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Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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zumindest einer Sache sicher war: Sweeney hatte bei ihrem Kuss nicht gewusst, dass er so überrascht sein würde, dass er nicht mehr wusste, was er tat. Er hatte öfter daran gedacht, sie zu küssen, als er sich selbst eingestehen wollte. Aber als es dann tatsächlich so weit war, hatte er es langsamer angehen lassen wollen, um erst mal... mit ihr zu sprechen. Ihr Haar war überall
gewesen, die Strähnen hatten sich aus ihrer Spange gelöst, und ihre schlaksigen Glieder fühten sich an seiner Haut heiß an. Sie zu küssen war... anders gewesen. Das war alles, was er dazu sagen konnte. Sie hatte sich so anders angefühlt als Maura, so viel echter an seinem Körper. Ab dem ersten Mal, als er Maura geküsst hatte, ab dem ersten Mal, als sie miteinander geschlafen hatten, war er stets behutsam gewesen, als könnte sie unter seinem Gewicht zerbrechen. Aber mit Sweeney war es, als würde sie ihn herausfordern, mit ihren Lippen und ihrem Körper. Er hatte sie weggestoßen, weil er die Sache verlangsamen und mit ihr erst über das sprechen wollte, was da zwischen ihnen war. Ihm war nun klar, dass er ihr noch mehr von seinem Kurs erzählen wollte, von Megan und Patience. Im Laufe der letzten Monate hatte er sich kleine Begebenheiten im Geist notiert, die er ihr mitteilen wollte. Sie waren nach wie vor in seinem Kopf und warteten darauf, von ihr gehört zu werden.
    Er hatte sie an einen Ort mitnehmen wollen, wo sie die halbe Nacht lang aufbleiben und sich ihre kleinen Geschichten erzählen konnten. So stellte er sich ihre erste Verabredung vor. Er wollte wissen, wer in der dritten Klasse ihr bester Freund gewesen war, was ihr Lieblingsfilm war. Wo sie ihren schönsten Urlaub verbracht hatte. Er wollte wissen, was sie zum Frühstück aß und ob sie sich schon einmal einen Knochen gebrochen hatte. Aber sie hatte ihn missverstanden, und ehe er alles erklären konnte, war sie weg.
    Warum war er ihr nicht gefolgt in jener Nacht, warum hatte er ihr nicht nachgerufen? Den ganzen gestrigen Tag über hatte er ihre Nummer in seinem Handy aufgerufen, aber dann hatte er keinen Anfang gefunden.
    Jetzt glaubte er endlich zu wissen, was am besten war.
    »Ich sollte ein paar Sachen erledigen«, sagte er unbeholfen zu Ellie. »Macht es dir etwas aus, wenn ich dich verlasse, ehe du dein Soda ausgetrunken hast?«

    »Nein, überhaupt nicht. Man sitzt hier sehr gemütlich.« Sie grinste ihn an. »Viel Glück.«
    Er erlaubte sich ein kleines Lächeln. »Danke. Ich seh dich morgen?«
    »Ja.« Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, die späte Nachmittagssonne fiel ihr ins Gesicht. Quinn ließ sie so zurück, wie eine Katze, die sich in einem sonnigen Fleckchen aalte.
    Er probierte es auf Sweeneys Handy. Als sofort die Mailbox ansprang, blieb er für einen Moment in seinem Wagen sitzen und überlegte, was er nun tun sollte. Das Warten machte ihm Mut, und die Idee, zu ihrem Haus zu fahren, stand ihm immer klarer vor Augen, je länger er den vorbeifließenden Verkehr beobachtete. Er konnte sich schon fast vor ihrer Tür stehen sehen, wie er ihr gestand, dass er einen Fehler gemacht hatte und eigentlich nur alles ein bisschen langsamer angehen wollte. Er wollte mit ihr sprechen und in Erfahrung bringen, was sie mit ihrem Kuss gemeint hatte.
    Es dauerte nicht lange, bis er in der Russell Street war. Er wusste, in welchem Apartment sie wohnte, obwohl er es noch nie betreten hatte. Er ging die Treppe hinauf und klopfte an die Tür, mit einem Mal fühlte er Wellen von Energie durch seinen Körper peitschen. Sie zischten durch seine Venen und schossen ihm durch die Hüften wie Elektrizität. Er wusste, was er sagen würde. Es war einfach. Oder vielleicht würde er überhaupt nichts sagen, vielleicht würde er sie... einfach in die Arme nehmen und küssen. Das war es, was er am liebsten tun würde, stellte er plötzlich fest. Es war seine... und beim bloßen Gedanken an dieses Wort musste er fast loslachen... Bestimmung.
    Er hörte drinnen Schritte, und dann ging die Tür auf. Er holte tief Luft und sah in die Augen eines großen dunkelhäutigen Mannes mit weißen Malerhosen und einem blauen Unterhemd. Der Geruch nach Farbe erfüllte den Flur. Hinter ihm konnte Quinn erkennen, dass das Apartment leer war bis auf Trittleitern, Eimer und ausgebreitete Laken.

    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte der Maler.
    Es dauerte eine Weile, bis Quinn die Sprache wiedergefunden hatte. »Ich bin ein Freund von Sweeney. Ist sie... da?«
    »Sie ist vor ein paar Tagen
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