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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde
Autoren: diverse Autoren
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die Straße, in der ich ihn gefunden habe.«
    »Ein scheußlicher Name. Was hältst du von Kolumbus?«
    Wie meistens bei uns, endet auch diese Diskussion ohne klare Entscheidung.
    An jenem Abend beginnt das namenlose Kätzchen sich zu regen, macht vergebliche Anstrengungen, auf die Füße zu kommen, schleppt sich dann auf dem Bauch über den Teppich, um seine neue Umgebung zu erkunden. Sie füttert ihn, füllt eine Puzzleschachtel mit geliehener Katzenstreu, hebt ihn hinein… und wieder heraus, sobald er fertig ist.
    Im Laufe des Abends scheint der Kater zu Kräften zu kommen. Er steht auf drei Beinen, beginnt zu laufen, fällt hin, rappelt sich wieder hoch. Er gelangt zum Sofa, will hinaufklettern, krallt sich mit den ausgestreckten Vorderpfoten fest, kann sich aber mit dem Hinterbein nicht halten.
    Er purzelt auf die Seite, erhebt sich, probiert es aufs neue – ein entschlossener, rührender Versuch, zum Scheitern verurteilt. Ein couragiertes Tierchen. Es ist schwer, sich nicht von seinem Mut beeindrucken zu lassen.
    Als es Zeit zum Schlafengehen ist, sucht sie einen blauen Korb, breitet ein Handtuch darin aus und legt ihn hinein. Der Korb wird neben unser Bett gestellt, so daß sie notfalls mitten in der Nacht hinunterlangen kann.
    Beim Aufwachen fällt mein erster Blick auf den Kater, der über den Fußboden lahmt, um mit meinem Pantoffel zu spielen.
    Vor der Abfahrt ins Büro ermahne ich sie, den Anruf im Tierheim ja nicht zu vergessen.
    »Du weißt doch, ich kann Katzen nicht ausstehen«, betone ich, während ich zum Wagen hinausgehe.
    Aus mir ziemlich unerfindlichen Gründen kommt der Anruf im Tierheim nicht zustande, und als ich zum Abendessen erscheine, ist der Kater immer noch da. In meinem Lehnsessel.
    »Sie rufen gleich morgen früh zurück«, berichtet sie.
    »Das möchte ich ihnen auch geraten haben. Du weißt doch, ich kann Katzen nicht ausstehen«, sage ich streng und lasse mich neben meinem Lehnsessel auf dem Fußboden nieder.
    Morgens klingelt das Telefon. Sie meldet sich.
    »Das ist die Frau vom… von dem Haus«, erklärt sie und legt die Hand über die Sprechmuschel. »Was soll ich ihr sagen?«
    Ich blicke auf das Kätzchen, das zusammengerollt in dem blauen Korb neben unserem Bett liegt, die weißen Pfoten über der kleinen Schnauze gekreuzt, das rechte Hinterbein unnatürlich abgewinkelt.
    »Sag ihr… sag ihr, es hat sich erledigt.«
    In den ersten paar Monaten, die er bei uns verlebt, begnügt sich Springfield damit, im Haus herumzuhocken, niedlich auszusehen, seinen kleinen Körper mit dem weißen Fell an meinem dunkelgrünen Anzug zu reiben und eine Kellerecke sehr, sehr übel riechen zu lassen.
    Dann wird es warm, und er erledigt sein Geschäft im Freien. Er fängt an, im Vorgarten zu sitzen, niedlich auszusehen, seinen kleinen Körper mit dem weißen Fell am Hosenbein des Briefträgers zu reiben und den Sandkasten im Nachbargarten sehr, sehr übel riechen zu lassen.
    Und dann beginnt er, auf die Jagd zu gehen, und mit jeder Expedition wird das verletzte Bein kräftiger.
    Zuerst fängt er kleines Getier. Heuschrecken, Maikäfer, Federbälle. Doch als ich eines Abends vorn auf der Veranda stehe, spaziert er von hinten um die Hausecke und quietscht dabei hoch und schrill.
    Ich gehe näher heran, um die Ursache herauszufinden. Wie sich zeigt, stammt das hohe schrille Quietschen nicht von dem Kater, es kommt von dem Karnickel, das er in der Schnauze trägt. Entweder das, oder der Kater hat sich im Selbststudium zum Bauchredner ausgebildet.
    Ich bin verblüfft. Daß Kaninchen auch Lärm veranstalten können, wußte ich nicht. Ich dachte immer, sie hocken nur da, permanent naserümpfend, Mohrrüben mummelnd und unglaublich fruchtbar.
    »Laß das Kaninchen los!« rufe ich dem Kater zu. Der Kater ignoriert mich. Ich laufe hin. Er läuft weg, immer noch das Karnickel in der Schnauze. Ich jage ihn. Durch den Garten, über die Zufahrt, in die Garage und brülle dabei aus Leibeskräften: »Laß das Karnickel los!« Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erscheint mein Nachbar auf der Veranda, um festzustellen, was ich da treibe. Er sieht mich in meiner Garage herumlaufen und hört mich schreien: »Laß das Karnickel los!« Er zieht sich in sein Haus zurück. Er schließt seine Tür.
    Endlich hat der Kater das Spiel satt und läßt das Kaninchen fallen. Es hoppelt davon. Offenbar nicht ernstlich verletzt, aber eindeutig äußerst irritiert.
    Später erörtere ich den Zwischenfall mit der Frau, die
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