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Verfehlung: Thriller (German Edition)

Verfehlung: Thriller (German Edition)

Titel: Verfehlung: Thriller (German Edition)
Autoren: GJ Moffat
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Prolog
    Vor seinen Augen tanzte es feuerrot.
    Er schlug sie noch einmal.
    Sie versuchte Luft zu holen, und als das Blut tief in ihrer Lunge gurgelte, hörte es sich an wie eine mit Sirup gefüllte Babyrassel. Sie hustete einen feinen, roten Sprühnebel aus.
    Wieder das Knirschen von Metall auf Knochen.
    Irgendetwas in ihr zerbrach und löste den langen, langsamen Sturz ins Nichts aus. Während sie fiel, zuckte ein Bild durch ihr zerschmettertes Hirn, und sie sah das Gesicht eines Mannes, eines Jungen vielmehr, eines Jungen von nicht mehr als zwanzig Jahren.
    Ein Traum, dachte sie. Ein schöner Traum.
    Nein, kein Traum. Eine Erinnerung.
    Dass sie sich am Ende ausgerechnet daran erinnerte. Warum musste es gerade das sein? Sie wünschte sich etwas Warmes, nach dem sie greifen und woran sie sich festklammern konnte, während sie in die kalte Umarmung ihres Todes hinabsank. Aber der Tod ist kein Freund von Wärme, und sie starb, während sie in der Erinnerung an ihre eigenen Tränen ertrank.
     
    Sie saßen auf der unteren Bettkante, fest in den roten Baumwollüberwurf gehüllt, und schlossen schweigend Wetten darüber ab, was aus den Regenfäden werden würde, die an der
Fensterscheibe hinunterliefen. Zwei der Fäden vereinigten sich zu einem, wurden gemeinsam zu einem Regentropfenstrom.
    Sie erschrak von einem lauten Knacken der Scheite, die in dem offenen Kamin brannten. Das Feuer hatte auf die alten Bodenbretter ein einzelnes glühendes Stück Holz gespuckt, das sie schwarz ansengte.
    Sag’s ihm.
    Sie legte den Kopf auf seine Schulter. IhrAtem strich warm über seine Haut, und sein Schweiß schmeckte wie Salzwasser auf ihren Lippen. Ihre Hitze drang tief in ihn ein, bis ins Mark seiner Knochen. Sie schob ihre Hand in die seine und drückte sie fest, während die Äste der Eiche an der Außenwand ihrer Wohnung entlangkratzten.
    Sag’s ihm.
    Er wandte sich ihr zu und erblickte etwas Unstetes in ihren Augen, etwas, das sie für einen kurzen Augenblick älter wirken ließ, als sie tatsächlich war.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Nichts«, sagte sie. »Es ist nichts. «
    Als ob es davon wahr werden würde, dass man es ständig wiederholte. Er spürte, dass sie nicht die Wahrheit sagte, doch seine Furcht hielt ihn davon ab, die Fragen zu stellen, die er längst hätte stellen sollen. Er verbannte seine Zweifel an denselben Platz, an dem er auch all seine Gefühle wegen der zunehmenden Distanz, die zwischen ihnen während des letzten Monats entstanden war, verwahrte. Wenn er nicht darüber nachdachte und nicht darüber redete, wie konnte es dann real sein?
    Wie anders wäre alles gekommen, wenn er sie gezwungen hätte, sich ihm zu offenbaren? Sie wollte, dass er es tat. Dass er sie auf das Bett stieß und sie anbrüllte, sie möge endlich damit herausrücken, ihm sagen, was es war, das sie beide voneinander entfremdete. Aber er tat es nicht.
    Sie hörten, wie der Feierabendverkehr draußen auf der Byres Road immer lauter wurde, und ließen sich zurück auf das Bett sinken. Der Überwurffiel zu Boden und entblößte sie beide in ihrer Nacktheit. Er drehte sich auf die Seite und fuhr mit den Fingern über ihre Schultern, dann über ihre Brüste und weiter hinunter bis zu ihrem Bauch. Sie legte ihre Hand auf die seine und presste sie fest auf ihr Fleisch. Sie wollte seine Hand durch alle Schichten von Haut und Fett und Muskeln hindurchdrücken, bis sie tief in ihrer Gebärmutter steckte und er das Pulsieren des neuen Lebens spüren würde, das dort heranwuchs.
    Sag’s ihm.
    Er spürte, wie ihre Muskeln sich anspannten, und deutete es fälschlich als Verlangen. Er legte sich auf sie, näherte seinen geöffneten Mund dem ihren, ließ seine Zunge über ihre Lippen streichen und drang dann in die Wärme ihrer Mundhöhle ein.
    Sag’s ihm, und es wird alles gut, dachte sie. Aber dann musste sie fast über ihre eigene Naivität lachen. Sie hatten beide gerade erst ihren Abschluss an der Strathclyde University gemacht und blickten nun zuversichtlich einer Karriere in ihren jeweils gewählten Studienfächern entgegen – fura und Architektur. Eine Berufskarriere war genau das, was sie anstrebte – nicht ein Eheleben mit Mann und Kind. Sie wusste, dass das egoistisch von ihr war, aber sie konnte noch immer nicht anders, als ihn wieder von sich zu stoßen. Wie sollten sie da ein Kind großziehen?
    Und nun, da die Distanz zwischen ihnen immer größer wurde, gelangte sie zu der Überzeugung, dass sie sich nicht einmal sicher war, ob
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