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Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)

Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)

Titel: Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
Autoren: Jana Sonntag , Wiebke Lorenz
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1. Kapitel
     
    Valentinstage sind das Schlimmste überhaupt. Kaum habe ich morgens um zehn meinen Blumenladen Blütenfest im Eppendorfer Weg geöffnet, geht der Terror schon los. Und zwar immer auf ungefähr die gleiche Art: Junger, netter Mann betritt das Geschäft, strahlt mich an wie die Lottofee, die ihm gleich seinen Millionengewinn überreichen wird, und sagt: »Guten Tag, ich möchte gern zwanzig Stück Ihrer schönsten roten Rosen!«
    Tja, und dann hab ich meistens den Kaffee schon wieder oben. Weil mir natürlich klar ist, für wen die Rosen sind. Für seine Liebste. Seine Angebetete. Sein Ein und Alles, seinen Augenstern oder was einem noch an kitschpostkartentauglichen Begriffen einfällt. Gut möglich, dass er ihr in seiner Liebeseuphorie auch noch einen Verlobungsring in das Bouquet steckt, das ich nun kunstvoll für ihn binde. Und während ich das tue, nach außen hin ganz Profi mit freundlicher Miene, denke ich immer wieder: Dieser verdammte Valentinstag! Noch so ein Scheiß, den die Amis uns eingebrockt haben!
    Nicht nur, dass ich jedes Jahr den Muttertag überleben muss, der mich als mittlerweile zweiunddreißigjährige Single-Frau immer wieder daran erinnert, dass ich möglicherweise nur noch Mutter werde, wenn ich im Supermarkt um die Ecke irgendwann aus einer Verzweiflungstat heraus ein Kind entführe. Als würden die Blumenbestellungen für Hochzeiten, Jahrestage und alles andere, was der liebe Gott der Feierlichkeiten sonst noch so erfunden hat, nicht reichen. Nein, es muss natürlich auch noch diesen bescheuerten »Tag der Verliebten« geben, an dem alle »Nichtverliebten« in die Röhre gucken.
    In meinem speziellen Fall sollte ich besser sagen: alle »Nicht-Zurückgeliebten«. Denn dass ich nie verliebt wäre, kann ich nicht behaupten. Dass ich so gut wie nie auf Gegenliebe treffe, das schon. Mein jüngster Schiffbruch nennt sich Tom Meisner, ist vierunddreißig Jahre alt, Unternehmensberater und ein Arschloch. Und zwar eins von der richtigen Sorte. Hat mich erst sechs Wochen lang durchgevögelt (okay, das war ganz nett), bis ihm vor einer Woche plötzlich einfiel, dass er doch noch ganz doll an seiner Exfreundin Kathrin hängt. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich es erwachsen, souverän und verständnisvoll aufgenommen habe, als er mit mir Schluss gemacht hat. Habe ich aber nicht. Ich habe hysterisch geheult und ihn angefleht, mich nicht zu verlassen. Peinlich, peinlich.
     
    Notiz an mich selbst:
    Dringend daran arbeiten,
    eine coole Sau zu werden.
     
    Aber ich hätte es wissen müssen. Also, dass Tom Meisner ein blödes Arschloch ist. Ein Mann, der so unsinnige Sätze von sich gibt wie: »Ich würde dir gern mal Blumen mitbringen, aber du hast ja mehr als genug davon« – mal ehrlich, habe ich von dem etwa Charakterstärke erwartet? Habe ich überhaupt schon mal einen Mann mit Charakterstärke getroffen? Leider nicht.
    Die Unentschlossenen, die Neurotischen, die Beziehungsphobiker – ja, die kenne ich alle. Und natürlich auch die »Ich liebe meine Frau nicht mehr, ich werde sie verlassen«-Typen, die zwei Monate später mitteilen: »Meine Frau ist schwanger, jetzt muss ich bei ihr bleiben« (was seltsam ist, weil man doch angeblich gar keinen Sex mehr miteinander hatte) – die kenne ich auch alle. Die Typen, die sich einfach nicht mehr melden, sodass man schon vermutet, sie seien bei einem Unglück zu Tode gekommen. Doch dann laufen sie einem ein paar Wochen später quietschfidel über den Weg, und man muss sich eingestehen, dass der Einzige, der gestorben ist, man selbst ist, und zwar für sie.
    Ja, davon kenne ich auch ein paar. Und wenn ich es mir genauer überlege, ist es wohl einfach so, dass ich nicht wirklich Glück in der Liebe habe. Im Spiel leider auch nicht, mehr als drei Richtige im Lotto habe ich noch nie gehabt. Und eine Beziehung, die länger als ein halbes Jahr hielt, ebenfalls nicht. In meinem Alter kommt das ja quasi einer Bankrotterklärung des Privatlebens gleich.
    Jetzt also wieder Valentinstag. Seufzend schließe ich um neun Uhr die Tür zu meinem Blumengeschäft auf und versuche, beim Eintreten weniger als eine Tonne Hamburger Schneematsch mit hineinzuschleppen. Na gut, diesen Tag werde ich auch noch hinter mich bringen. Und immerhin bleibt mir ein Trost: Meine Kunden sind zwar alle verliebt – aber dafür lasse ich sie mit saftigen Valentinstag-Preiserhöhungen auch bluten. Manchmal frage ich mich, ob ich mittlerweile schon etwas zynisch geworden
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