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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen
Autoren: Teresa De Sio
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Wäsche aufzuhängen, als ich Donna Aurelia sah, die ganz aufgeregt war und mir sagte, dass es meiner Schwester schlechter gehe als sonst.
    Ich machte mir Sorgen, holte mir rasch auf dem Hof die
Erlaubnis, und wir liefen zu uns nach Hause. Und tatsächlich war Archina schweißgebadet und aufgebracht, als wir sie dort vorfanden. Wie ein Tier im Käfig ging sie auf und ab, setzte sich auf das Feldbett, das bei uns in der Küche aufgeschlagen war, stand wieder auf. An einem bestimmten Punkt legte sie sich wieder hin, die Augen ins Leere gerichtet und ohne ein Wort zu sagen, doch dabei wimmerte sie, als wäre ein Feuer in ihrer Brust, das sie von innen verbrannte. »Sag, mein Kind, ich bin’s, die Tante, was ist los mit dir?«, fragte Donna Aurelia, die wir mittlerweile »Tante« nannten. Archina aber sagte nichts, als ginge das Gesagte ihr zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus. Am anderen Tag wurde sie noch sonderbarer. Da sagte Donna Aurelia zu mir: »Filumè, die Kleine ist bestimmt von der Tarantel gebissen worden.« Und sie meinte, wir sollten die Musikanten rufen, damit sie bei uns zu Hause aufspielten und Archina dazu tanzen konnte, und dann würde sie schwitzen und die Tarantel vertreiben. Und so wurde es gemacht.
    Es kamen Vincenzino Epifani, der Barbier, der die Geige spielte, Don Luigi, der Makler, mit seiner Ziehharmonika, und Uccio Blasi, kein Geringerer als der Kommandant der Carabinieri, mit seiner Gitarre. Mit dem Tamburin kam niemand, denn das schlug Donna Aurelia persönlich. Und nicht einmal ich könnte mehr so recht sagen, ob es eher wie ein Fest oder wie ein Begräbnis war.
    Drei ganze Tage wurde gespielt, Signorina! Drei Tage spielten die Musikanten, und meine Schwester, sie tanzte. Ab und zu wurde eine Pause gemacht, damit alle sich etwas ausruhen und ich für die Leute vom Orchester etwas zu Essen machen konnte. Dann begann das Spielen und Tanzen
von Neuem. Am Schluss wurde meine Schwester müde und schlief ein. Donna Aurelia meinte, jetzt sei alles gut, und die Musikanten konnten nach Hause gehen. Was soll ich Ihnen sagen, so war’s. Sicher war es eine seltsame Angelegenheit, weil Archina ja nie allein auf den Feldern herumstreifte. Wann also sollte sie gebissen worden sein? Und wo? Aber nun ja, vielleicht an dem Tag, als sie mit dem Vater nach Maglie gefahren war, denn in dieser Stadt machten sie, wie er sagte, besonders gute Taue, Besen und Stoffe, weshalb er gelegentlich dorthin fuhr, um Material zu kaufen, das er für die Arbeit bei Angelo Santo brauchte. Damals waren sie zwei Tage dort gewesen, und vielleicht war ja Archina bei dieser Gelegenheit gebissen worden, denn schließlich sagt man, dass es genau in dieser Gegend die Tarantel wirklich noch gab, auch wenn damals nach der Landung der Alliierten in Salerno die Amerikaner irgendwelche Mittel gegen Ungeziefer gesprüht hatten und man seither angeblich von Taranteln dort nichts mehr gehört hat.
    Jedenfalls steht fest, dass meine Schwester schon am Tag nach der Tanzerei langsam wieder so wurde wie vor ihrer Krankheit. Oder wenigstens dachten wir das. Ich beruhigte mich, machte meine Arbeit, und das Leben ging weiter. Bis dann, einige Monate später, das mit Narduccio Greco passierte. Eines schönen Morgens fand man ihn tot in seinem Bett liegend, einfach so, mausetot. Ich kann bis heute nicht sagen, wie es passiert war. Donna Marianninas Schreie hörte man im ganzen Dorf, und sie benahm sich dermaßen von Sinnen, dass man fast glauben mochte, auch sie sei von der Tarantel gebissen worden. Im Haus der Grecos trafen zunächst der Arzt und dann die Carabinieri ein, dann die
Zwillingsschwestern Santo und noch andere Leute. Donna Mariannina schrie und sagte Dinge, die überhaupt keinen Sinn ergaben … Dinge über meine Schwester. Ausgerechnet sie, die meine Schwester immer gerngehabt hatte wie ihre eigene Tochter. Sie sagte, Archina habe Narduccio Geld abknöpfen wollen, aber er wollte ihr keines geben, und so habe sie ihm eben das Leben genommen. Lauter wirre Sachen sagte sie, die niemand verstand. Aber gewiss war Donna Mariannina vor lauter Schmerz völlig von Sinnen. Das habe ich jedenfalls gedacht. Und so kam es, wissen Sie, dass im Dorf das Gerede begann … wie gemein die Menschen doch sind … all diese Sachen, dass meine Schwester diese fixen Ideen gehabt hatte, dass sie dieses Mönchlein sah, das sie des Nachts piesacke und ihr die Kehle zudrücke, dass sie gelernt habe, dieses Pulver hier zuzubereiten, und dass sie es
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