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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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durchschlüpfte, was ein paarmal geschah, und einer ruhte sich jeweils aus - so Tolimans Einteilung. Anfangs zögerten sie, ihr letztes Mittel einzusetzen, die Sprengung des Staus nämlich, und als sie es am Nachmittag dann doch taten, erwies es sich als wirkungslos: Die Mäuse schwammen einfach hindurch, sie konnten es auf dem Bildschirm beobachten, und der Druck ließ nicht einen Augenblick nach.
    Erst als es dunkel wurde, verlangsamte sich der Zug ein wenig, aber trotzdem kam noch ab und zu eine Maus heraufgesprungen - was sollten sie nun tun? Licht hatten sie nicht, die restliche Energie mußten sie aufheben für den Funkspruch. Also versetzten sie, solange noch etwas zu sehen war, den Eingang. Aber die Steine, die sie zu diesem Zweck bereitgelegt hatten, reichten nun nicht mehr aus - der Stapel rutschte nach, teils unter dem Einfluß des Regens, teils, weil die Mäuse begonnen hatten, oft bespiene Steine umzuwälzen. Also stopften die Gefährten nun die schon teilweise zerstörten schweren Schutzanzüge in die Lücke. Für morgen freilich würde diese Vorkehrung nicht ausreichen, es war zu erwarten, daß die Tiere fortfahren würden, die kleineren Steine zu wälzen. Außerdem war an einigen Stellen der Südseite, die dem Zug frontal entgegenstand, die Außenhaut bereits so weit beschädigt, daß man mit dem Daumen Löcher hineindrücken konnte; was gar nicht verwunderlich war, da die Außenhaut eigentlich nur dazu diente, die Innenluft festzuhalten - alle anderen Panzerfunktionen übernahm sonst das Schutzfeld, über das sie jetzt nicht verfügten. Selbstverständlich war die Stabilität des ganzen Raumschiffkörpers nicht gefährdet, aber sie würden wohl morgen auch einen Posten an die Vorderwand stellen müssen. Wenn sie nur bis zum Mittag, bis zum Eintreffen der anderen durchhalten konnten!
    Schwer würde das werden. Sie hatten außer den Besenstummeln, die sie jetzt noch schnell mit Folienfetzen bewehrten, keine Waffen mehr, mit denen sie die Angriffe der Mäuse abwehren konnten. Und wenn der Mäusezug wiederum neue, noch unbekannte Strategien anwenden würde, dann konnte es geschehen.
    »Wir müssen alle unsere Nahrungsmittelvorräte bereitlegen«, sagte Gemma, als Ruhe eingetreten war. »Wenn eine kritische Lage entsteht, können wir sie damit vielleicht ablenken und den Druck etwas senken, zwei- oder dreimal.«
    »Und überhaupt alle kleineren Gegenstände«, schlug Rigel vor. »Warum sollen Gegenstände nicht genauso wirken wie die Steine?«
    »Mira hat noch ihren schweren Schutzanzug«, sagte Toli- man, »sie könnte früh ein paar Arme voll solcher Sachen vor das Schiff tragen.«
    »Ja, klar«, sagte Mira, aber Toliman hörte ihrer Stimme an, daß sie nicht bei der Sache war.
    »Was hast du?« fragte er.
    »Ich muß schon den ganzen Tag an Gemmas Interpretation der Vorgänge im Klippendreieck denken«, sagte sie.
    »Ach du lieber Himmel«, stöhnte Rigel, »was soll denn das jetzt?«
    Aber Gemma widersprach. »Laß mal hören«, bat sie.
    »Es ist ein ganz verrückter Gedanke«, erklärte Mira zögernd, »aber deine Grundidee war doch, daß die hiesige Fauna Reaktionen zeigt auf die Anomalie. Und nun wissen wir es zwar nicht, aber wir haben doch vermutet, daß der Mäusezug auf den Schneisen zum Stillstand gekommen war, als die
    Anomalie wirkte.«
    »Ja, und?« fragte jetzt Toliman sehr interessiert.
    »Wir haben die Schwingungen mit Rigels Resonanzgerät gemessen«, sagte Mira. »Könnten wir das Gerät nicht vielleicht so umbauen, daß es diese Schwingungen erzeugt?«
    »Und dann unterbrechen die Mäuse ihren Zug?« fragte Rigel.
    »Nein«, erwiderte Gemma sofort, »sie würden höchstens die Stelle meiden, wo die Schwingungen spürbar werden.«
    »Kann man das umbauen?« fragte Toliman nun.
    »Kann man«, sagte Rigel, »es ist nur eine Frage der Energie
    - nein, auch nicht, das ist lösbar, so viel brauchen wir nicht, wenn man eine Schwungmasse in Gang bringt und ab und zu nachhilft und daran einen Dynamo anschließt und.«
    »Ja, ist gut«, unterbrach Toliman, »mach das morgen früh.«
    »Warum bin ich nicht darauf gekommen?« fragte Gemma fast betrübt.
    »Mach dir nichts draus, ich bin auch erst ziemlich spät auf manches gekommen«, sagte Toliman. »Und jetzt schlaft, die erste Wache ist meine.«
    »Worauf bist du gekommen?« flüsterte Mira Toliman ins Ohr.
    »Darauf, daß sie in eurem Institut doch bestimmt Wissenschaftsorganisatoren und -planer mit Raumerfahrung brauchen werden!«
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