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Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Titel: Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)
Autoren: Colin Powell
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auch. Ich danke Ihnen, lassen Sie sich den Hotdog schmecken.«
    Ich bedankte mich und setzte meinen Weg die Avenue hinauf fort, durchströmt von einem wohligen Gefühl der Wärme, als mich wieder einmal die Erkenntnis überkam: Was für ein Land … immer noch dasselbe Land, das neunzig Jahre zuvor meinen Eltern die Tür geöffnet und sie als Einwanderer willkommen geheißen hatte. Wir dürfen nie vergessen, dass das unsere Vergangenheit war. Es muss auch unsere Gegenwart und Zukunft sein.
    Zu dieser Geschichte gibt es einen netten Nachtrag. Im Jahr 2009 sprach ich mich für eine dritte Amtszeit des New Yorker Bürgermeisters Mike Bloomberg aus. Darauf wollten seine Mitarbeiter einen Fototermin arrangieren, um meine Unterstützung für ihn publik zu machen, und schlugen vor, uns beide in einem Restaurant zu fotografieren. Ich gab zu bedenken, dass ein Hotdog-Stand an einer Straßenecke besser zu New York passe und den Bürgermeister in einer bescheideneren, »volksnahen« Umgebung zeige. Die Idee gefiel ihnen, und das Fotoshooting wurde anberaumt.
    Es war ein kalter Morgen, aber ich hatte keinen Mantel an, als ich an der Ecke auf Mike zutrat. Er trug einen Mantel. Kameras begannen zu klicken, und Reporter und Wahlkampfhelfer schwirrten um uns herum. Wir gingen zu dem Stand, und ich bestellte zwei Hotdogs. Da fiel mir Mike ins Wort und sagte zu dem Verkäufer: »Ich hätte mein Brötchen gern getoastet.« Junge, Junge, nach einem Mann aus dem Volk klang das aber nicht.
    Aber es funktionierte, und am nächsten Morgen brachte die
New York Times
das Foto oben auf Seite eins.
    Ich habe meine Vorliebe für Hotdogs sogar in den Dialog auf höchster diplomatischer Ebene eingebracht.
    Im April 2002 besuchte Hu Jintao, damals noch Vizepräsident der Volksrepublik China, Washington. Während seines Aufenthalts war er sehr darauf bedacht, mit seinen Äußerungen ganz auf der Linie seiner Regierung zu liegen. Daher blieb der Meinungsaustausch weitgehend auf Standardfloskeln beschränkt.
    Eines Abends gab ich für den Vizepräsidenten im State Department ein Dinner, von dem ich mir mehr erhoffte als einen Austausch von Statements. Hu war gerade von einem Besuch in New York zurückgekommen. Ich fragte ihn danach. Er sei bei der UNO und anderen offiziellen Treffen gewesen, antwortete er, nicht viel mehr.
    Ich sagte zu ihm, dass er New York besucht, es aber nicht gesehen habe. Und dass bei seinem nächsten Besuch ich gern sein Gastgeber wäre: Wir würden die Pflichttermine auf ein Mindestmaß reduzieren, zusammen mit unseren Frauen in Broadway-Shows gehen, die Forty-Second Street entlang spazieren und verschiedene Stadtteile besichtigen, darunter auch Chinatown.
    Vor allem, so sagte ich zu ihm, würde ich ihm an einer Straßenecke bei einem eingewanderten Händler einen Hotdog kaufen. Es dauerte eine Weile, bis der Dolmetscher alles begriffen hatte, aber dann trat ein Lächeln in Hus Gesicht. Er dankte mir und sagte, dass er sich darauf freue.
    Im November 2002 wurde Hu Präsident der Volksrepublik China. Seitdem sind wir uns mehrmals begegnet, unter anderem bei einem Galadiner in Washington nach meinem Rücktritt. Er entdeckt mich jedes Mal und lässt mich durch seine Helfer zu ihm bringen. Wir geben uns dann die Hand und umarmen uns kurz. Seine ersten Worte, stets in amerikanischem Englisch und mit einem breiten Lächeln, lauten immer: »Wann gehen wir die Hotdogs essen?«
    Hotdog-Diplomatie mag nicht weltbewegend sein, aber sie ermöglicht zwei Männern, eine zwischenmenschliche Beziehung aufzubauen, die dazu beitragen wird, in guten wie in schlechten Zeiten eine offizielle Beziehung aufrechtzuerhalten.
    Und vergessen wir nicht, dass die Öffnung der USA gegenüber China mit einem Pingpong-Spiel begann. Ich verstehe mehr von Hotdogs.

Ein guter Start ins Leben
    In meiner Zeit als Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs traf ich auf meinen Reisen häufig mit hohen ausländischen Militärs zusammen. Irgendwann im Verlauf unserer ersten Begegnung kam unweigerlich die Frage: »Wann haben Sie West Point absolviert?« Offensichtlich waren sie immer noch der Meinung, dass ein an der Militärakademie in West Point erworbenes Offizierspatent der einzige Weg an die Spitze sei.
    »Ich war nicht in West Point«, erwiderte ich dann, »sosehr es mir auch eine Ehre gewesen wäre.«
    »Ach, dann haben Sie wohl The Citadel, das Virginia Military Institute oder die Texas A&M University besucht?«, fragten sie meist daraufhin und zählten die
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