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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman
Autoren: Tamara McKinley
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Fußstapfen ihrer Großmutter, einer Pionierin, treten wollte. Ruby hatte James vor drei Wochen an ihrem neunzehnten Geburtstag geheiratet. Nialls Geschenk an die Frischvermählten war der Pachtvertrag für mehrere Tausend Morgen erstklassigen Weidelands gewesen.
    Niall, der immer noch über einen scharfen Blick verfügte, hatte sowohl den Börsenkrach vor fünf Jahren als auch die neue Gesetzgebung genutzt und Schafe für Sixpence das Stück sowie Vieh, das einst sechs Guineen gekostet hatte, für sieben Schillinge gekauft und riesige Landparzellen für wenige Pennys erworben. Sein vorausschauendes Denken sicherte Rubys und James’ Zukunft, solange der Wollpreis und die Nachfrage nach Wolle nicht einbrachen.
    Die vier Ochsen zogen trampelnd den großen Rollwagen, dermit Vorräten beladen war. Die Schafe hatten ihren Übermut abgelegt und ließen sich als durchnässter Haufen vom schottischen Schäfer und seinen Hunden antreiben. Die drei bedingt Strafentlassenen – Sträflinge, die freigelassen waren, für den Rest ihrer Strafzeit jedoch einer Lohnarbeit nachgehen mussten – führten die aufgereihten Pferde durch den Regen, bereit, mit den Schultern gegen die Räder zu drücken, sollten sie wieder stecken bleiben; und James hatte seinen Platz auf dem Karren verlassen und das Geschirr des ersten Ochsen gepackt, um ihn anzuspornen.  
    Der Regen bildete einen undurchdringlichen Vorhang, und die Bäume ringsum zitterten unter seiner Gewalt. Ruby verkroch sich noch tiefer in ihren Mantel. An guten Tagen schafften die Ochsen zwölf Meilen, nur drei oder vier an Tagen wie diesem, und sie fragte sich allmählich, ob sie das Tal jemals erreichen würden, denn der steile Anstieg durch die Berge lag noch vor ihnen. Dennoch waren die Träume, die sie gehegt hatte, seit sie die Geschichten von Grandma Nell und Tante Alice gehört hatte, noch vorhanden – so wie das Verlangen, ihr eigenes Abenteuer zu erleben. Rubys Phantasie war von den Erzählungen angeregt worden, und obwohl die Mühen und Strapazen einer Pionierin entmutigend waren, stärkten sie doch ihre Entschlossenheit. Mit dem Geist von Nell, der sie leitete, würde sie mit James diesen Treck ins Ungewisse überstehen; sie würden ihre Herde vergrößern, und ihre Kinder würden in einer freien Landschaft aufwachsen, weit entfernt von den überfüllten Siedlungen, die Sydney inzwischen umgaben und sich an der Küste entlang erstreckten.
    Ein Ruf riss sie aus ihren Gedanken, und sie spähte unter ihrem tropfenden Hutrand hervor. James hatte die Ochsen angehalten. »Was ist los?«
    »Der Fluss schwillt an«, rief er zurück. »Wir haben zwei Möglichkeiten: hierzubleiben und uns überfluten lassen oder ihn zu überqueren auf die Gefahr hin zu ertrinken.« Er nahm den Hutab und fuhr sich verdrossen mit den Fingern durch das helle Haar.
    Ruby betrachtete den reißenden Fluss, bemerkte, dass er weiter oben flacher aussah und schaute wieder zu ihrem Mann. »Wir können hier nicht bleiben. Das Land liegt nicht so hoch, dass es Schutz bieten würde, wenn der Fluss über die Ufer tritt. Aber wenn wir weiter flussaufwärts fahren, gibt es einen Weg hinüber.«
    James blickte sie nachdenklich aus seinen braunen Augen an, setzte den Hut wieder auf und wandte sich an die anderen. »Was meint ihr?«
    Anscheinend stimmten die Männer ihr zu, und James stieg wieder auf den Karren, um Peitsche und Zügel aufzunehmen. Nur widerspenstig trotteten die Ochsen stromaufwärts bis an eine Stelle, an der das Wasser über Fels und Schiefer rann und eine gefährliche Möglichkeit zum Hindurchwaten bot.
    Ruby stieg ab, der Schäfer und seine Hunde trieben unterdessen die Schafe ans Ufer. Die Ochsen brüllten vor Angst. Sie konnte es nachvollziehen, denn die Aussicht war entmutigend. Der Fluss strömte über glänzenden Schiefer, wirbelte um Felsen herum und zerrte an Baumwurzeln und Schilfrohr, die sich ans Ufer klammerten. Abgebrochene Äste und Grasbüschel sausten vorbei, und im rasch schwindenden Licht sah sie einen aufgedunsenen Kadaver eines Wallaby, der sich zwischen zwei Felsen verfangen hatte.
    »Ich gehe als Erster und suche einen Weg«, rief James. Er reichte Fergal die Zügel, dem stämmigsten ihrer Männer. »Wenn ich ein Zeichen gebe, bringt sie rüber!«
    Gespielt tapfer zwinkerte er Ruby zu, und ihr Herz begann zu pochen, als ihr klar wurde, dass er ebenso ängstlich war wie sie.
    Schritt für Schritt fand er festen Halt im glitschigen Flussbett und stemmte sich der Kraft
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