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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde
Autoren: diverse Autoren
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gewöhnen. Besonders die Buben ärgerten ihn mit ihrem Geschrei und Gepolter oft und waren dann betrübt, wenn Bartl ihnen aus dem Weg ging. Nicht nur, daß die Menschen so laute Stimmen hatten und mit den Füßen scharrten, mußten sie auch noch Maschinen kaufen, die noch mehr Lärm schlugen als sie selbst. Bartl verabscheute diese Maschinen mit dem abgrundtiefen, nachtragenden Haß einer beleidigten Katze. Er konnte den Staubsauger und das Radio nicht umbringen wie eine Fliege, aber er betrachtete sie als seine persönlichen Feinde und zeigte seine Abscheu deutlich genug. Wenn einer der Lärmschlager lief, verließ Bartl verächtlich das Zimmer und machte es sich am anderen Ende der Wohnung bequem. Immer fand er einen der Familie, der ihm bereitwillig alle Türen öffnete, die er geöffnet haben wollte. Meist genügte ein leises, jämmerliches Miau, um den Menschen Beine zu machen. Wurde er aber einmal nicht gehört, fing er an, ganz öffentlich Fäden aus dem Teppich zu ziehen, und das genügte jedesmal, um die Menschen aufspringen zu lassen. Es zeugte von Bartls Klugheit, daß er so bald die Schwächen der Menschen entdeckte und für seine Zwecke benützte. »Du bist ein kleiner Erpresser«, sagte Mama, und Bartl schnurrte fröhlich und rieb seinen Kopf an ihren Beinen. Niemand konnte ihm böse sein.
    Damals schlief er auch noch sehr viel, wie ein kleines Kind konnte er nicht genug Schlaf bekommen. Nachdem er am Vormittag Mama bei der Hausarbeit Gesellschaft geleistet hatte, schlief er bis zum Abendessen. Papa hatte ihm einen hübschen kleinen Korb gekauft und einen roten, mit Watte gefüllten Polster. Diesen Korb betrat Bartl nur einmal, nämlich als er den Polster zerriß und die Watte in allen Winkeln versteckte. Dann sah er ihn nie wieder an, und Mama trug ihn in die Abstellkammer. Bartl zog es vor, auf einem Polstersessel oder auf einem Bett zu schlafen. Anfangs versuchte Mama, ihn dazu zu bringen, nur einen bestimmten Sessel zu benützen, als er aber ihre Absicht merkte, ging er diesem Sessel aus dem Weg. Ungefähr jede Woche entwickelte er eine neue Vorliebe für irgendeinen Platz. Er schlief der Reihe nach auf allen Betten und Sesseln, auf dem Diwan, dem Wäschekorb und noch an vielen anderen Orten. Einmal hatte Mama ihren Schlafrock auf ihr Bett gelegt. Bartl kroch sofort darunter. Da war es warm und dunkel, und alle Geräusche klangen gedämpft. Seither verlangte er jedesmal, wenn er sich zur Ruhe begab, nach dem Schlafrock, den er als sein Eigentum betrachtete. Mama versuchte, ihn mit leichten Decken oder Schals zu täuschen, aber ohne jeden Erfolg. Sooft sie daranging, ihren Schlafrock zurückzuerobern, erhob Bartl ein so jämmerliches Geschrei, daß Papa von Mitleid erfaßt wurde und Mama schließlich einen neuen Schlafrock kaufte. Dieser neue war viel leichter und weicher als der alte, und Bartl kam natürlich sofort dahinter und verlangte ihn stürmisch für sich. So kam es, daß Mama den alten Schlafrock wusch, der dabei ein wenig zu kurz wurde, und Bartl seine Katzenträume unter dem schönen neuen Schlafrock träumte.
    Eines Tages nach dem Abendessen sagte Papa, man müsse energischer gegen die Launen des kleinen Katers auftreten. Bartl, der neben ihm auf dem Diwan saß, sah ihn nachdenklich aus seinen großen gelben Augen an, dann stieg er auf den Tisch und trank aus Papas Wasserglas. Es war ein sehr hübsches Glas mit eingravierten Blumen, und von dieser Stunde an wollte Bartl nur noch aus ihm sein Wasser trinken. Da Papa nicht bereit war, das Glas mit ihm zu teilen, mußte er in Zukunft aus einem ganz gewöhnlichen Glas trinken. Seither sagte er kein Wort mehr wegen des Schlafrocks und versuchte überhaupt nicht mehr, Bartl zu erziehen. Er hatte eingesehen, daß er sich dabei nur lächerlich machte. Bartl war zufrieden mit Papas vernünftigem Verhalten und zeigte es, indem er in der nächsten Zeit besonders liebevoll zu ihm war.
    Die ganze Familie ging mehr oder weniger bereitwillig auf Bartls Launen ein. Das war für den kleinen Kater sehr angenehm. Da Papa aber nicht so flink war wie Mama und ungern aufstand, wenn er sich einmal hingesetzt hatte, beschloß Bartl, Mama zu seiner Lieblingsdienerin zu machen. Damit waren alle einverstanden bis auf Mama, die erst gar nicht gefragt wurde. Auch die Buben mußten so manchen Dienst für Bartl verrichten, da sie aber ungeschickt und oft recht faul waren, nahm Bartl sie nicht zu oft in Anspruch, denn er hatte es gern, wenn alle seine Wünsche auf der
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