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Leben bis zum Anschlag

Leben bis zum Anschlag

Titel: Leben bis zum Anschlag
Autoren: Elisabeth Rapp
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heftige An-den-Busen-gedrückt-Werden hat ihr den Atem genommen. Sie haben partout Keaths Handynummer haben wollen, um sich bei ihm ebenfalls bedanken zu können.
    Seitdem hat er das Handy ausgestellt und ist nicht mehr erreichbar.
    Dali übernimmt die strategische Verteidigung der Inseltoplage gegenüber Naiven und/oder Aggressiven, die glauben, sie könnten nach Einbruch der Dämmerung einfach auf das schönste Plätzchen des Parks marschieren. Als Maika und Keath eintreffen und die große Schlemmerei losgeht, ist das Problem behoben.

    Die vier der fünf Destructive Pressure Putzgang- Mitglieder verflechten Arme und Beine gekonnt zu einer satten, chillenden, sich selbst stützenden lebendigen Skulptur mit Hafenblick. Jede noch so leise Hafenbewegung wird kommentiert. »Seht ihr den Gabelstapler auf zwei Uhr unter dem zweiten Kran von rechts?«
    »Wo?«
    »Der, der jetzt stehen geblieben ist.«
    »Ja, ich hab ihn.«
    »Der klaut gerade einen Container mit Yamaha-Electronics«, flüstert Nora verschwörerisch.
    Maika ist geistig abwesend, aber immer entspannt und meistens lächelnd.
    »Ob Mehmet und Leif schlafen? Irgendwie ist so ein Krankenhaus wie ein riesiges Bett, wo alle drin liegen.«
    »Nora, halt die Klappe. Ich hab ’ne Sternschnuppe gesehen und mir gewünscht, dass du die Klappe hältst, also halt dich daran, sonst geht mein Wunsch nicht in Erfüllung und ich verlier den Glauben an die wunscherfüllende Kraft der Sternschnuppen bloß wegen dir«, sagt Maika in ihrer langsam dahinperlenden Sprechweise.
    »Okay«, sagt Nora friedlich.
    Sie ist es aber nicht. Keath und sie halten sich an den Händen und pressen sie mit großer Kraft und tiefem Verlangen.

Track #17
17 Der Pate
    Acht Frauen und ihre Kinder verzaubern den türkischen Kültürverein in ein Girlanden-, Lichterketten- und Kunstblumenmeer, hinter dessen funkelnder Farbenpracht der Beton verblasst.
    Nora und Mehmet bauen die Musikanlage auf. »Mit deinem geschwollenen Bein rumturnen ist doch Quatsch, Mehmet.«
    »Was meinst du, was daheim los ist. Der Arzt hat meinen Eltern erklärt, dass ich gestorben wäre, wenn ihr mich nicht sofort ins Krankenhaus gebracht hättet. Ich würde im Paradies Jungfrauen rocken, wenn ihr erst einen Krankenwagen gerufen hättet. Wenn meine Mutter mich ankuckt, hat sie ’ne Sekunde später mit ihren Tränen die ganze Wohnung nass gespritzt.«
    Nora weiß, wovon er spricht. Gestern hat eine Abordnung seiner Familie Blumen gebracht. Selbst Yolanda hat vor Rührung geheult, obwohl sie eigentlich sauer war, weil Nora am Vorabend ohne Erklärung und ohne Entschuldigung erst um zwölf nach Hause gekommen ist.
    »Check mal, ob die Sicherungen drin bleiben, wenn du aufdrehst«, sagt Nora. Die Hochzeit steigt erst am Abend, sie hätte gerne noch ein bisschen Zeit für sich.

    Mitten im Test vibriert Mehmets Handy. »Geh ruhig, es ist alles okay«, sagt er zu Nora.
    Keath ist am Apparat und will Mehmet im Plattenladen um die Ecke treffen.
     
    »Gut, dich zu sehen, Alder.« Keath ist erleichtert, als Mehmet endlich auftaucht.
    »Gilt extrem für mich, weil du mein Lebensretter bist. Danke.«
    »So ist es. Das kann man nicht alle Tage von sich behaupten.« Keath grinst nicht mehr. »Freundschaft oder nicht, Mehmet. Das will ich wissen. Als Testperson für Arschlochtaktiken stell ich mich nicht zur Verfügung. Nicht nach fünfzehn Jahren.«
    Die Platte mit seltenen Science-Fiction- und Elektroniksounds der 60er und 70er, die Mehmet in Händen hält, ist eine Rarität und zieht seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
    »Besser, du sagst was, und zwar beizeiten. Denn es wird mir nie mehr passieren, dass du so tust, als würde aus meinem Munde nur heiße Luft entweichen. Kapiert?«
    »Is ja schon gut, Alder«, beschwichtigt Mehmet.
    »Das reicht nicht. Du hast uns angepisst, Mann.« Keath hat lang genug auf eine klare Reaktion seines ehemaligen besten Freundes gewartet. »Also?«
    »Was soll ’n das heißen?«
    »Was das heißen soll?« Keath wird laut. »Du hast mir während der Fahrt ins Krankenhaus ins Kreuz gepisst. Wir hatten alle drei nasse Hosen, Dicker, und es war dein Seich!«
    Fassungslos starrt Mehmet Keath an. »Ich … hab dich und Nora … vollgepinkelt?«
    »Ja, Mann.«
    Das ist hart. »Davon hat sie nichts gesagt«, sagt Mehmet.

    »Sie is’n Mädchen, Mann, und dir gegenüber mehr als loyal. Ich nicht.«
    »Und was habt ihr gemacht?«
    »Uns und die Klamotten bei der ersten Gelegenheit gewaschen! Was hättest du
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