Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod
Autoren: Sarah Stewart Taylor
Vom Netzwerk:
ausgezogen«, sagte der Mann.
    »Hat sie gesagt, wohin?«
    »Nein. Sie meinte, dass sie für eine Weile nicht im Lande sei und ich ihre Briefe an ein Postfach weiterschicken solle. Wollen Sie die Post?« Quinn schüttelte den Kopf. »Der Typ, der ihr beim Auszug geholfen hat, war so ein großer Dunkelhaariger. Ich habe ihn oft hier gesehen. Netter Kerl. Hat sie Ihnen nichts von ihrem Auszug gesagt?«
    »Nein, aber das macht nichts. Ich werde... Ich werde sie anrufen. Ich habe nicht mitbekommen, dass sie umzieht.«
    »Meiner Meinung nach war das eine spontane Entscheidung.« Es schien dem Mann wirklich leidzutun. Er musste in Quinns Gesicht etwas entdeckt haben, das ihm sagte, er täte gut daran, sein Ego etwas zu streicheln. »Ich bin mir sicher, sie wollte es Ihnen sagen.«
    »Danke«, entgegnete Quinn, drehte sich um und kam ins Stolpern, als er die Stufen hinunterging. Hinter ihm hörte er die Tür zum Apartment ins Schloss fallen. Als er wieder draußen war, fühlte er sich mit einem Mal wie benebelt. Die ganze verrückte Energie, die er vor der Tür gespürt hatte, war nun in seinen Magen gewandert. Er beugte sich einen Moment nach vorne, sicher, dass er sich übergeben müsste.
    Das war’s. Sie war wieder mit Ian zusammen und hatte ihn nach London begleitet. Natürlich hatte sie das. Dieser Kuss war aus einer Dummheit heraus passiert. Sie war betrunken, nicht wahr? Das musste es sein.
    Er setzte sich in seinen Honda, startete den Motor, stellte ihn dann wieder ab und stieg aus. Er hatte immer noch Steine im Magen, als er begann, zum Davis Square zu spazieren. Er brauchte einen Drink. Bevor er zu Hause dem ahnungsvollen Blick von Patience begegnen und Megan in den Arm nehmen
konnte, brauchte er ein Bier. Er warf einen letzten Blick auf das Gebäude, als würde er erwarten, Sweeney in einem der Fenster stehen zu sehen, dann senkte er den Kopf und ging davon.

42
    Sweeney blickte aus dem Fenster des Flugzeugs über die trockene, beigefarbene Landschaft. Alle paar Meilen entdeckte sie einen Flecken Farmland, dazwischen lagen lange Wüstenstreifen. Das Ganze hatte etwas Beruhigendes, ein unkompliziertes und offenes Land, ohne Verstecke oder Geheimnisse.
    In Cambridge war es bereits Winter. Der frühe Frost hatte das lebendige Grün getötet, und ein wüster Oktoberschneesturm hatte alles unter einer jungfräulich weißen Schneedecke begraben, die kurz darauf zu einer deprimierenden, matschigen Masse schmolz. Auf dem Weg zum Flughafen an diesem Morgen hatte sie die beinahe nackten Bäume und den Schneematsch an sich vorbeiziehen sehen und war mit einem Mal frohen Mutes, als sie an die Sonne, scharfes Essen, mexikanische Musik und Bier mit Limette dachte.
    »Wir haben gutes Wetter für unseren Flug nach Oaxaca City«, erklang die Stimme des Piloten aus dem Lautsprecher. Dann sagte er etwas auf Spanisch, und Sweeney wandte sich ihrem Sitznachbarn zu. »Hast du verstanden, was er gesagt hat? Was hat er gemeint?« Das Spanisch wurde wiederholt, schnell und für sie unverständlich. Sie hatte ein paar Wochen lang mit einem Kassetten-Sprachkurs geübt, aber die Stimme des Piloten war sehr viel schwerer zu erfassen als die langsam sprechenden Männer und Frauen auf ihren Bändern.
    Toby, der fast perfekt Spanisch sprach, blickte entnervt. »Er
hat nur das gesagt, was er schon auf Englisch erklärt hat. Dass wir gutes Wetter für unseren Flug nach Oaxaca City haben.«
    »Okay, schon gut.« Sie sortierte die Zeitschriften in ihrem Schoß.
    »Hast du vor, das die ganze Reise über mit mir zu machen?«
    »Nein, ich übe. Yo soy Sweeney. ¿Donde esta el baño? «
    »Nicht schlecht.« Er grinste und sagte dann: »Du wirst mich trotzdem ständig darum bitten zu übersetzen, stimmt’s? Ich bereue das alles jetzt schon.«
    »Sieh mal, wenn du es mit mir und dem General sechs Wochen lang zusammen in deinem Apartment ausgehalten hast, dann wirst du mich wohl auch einen Monat lang im sonnigen Mexiko ertragen.«
    »Ich vermute, das stimmt.« Er konzentrierte sich wieder auf sein Buch, aber dann berührte Sweeney seinen Arm, sodass er noch einmal aufsah. Er blinzelte in das Sonnenlicht, das in einem seltsamen Winkel durch das Fenster fiel.
    »Toby. Danke, dass du diese Zeit mit mir verbringst. Ich glaube, das habe ich dir noch nicht gesagt.«
    »Also wirklich. Das brauchst du nicht zu sagen.«
    »Ich weiß, aber …«
    Er griff an ihr vorbei und zog die Sonnenblende an ihrem Fenster herunter. »Hast du immer noch nicht mit Ian
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher