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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen
Autoren: Teresa De Sio
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anderen Tag, auch dieselben zerschlissenen, windigen Jäckchen, die sie übers Jahr in der Schule anhaben. Diese Jungen, die alle zwischen elf und vierzehn Jahre alt sind, treten im Rudel auf, und sie tragen nur Masken über den Augen und gelegentlich eine ulkige Mütze. Sie sind bewaffnet. In den Fäusten tragen sie bunte Plastikkeulen, in Gelb, in Rot, in Grün oder Braun, der letzte Schrei in den Läden für Karnevalsartikel. An sich wären diese Keulen federleicht, doch um sie zu richtigen Waffen zu machen, haben die Jungen sie mit Wasser oder gar mit Sand gefüllt und benutzen sie nun, um damit nach den kleinen Mädchen zu schlagen, die wie Damen herausgeputzt sind. Die Mädchen schreien und machen sich ins Hemd, wenn sie diese keulenbewehrten Schwadronen auch nur am Ende einer Gasse auftauchen sehen. Denn
sie wissen, dass nichts und niemand sie dort vor dem Hagel von Schlägen bewahren kann, der sie am Ende jener Gasse erwartet. Weder Papa noch Mama. Von wegen! Und da hagelt es schon Schläge, ein Schlag, und noch einer, und all das Mehl und der Talkumpuder, mit dem die kleinen Damen sich geschminkt haben, vermischt sich mit dem Wasser aus den Keulen und bildet auf den Kleidchen große Flecken und Kleckse.
    Ein Meer aus Luftschlangen, Konfetti, hier trötende Luftrüssel, dort Masken, die das Gesicht zur Hälfte bedecken, Schreie und Schläge und Pfiffe und sausende Keulen. Doch auch die Erwachsenen sind verkleidet. Zwei kommen im Kostüm des Pulcinella vorbei. Ihre Gesichter sind nicht auszumachen.
    Auf der Hauptstraße des Dorfes hat so mancher Ladenbesitzer immer noch offen, obwohl es bereits halb neun ist, und sitzt, in der Hoffnung auf bessere Geschäfte dank des Festes, auf einem Hocker vor seinem Laden und lässt das funkelnde Spektakel an sich vorüberziehen. Gelegentlich tippt er sich an den Hut, grüßt den einen oder anderen Bekannten oder wen auch immer er hinter einer Maske zu erkennen glaubt.
    Mittlerweile ist der Abend hereingebrochen, die Farben haben etwas von ihrer Wildheit eingebüßt, und ein paar Momente lang hat es den Anschein, als wäre es ein Abend wie jeder andere auch. Aus den Fenstern der unteren Stockwerke, die sich auf die Straße öffnen, dringen die Geräusche derjenigen, die bereits nach Hause gegangen sind und sich an den Abendbrottisch setzen. An zwei Marktständen mit weißem Nougat stehen hinter dem Tresen Plattenspieler,
von denen die Stimmen Modugnos, Nilla Pizzis, Franca Raimondis und anderer beliebter Sänger zu hören sind.
    Drei Gestalten gehen vorbei, in den Händen ein Akkordeon, eine Trommel und ein Tamburin, doch die Instrumente haben gerade Pause. Die Kostüme der Männer, halb Schäfer, halb Anzug, geben Rätsel auf. Der mit dem Akkordeon trägt eine Löwenmaske, die sein gesamtes Gesicht und den Kopf bedeckt, während die beiden mit den Schlaginstrumenten ihr Antlitz hinter einer Bocksfratze und einem Totenschädel verstecken. Rasch und schweigend gehen sie zwischen den Ständen hindurch über den Corso. Es ist leicht zu erkennen, dass sie irgendwo erwartet werden.
    Eine Gruppe junger Männer, die sich als Frauen verkleidet haben, tritt betrunken und Lieder grölend aus einem Tor und mischt sich unter die Menge. Ihre Pfennigabsätze klappern auf dem schmalen Gehsteig, sie lachen laut und rufen sich in derbem Dialekt allerlei unflätige oder boshafte Bemerkungen zu. An der Art, wie sie gehen und sich aufspielen, ist deutlich zu erkennen, dass sie nicht den blassesten Schimmer haben, was eine Frau überhaupt ist, wie sie sich bewegt, wie sie geht oder spricht. Als die Gruppe an der Kreuzung zum Vicolo Del Lazzaro vorbeikommt, tritt ein weiterer junger Mann aus der Gasse, der ebenfalls als Frau verkleidet ist. Er trägt dicke Schminke, eine blonde Perücke, klimpernde Armreifen, einen kurzen Rock über den behaarten Beinen und halbhohe Absätze. Wer genauer hinschaut, erkennt, dass es sich um Narduccio Greco handelt. Zuerst scheint er sich den anderen Männern in Frauenkleidern anschließen zu wollen. Ein paar Meter geht er neben ihnen her, passt seine Schritte an. In genau diesem Moment tauchen
jedoch direkt vor ihm auf dem Bürgersteig erneut das weiße Kleidchen der Archina Solimene und die dunkle Jacke ihres Vaters Nunzio auf, der das Mädchen immer noch am Arm hält und eilig zum unteren Ende des Corsos zieht. Narduccio löst sich von der Gruppe der Betrunkenen und beschleunigt seine Schritte.
    Inmitten dieses ganzen Trubels ist es durchaus möglich, Passanten
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