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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit
Autoren: Olen Steinhauer
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für mich gearbeitet.«
    »In der Abteilung Tourismus?«
    Sein Gesicht wurde ausdruckslos. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    Gähnend lehnte sich Stephanie an Tinas Arm.
    »Ich habe ihn endlich zur Ehrlichkeit bekehrt«, erwiderte Tina. »Obwohl es jetzt sowieso keine Rolle mehr spielt. Die Abteilung existiert nicht mehr, oder?«
    Alan Drummond schob den Mund hin und her, als wollte er seine Zunge ausspucken. »Möchten Sie mir nicht sagen, wie es Milo geht? Ich habe gehört, er wurde angeschossen.«
    »In den Bauch. Er wird überleben.«
    »Gut, das freut mich.«

    »Wirklich?«
    In seinem Gesicht zuckte es zornig, dann setzte er sich auf den freien Stuhl neben Tina. »Ja, Tina. Ich mag ihn nämlich.«
    »Dann sollten Sie vielleicht den Typen fassen, der das getan hat.«
    »Wie Sie schon erwähnt haben, bin ich arbeitslos. Aber nur rein theoretisch: Wer war es?«
    »Ein kleiner Mann. Er heißt Stanescu.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Milo hat den Namen erwähnt, als sie miteinander geredet haben.«
    »Sie haben geredet?«
    »Nicht lang. Ich hab den Mann aus dem Fernsehen wiedererkannt. Dann hat er auf Milo geschossen.«
    Plötzlich fiel ihr Stephanie ein, die mit geschlossenen Augen dalag. Aber Tina war sicher, dass sie zuhörte.
    Sie hakte nach. »Der Name – hat das was zu tun mit … Sie wissen schon. Dieses Mädchen.«
    Drummond sah aus, als könnte er ihr nicht ganz folgen. Dann schien ihm etwas zu dämmern. »Nein, nein. Bestimmt nicht.«
    Verdammt, dass diese Leute auch alle so unheimlich gut logen!

16
    Sie kaufte sich zwar wie üblich ihren Wein und wechselte sogar einige Worte mit Herrn al-Akir, doch als um fünf nach halb zehn ihr Hausanschluss läutete, hatte sie die Flasche noch nicht einmal geöffnet. Stattdessen saß sie am Küchentisch, das Handy neben dem Festnetztelefon, und starrte beide nervös an.
    Eigentlich hatte sie den Anruf später erwartet, und als sie Bernd Hesses heisere Stimme hörte – längere Gespräche waren für ihn immer ein Problem –, fand sie, dass er ziemlich bestürzt klang. »Kannst du nach Schwabing kommen? Jetzt gleich, meine ich.«
    »Wenn es sein muss, Bernd. Was ist denn los?«
    »Das möchte ich dir lieber persönlich sagen. Komm zu Theodor. Du … du weißt, wo er wohnt?«
    »Da müsste ich erst mal nachdenken, ist schon lange her. Kannst du mir die Adresse durchgeben?«
    Sie fuhr die halbe Stunde in den nördlichen Münchner Stadtteil, ohne sich allzu sehr zu beeilen, und überlegte, ob sie Oskar anrufen sollte. Sie wollte wenigstens wissen, ob sie sich auf eine Niederlage einstellen musste, aber es hatte keinen Sinn. Entweder es war nach Plan gelaufen oder nicht.
    Dann kamen ihr Milo Weaver und die unerwartete Verbindung in den Sinn, die ihr nach dem kurzen Telefongespräch mit ihm vor zwei Wochen eingefallen war. Sie hatte
aufgelegt, und wie ein Scheinwerfer war die Erkenntnis über sie hinweggefegt. Nein, Milo Weaver war ihr vor dem Zusammentreffen Ende Februar nie begegnet, aber sein Name war bei der Vernehmung einer amerikanischen Terroristin aufgetaucht. Vor dreißig Jahren.
    Ellen Perkins schmorte damals in einem deutschen Gefängnis, weil sie zu den zahlreichen jungen Leuten gehörte, die glaubten, dass man mit einer Waffe, Marx und einigen Parolen eine ganze Zivilisation zu Fall bringen konnte. Doch sie hatte einen Sohn, den sie heimlich nach Amerika geschafft hatte, um ihn bei ihrer Schwester aufwachsen zu lassen. Im Verhörzimmer hatte ihr Erika erklärt, dass sie von dem Jungen namens Milo erfahren hatte, und versucht, sie mit diesem Wissen zu ein wenig Kooperation zu bewegen.
    Perkins allerdings war zäher, als sie aussah, und am Tag nach der Vernehmung erhängte sie sich mit der Hose der Gefängnisuniform in ihrer Zelle. Damit hatte sie das Gespräch im wahrsten Sinn des Wortes abgewürgt.
    Und nun, fast drei Jahrzehnte später, hatte sie den Sohn verhört. Die Welt war wirklich klein.
    Theodor Wertmüllers Wohnung in der Potsdamer Straße lag ganz oben in einem der zahlreichen nach dem Krieg errichteten Neubauten. Zwei blaue BMWs der Bundespolizei parkten schräg davor auf dem Gehsteig, und weiter vorn stand ein Wagen des Nachrichtensenders N24. Auch neugierige Gaffer trieben sich herum, die die Polizei und den Mann mit der großen Kamera vor dem Haus bemerkt hatten. Erst nach zehn Minuten hatte sie in der Parallelstraße eine Parklücke gefunden. Sie lief zurück, vorbei an Teddys MINI, bahnte sich einen Weg durch die Menge und zeigte dem
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