemerkte, störte es ihn empfindlich, mitten in dieser Vorführung von Oma Harris unterbrochen zu werden, die in diesem Augenblick mit der Schirmkrücke gegen die gläserne Ladentür pochte.
    »Haben Sie geöffnet?« fragte sie.
    »Erst um neun«, entgegnete der Mann.
    »Es ist fünf vor neun, Sie sind da und ich bin da, also öffnen Sie bitte«, sagte sie.
    Als er merkte, daß sie eine mögliche Kundin war, ließ er sie ein.
    »Ich bin heimgegangen und hab die ganze Nacht kein Auge zugetan, weil ich immer an ihn gedacht habe«, sagte sie.
    »Den Feld-Wald-und-Wiesenkater?«
    »Den Schwarzweißen«, sagte sie. »Trotz allem, was Sie mir gesagt haben, machte ich mir Sorgen, ob man eine Katze zusammen mit einem Sittich halten kann. Ich hab meine Nachbarin gefragt, ob sie je von einer Katze gehört hat, die sich gut mit einem Sittich stand, und sie hat gesagt, das sei alles Verkäufergeschwätz. Fragen Sie ihn doch, sagte sie, wie der Sittich mit der Katze zurechtkommt!«
    »Nun denn«, sagte der Mann, »ich kenne ja Ihre Nachbarin nicht, aber ich glaube doch, daß ich aus Erfahrung und – wenn ich so sagen darf – mit einer gewissen Autorität sprechen darf…«
    »Aber ich bin die ganze Nacht wachgelegen und hab an sein trauriges Gesicht gedacht…«
    »Das vom Sittich?«
    »Nein, nein, das von dem schönen Schwarzweißen Geschöpf im Fenster mit seinen großen weißen Stiefeln, und da hab ich bei mir gedacht, der bleibt mir bis zuletzt und ist mir im Alter ein guter Kamerad, und wenn ich den Käfig mit dem Sittich nicht richtig gegen Bootsie schließen kann, verdiene ich weder einen Kater noch einen Sittich.«
    »Bootsie nennen Sie ihn?«
    »Ja, so heißt er«, sagte die Oma und sah meinen Bruder zärtlich an.
    Mein Bruder und ich tauschten bestürzte Blicke. Es war uns nie in den Sinn gekommen, ein Menschenwesen könnte die Arroganz haben, uns bei einem Namen zu rufen, schon gar nicht bei einem so albernen wie Bootsie. Doch bei dieser Nachfrage nach meinem Bruder wurde uns noch etwas weit Schlimmeres bewußt. Sie wollte ihn tatsächlich kaufen, und unsere Trennung stand unmittelbar bevor.
    »Na, alter Junge«, sagte mein Bruder, »es sieht so aus, als müßten wir uns jetzt Lebewohl sagen.«
    »Sie scheint ganz manierlich«, sagte ich, »besser als…« Wir hatten keinen Namen für den Ladeninhaber, aber mein Bruder wußte, wen ich meinte.
    »Viel besser«, sagte er. »Ich hoffe nur, du findest auch bald jemand Manierliches. Mach dir keine Sorgen. Er wird dich bestimmt nicht…«
    »Umbringen? Wieso bist du da so sicher?«
    »Er will das Geld.« Mein Bruder hatte die menschliche Natur schon viel besser durchschaut als ich.
    »Aber ich bin nur ein Bastard«, sagte ich. »Solche wie mich kriegt man ohne dafür zu bezahlen. Ich glaube, mit mir ist es aus.«
    Oma Harris sagte gerade: »Was soll eine alte Person wie ich mit all dem Zubehör? Einen Katzenkorb? Was spricht denn gegen den Korb, den ich hier habe, einen Korb auf Rädern, so gut wie ein Korb nur sein kann? So so, Gummiknochen gibt’s jetzt? Und was ist das da? Katzenpralinen?«
    Offenbar wollte der Mann ihr einreden, daß sie nur dann richtig für meinen Bruder sorgen könne, wenn sie fünf bis zehn Pfund für sinnlosen Ramsch aus seiner Tierhandlung ausgab. Den Anfang der Unterhaltung hatten wir verpaßt, doch sie war sichtlich entschlossen, meinen Bruder zu kaufen, doch da sagte der Ladeninhaber
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