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Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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leid.«
    Quinn musste daran denken, dass er dieselben Worte zu Denny Keefe gesagt hatte und dass es ihm wirklich leidtat. Manchmal hatte er das Gefühl, dass er die Dinge schlimmer anstatt besser machte. Einmal hatte er geträumt, dass er ein Zimmer mit einem perfekten weißen Teppich betreten wollte. Als er hineinging, bemerkte er, dass seine Schuhe dreckig waren und er eine Schmutzspur auf dem Teppich hinterließ. Er drehte sich um und wollte zurückgehen, aber egal, was er unternahm, es machte alles nur noch schlimmer. Jetzt gerade fühlte er sich ein bisschen so.
    Die drei warteten gemeinsam darauf, dass Ellie mit der Verstärkung eintraf. Sie würden Tad Moran bis nach der Befragung
dabehalten müssen, aber wahrscheinlich konnte er bereits am nächsten Tag wieder nach Hause gehen.
    Einer der uniformierten Beamten stupste ihn an, und sie führten ihn hinaus zu den Autos. Quinn hielt ihn locker am Arm, während die Beamten alles Weitere veranlassten. Er hatte die Wahrheit gesagt. Wenn Tad Morans Story der Überprüfung standhielt, würde er nur für Beihilfe zur Verantwortung gezogen werden. Moran wirkte entspannter, als er in der lauen Sommerluft wartete. Es war inzwischen dunkel, und die Nacht roch nach Essensdüften, Zigarettenrauch und nach einem Hauch von etwas Süßem, Unbekanntem, vielleicht ein Parfüm, das über die Straße wehte.
    Quinn beobachtete Sweeney, wie sie allein auf dem Gehsteig stand. Sie blickte über die Menschenmenge hinweg, als könne sie jenseits von ihnen eine Bergkette oder einen Ozean ausnehmen, für niemanden sonst sichtbar außer für sie. Sie war schön. Er war in sie verliebt. Nun hatte er es sich endlich eingestanden. Ja, er liebte sie. Aber da gab es noch Ian, und dann tauchte auch noch Mauras Gesicht vor ihm auf. Ihre zarten, katzenhaften Züge, die tragischen Augen, ihr unendlich trauriges Gesicht. Er hatte ihren Gemütszustand stets an ihrem Gesichtsausdruck ablesen können. Seine letzte Erinnerung an sie, als sie tot in der Badewanne lag, war ihre Miene, die sogar im Tod noch Schmerz ausdrückte.
    Am Eingang des Museums hatten sich Studenten versammelt, und Ellie versuchte mit ein paar anderen Leuten, sie zu verscheuchen, wobei sie mit ruhiger Stimme zu ihnen sprach und sie zurückschob. Quinn sah ihr bei der Arbeit zu. Sie war gut, das musste er zugeben. Sie konnte wirklich mit Menschen umgehen. Sie spürte, wie man mit ihnen sprechen musste, in welcher Verfassung sie sich befanden und wie man sie dazu brachte, das zu tun, was man von ihnen wollte. Und was sonst musste ein Polizist können, wenn nicht das?
    Dann spürte er plötzlich, wie Tad Morans Arm wegrutschte
und Sweeney »Nein!« schrie. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie die große, gekrümmte Gestalt sich mitten in den Verkehr warf. Bremsen quietschten, und Quinn stellte sich den Aufprall vor, noch ehe er stattfand.
    Die Menge stürzte nach vorne, und er sah, wie Ellie den Kopf hob und ihm in die Augen blickte. Da wusste er, dass Tad Moran tot war. Er machte sich auf die Suche nach Sweeney, und als er sie gefunden hatte, drückte er ihr tränenüberströmtes, schreckverzerrtes Gesicht an seine Brust. Dort hielt er sie fest, während sie schluchzte. Später wusste er nicht mehr, ob er ihre Augenlider wirklich geküsst oder sich nur vorgestellt hatte, wie er sich darum bemühte, die Bilder, die sie gesehen hatte, aus ihrem Kopf zu vertreiben, ihr die Erinnerung an das traurige Ende der ganzen Sache zu nehmen.

40
    Um zwei Uhr morgens durfte Sweeney endlich gehen. Es hatte endlos viele Aussagen aufzunehmen gegeben, und eine Menge Dinge hatten bestätigt werden müssen. Während sie nach Hause fuhr, versuchte sie, nicht daran zu denken, was sie dort erwartete. Sie wusste, dass sie hätte anrufen sollen, um Ian zu sagen, was passiert war. Aber es hatte einfach keine Möglichkeit gegeben.
    Sie würde ihm erklären, dass sie im Moment nichts weiter wollte als einen Drink und ein warmes Bett, und dass sie ihr Gespräch am nächsten Morgen führen könnten. Als sie seinen Wagen nicht vor dem Haus stehen sah, fragte sie sich, ob er etwa noch gar nicht daheim sei. Plötzlich stieg Panik in ihr auf. Und als sie die Tür erreichte, wusste sie Bescheid. Sie musste gar nicht sehen, dass sein Mantel und seine Schuhe im Korridor fehlten, seine Bücher und Papiere vom Esszimmerschreibtisch verschwunden waren und seine Hälfte des Kleiderschranks leer war. Sie wusste auch so, dass er gegangen war. Er hatte keine
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