Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
lächelte. »Der Gedanke ans Bett hat was«, gab sie zu. »Ich glaube, ich gehe auch rein.«
    Amy hievte sich Ruby auf die Hüfte, wobei sich ihr kupferfarbenes Haar mit Rubys verhedderte und im Kerzenlicht glänzte. »Bleib hier, ich hole dich, wenn ich das Kind hingelegt habe.«
    »Nicht nötig. Ich kenne den Weg.« Sie küsste Amy, liebkoste die weiche, schlummernde Wange ihrer geliebten Ruby und lächelte. »Danke für das Fest! Ich habe mich köstlich amüsiert.«
    Amy kicherte, als sie einen Blick zu Niall hinüberwarf, der alle mit einem irischen Lied erfreute. »Morgen werden ein paar Leute einen dicken Kopf haben; aber ja, es war ein schöner Tag.«
    Nell nahm den ihr angebotenen Arm und ließ sich aus dem Sessel hochziehen. Als Amy auf das Haus zuging, warf Nell noch einen längeren Blick auf die Versammelten, bevor sie sich abwandte. Das Fest schien noch nicht zu Ende zu gehen, doch die kleine Hütte am Fluss und das bequeme Bett warteten auf sie.
    Die Klänge der Feier hallten durch die Stille und wurden leiser, je weiter sie am Flussufer entlangtippelte. Nach all den Jahren kam es Nell noch immer komisch vor, nicht zum Haus und in das Schlafzimmer zurückzukehren, das sie mit Billy geteilt hatte. Deshalb blieb sie einen Augenblick stehen, um zu verschnaufen. Da sah sie, dass sich der Mond auf dem Wasser spiegelte. Diese Spiegelung hatte Billy einst inspiriert, den Ort Moonrakers zu nennen, und sie lächelte, als ihr einfiel, wie der ehemalige Schmuggler über seine Schlauheit gebrüllt hatte vor Lachen. »Oh, Billy«, murmelte sie. »Du fehlst mir so!«
    Ein Rascheln im Buschwerk ließ sie zusammenfahren. »Wer ist da?«, krächzte sie.
    »Bindi, Missus.« Der Aborigine trat aus dem Dunkel, sein wilder Haarschopf glitzerte silbrig im Mondschein.
    »Was zum Teufel fällt dir ein, mir so einen Schrecken einzujagen?«
    Furchen entstanden auf seiner breiten Stirn, und die bernsteinfarbenen Augen blickten verwirrt. »Bindi wartet auf Missus. Bringe Sie sicher nach Hause.«
    »Ich kenne meinen Heimweg, danke, Bindi. Ich bin ihn weiß Gott oft genug gegangen.« Sie lächelte und bedauerte, ihn so schroff abgefertigt zu haben. Sie kannte ihn seit seiner Geburt, und er gehörte ebenso zu Moonrakers wie sie. »Geh wieder zumFest zurück!«, sagte sie. »Und kein Wort mehr über Gesänge zu Ruby. Das versteht sie nicht und beunruhigt sie nur.«
    Der bernsteinfarbene Blick war hypnotisierend. »Missus versteht«, sagte er. Dann nickte er wie zur Bestätigung seiner Feststellung, bevor er mit der Dunkelheit verschmolz.
    Nells Herz schlug zu schnell, und das Atmen fiel ihr schwer. Bindi hatte sie erschreckt, ohne Zweifel – warum zum Teufel musste er alles mit diesem Blick verderben? Sie schauderte und machte die kühle nächtliche Brise dafür verantwortlich, während sie ihren Weg fortsetzte. Sie war wütend über sich selbst, weil sie sich so leicht aus der Fassung bringen ließ, und wütend über Bindi, weil er so wirres Zeug daherredete. Der Aberglaube der Eingeborenen, dass der Tod mit einem Lied von den Geistern komme, wurde von manchen für ziemlich romantisch gehalten – doch in ihrem Alter war er beunruhigend. Und obwohl sie kein Wort davon glaubte, ertappte sie sich dabei, wie sie auf die Geräusche in der Nacht lauschte für den Fall, dass man die Geister doch im Dunkeln flüstern hörte.
    Wie erwartet brannte kein Licht, das sie die flachen Stufen hinaufgeleitet hätte, aber als sie sich auf die Veranda zog, erkannte sie, dass Alice in ihrem Sessel saß. Sie blieb stehen, um Atem zu schöpfen. »Hattest du nicht gesagt, du wolltest ins Bett gehen?«
    Sie erhielt keine Antwort. »Komm schon, Alice, du kannst hier nicht schlafen. Es ist kühl. Du holst dir noch eine Erkältung.« Sie ergriff die Hand der anderen Frau und sank mit einem Aufschrei der Qual in den Sessel neben ihr. Alice war in einen Schlaf gesunken, aus dem sie nie wieder erwachen würde.
    Nell schlug das Herz bis zum Hals, als sie die leblosen Finger packte und hinzunehmen versuchte, was passiert war. »Du hast es gewusst, nicht wahr?«, murmelte sie vor sich hin. »So wie Bindi. Alles, was du gesagt hast, unsere gemeinsamen Erinnerungen, das war deine Art, dich zu verabschieden.«
    Tränen rannen über ihre Wangen. Sie blinzelte in den Mond, der hoch über ihr in einem Meer von Sternen schwamm. »Oh, Alice«, schluchzte sie. »Mit wem soll ich denn jetzt streiten, verdammt noch mal?«
    Sie verlor jegliches Zeitgefühl, während sie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher