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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen
Autoren: Teresa De Sio
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jede Nacht in einem Teller aufs Fensterbrett stelle, um das Mönchlein damit zu vergiften … Und der arme Narduccio Greco, sagten sie, das heißt, das sagte der Arzt, sei genau an einer Vergiftung gestorben! Jedenfalls hatten sie doch tatsächlich meine Schwester in Verdacht! Und dass es wirklich so geschehen sein könnte! Eine Hexe schimpften sie sie, eine Hure und eine halb Verrückte. Andererseits, wenn selbst Donna Mariannina ihre Meinung so plötzlich geändert hatte und sie beschuldigte, ihrem Haus Unglück gebracht zu haben… meine Schwester, die doch noch ein Kind war … Glücklicherweise fanden sich jedoch keinerlei Beweise, und so konnte niemand etwas machen. Einige Tage später brachte mein Vater Archina nach Procida zurück, und es wurde nicht mehr darüber geredet. Zum Glück verkaufte auch Donna Mariannina binnen weniger Wochen ihr Haus,
das Grundstück und all das, was sie noch in Mangiamuso hielt, und verließ das Dorf. Doch wie und warum und durch wessen Hand dieses Gift in den Körper jenes herzensguten Mannes gelangt war, ist niemals ans Tageslicht gekommen.
    Und hier ist das Abenteuer zu Ende … wie ich gesagt habe … Und wie viele andere Dinge hätte ich noch zu erzählen! Sehen Sie, Signorina, und bei all dem Reden habe ich Ihnen die stramunella fertig gemacht. Aber hören Sie auf mich, und seien Sie vorsichtig damit! Ach, entschuldigen Sie vielmals, Signorina, über all dem Erzählen bin ich ganz dumm im Kopf geworden und habe Ihnen nicht einmal einen Kaffee angeboten.

Mangiamuso

    Karnevalssamstag
    AM LETZTEN TAG des Karnevals kochen die Leidenschaften hoch, sie drücken und drängen und kommen ans Tageslicht, und sie zeigen, aus welchem Holz die Menschen wirklich geschnitzt sind. Wie überall auf der Welt ziehen die Leute auch hier in Mangiamuso andere Kleider an, sie tragen fremdartige Kittel und Hemdchen aus schwarzer Spitze, mit glitzernden Steinen und Tand besetzt, Schleier und Perücken oder auch Hosen mit Lumpen und Flicken am Hinterteil. Die Männer verkleiden sich als Frauen und die Christen als Tiere. Die Armen tun so, als wären sie reich, und die Reichen, als wären sie arm. Vielleicht wollen sie endlich zeigen, wie sie wirklich sind, oder sie wollen alle Spuren verwischen.
    Wir schreiben das Jahr 1956, und die Menschen glauben noch an alles.
    Ganz am oberen Ende der Hauptstraße des Dorfes – jenem Teil der Straße, der auch an gewöhnlichen Tagen besonders belebt ist und den Platz vor der Präfektur mit der Piazzetta della Signuría am Ende des Ortes verbindet – erscheinen jetzt, am späten Nachmittag dieses letzten Tages im Karneval, die Söhne des Bürgermeisters Siani. Der Corso trägt bereits sein festliches Feierabendkleid, ringsum toben und tanzen die Masken, und überall auf den Ständen mit türkischem Honig und Zuckerwatte, die sich wie eine
Schlange aus geschmolzenem Zucker die ganze Straße entlang bis zum Hauptplatz ziehen, wo das Dorf aufhört und das übrige Salento beginnt, liegt Konfetti. Bei den Söhnen des Bürgermeisters handelt es sich um zwei schmächtige und spindeldürre Burschen, die sechs und acht Jahre zählen, doch wie Zwillinge wirken, als wären sie über denselben Leisten geschustert, hässliche Knaben, was man jetzt jedoch nicht sehen kann, weil sie als Hündchen verkleidet sind. Ohne große Begeisterung laufen sie an der Hand ihrer Mutter, der Signora Siani, über den Corso, einem stadtbekannten Vollweib mit gewaltigem Busen, das die Hündchen jedes Mal mit einem Ruck zurückzerrt, wenn sie stehen bleiben, um eines der kleinen Mädchen mit Konfetti zu bewerfen, so wie die Tochter des Notars Marra, die sich im ausladenden Kostüm einer Hofdame aus dem achtzehnten Jahrhundert über den Corso schleppt, einem dieser Kleider, die mit solcher Sorgfalt und so viel Aufwand genäht wurden, dass auch der Letzte im Dorf mit einem Blick und ein für alle Mal begreift, wer sich »etwas leisten kann« und wer nicht, und ihm entsprechenden Respekt zollt. Ohne anzuhalten, geht Signora Siani an der Lottoannahmestelle vorüber, die auch an diesem Festtag geöffnet ist, denn wie man weiß, hat die Hoffnung niemals Ruhetag. Auf einem Hocker, der kaum ihr Gewicht tragen kann, sitzt die Sapúta direkt vor der Annahmestelle. Wie immer ist sie allein und betrunken, hat in der Hand ein Gläschen mit Magenbitter oder ähnlichem Gesöff, und ihre hundertvierzehn Kilo quillen an beiden Seiten über den Hocker und bringen sie bei der kleinsten Bewegung aus dem
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