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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde
Autoren: diverse Autoren
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er.
    »Nein, ich meine, ob man uns wohl trennt?«
    »Ach, Bruder«, sagte er traurig, »warst du dir darüber nicht im Klaren?«
    Ich habe seither oft an diese Worte gedacht und daran, wie er sie damals sagte, so traurig und in Anbetracht seiner Jugend so weise.
    »Weißt du nicht mehr, was Mutter immer sagte? Eine Katze ist immer allein, besonders in Gesellschaft.«
    Diese Gedanken machten mich ganz schwermütig, ich wurde ein richtiges Häufchen Elend und drückte mich mit der Nase an meinen Bruder, um mich zu trösten. Ich befand mich noch immer in dieser betrübten Stellung, als er mich anstieß und sagte: »Horch! Ich glaube, jetzt ist es soweit.«
    Mir drehte sich fast der Magen um bei dem Gedanken, daß mein Einsiedlerleben jetzt beginnen sollte. Ich war darauf nicht vorbereitet, ich war noch zu jung! Und trotz allem, was unsere liebe Mutter darüber gesagt haben mochte – eine Katze ist nicht immer allein. In Wahrheit sind wir gesellige Tiere, und völlig isoliert nur bei den Menschen zu leben ist ein Rezept für ein unglückliches Katzenleben.
    »Sie sind wirklich reizend, das stimmt«, sagte eine freundliche alte Frauenstimme. »Ein Glück, daß meine Enkelin sie gesehen hat. Sie ist gestern abend mit Bob an Ihrem Schaufenster vorbeigekommen – Bob ist ihr Freund, die beiden gehen miteinander, verstehen Sie? Und heute früh kommt sie zu mir und sagt: Oma, weißt du noch, wie wir dir immer gesagt haben, du brauchst wieder eine Katze. Unten in der Tierhandlung sind zwei ganz goldige, sagt sie. Aber das ist am anderen Ende von der High Street, sag ich, wie stellst du dir vor, daß ich die ganze Straße runterkomm, ich mit meinen Füßen und dann das Ein- und Aussteigen beim Bus in meinem Alter…«
    Du bist zwar noch jung, hast aber sicher schon bemerkt, daß einige Menschenwesen fast ständig Geräusche mit dem Mund machen. Wenn sie schlafen, geben bei ihnen Mund und Nase häßliche Grunztöne von sich. Und wenn sie wach sind, plappern sie. Oma Harris plapperte auch, aber auf nette Art. Dem Ladeninhaber fiel es schwer, manchmal etwas in ihren Redefluß einzuwerfen.
    »Was der Bob ist, der arbeitet – der Zukünftige nämlich von Tracy, wissen Sie, Zukünftige sag ich, richtig verlobt sind sie ja nicht, na ja, das hat man heute nicht mehr so, nicht wahr, es ist eben jetzt alles anders, wissen Sie, aber eben regelmäßige Arbeit, und wenn sie’s dazu haben, warum sollen sie sich nicht amüsieren, nicht, und deswegen sind sie ins Kino gegangen und danach sind sie heimgekommen, und aufm Nachhauseweg haben sie dann die Kätzchen gesehen.«
    Oma Harris wandte sich um und lugte zwischen den Stäben zu uns herein. »Ach, seid ihr aber niedlich!« sagte sie.
    Sie hatte ein rundes, fideles Gesicht und ganz helle blaue Augen. Ihr weißes Haar war zu einem Knoten gekämmt und oben darauf saß ein Hut und war mit einer Hutnadel festgesteckt. Sie sah sehr altmodisch aus, die Dame.
    »Die Schwarzweiße ist ja süß, ganz süß«, sagte sie.
    Mein armer Bruder warf mir einen Blick zu.
    »Aber die Gestreifte auch. Da fällt einem die Wahl richtig schwer, nicht wahr?«
    »Tja, es ist ja auch nicht leicht, was? Sie sind beide allerliebst«, sagte der Ladeninhaber und musterte uns tückisch. Ob er wohl aus den Blicken, die wir ihm als Antwort zuwarfen, herauslas, wie sehr wir ihn haßten und bereits verachteten?
    »Vielleicht sollte ich keine von beiden kaufen«, sagte Oma Harris plötzlich. »Es ist hinausgeworfenes Geld, eine Katze zu kaufen, nicht wahr? Und wer weiß, es gibt doch immer Leute, die junge Kätzchen weggeben, und viele verschenken sie auch. Wohlverstanden, es ist nicht richtig, wie manche Leute Katzen behandeln. Es ist richtig schrecklich, was man heutzutage alles liest über Grausamkeiten gegen Tiere und über die Laboratorien und wie man Otter jagt.«
    »Ganz meine Meinung, Madam«, sagte der Ladeninhaber mit seiner öligsten Stimme. »Und verstehen Sie, deswegen meine ich ja, daß es etwas Gutes ist, eine kleine Summe in einem Haustier anzulegen. Ich persönlich würde ja alle Tiere gratis hergeben, die Mäuse dort drüben, den Papagei, die Fische. Aber wenn ich sie verschenke, weiß ich deswegen noch lange nicht, ob der Mensch das Tierchen auch wirklich haben und dafür sorgen will. Sie verstehen doch, was ich meine?«
    »Da könnten Sie recht haben«, sagte Oma Harris.
    »Ich meine, es ist doch kriminell, wie manche Leute ihre Tiere behandeln, da bin ich ganz Ihrer Ansicht. Aber wenn sie gleich zu
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