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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen
Autoren: Teresa De Sio
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einmal sprach, dann redete sie immer über den monaciello. Sie war nämlich wie besessen von der Idee, dass wir im Haus diesen kleinen Mönch hätten. Wissen Sie denn, Signorina, was es mit diesem Mönchlein auf sich hat? Das ist ein winzig kleines Männchen in einer Kutte, das manchmal bei Leuten im Haus auftaucht, als wäre es, was weiß ich, die Seele eines toten Kindes … Manchmal wacht es über dich und bringt dir Glück. Man muss nur am Abend einen Teller Nudeln auf die Fensterbank stellen, und den isst das Mönchlein
dann ganz auf, und am nächsten Tag ist der Teller voller Geld. Andere Menschen jedoch, die quält der kleine Mönch. Meine Schwester zum Beispiel, die quälte er. Sie sagte, er komme immer des Nachts und mache ihr Angst. Und sie behauptete, er wolle sie um jeden Preis vergiften. Damals kam mir auch der Gedanke, ihr beizubringen, wie man aus den Blättern des Stechapfels jenes Pülverchen zubereitet, um sie zu beruhigen. Ich wollte nur, dass sie sich ein bisschen beschäftigt, aber sie steigerte sich immer mehr in die Sache hinein. Jeden Abend stellte sie einen Teller mit Nudeln oder mit Erbsen auf die Fensterbank und streute ein bisschen von dem Pulver darüber, und am Morgen lief sie dann gleich hin, um nachzusehen, ob das Mönchlein Geld dagelassen hatte. Aber nichts geschah. Trotzdem hätte ich nie gedacht, dass es zu einem solchen Unglück kommen könnte … So verging die Zeit, doch die Dinge wendeten sich nicht zum Besten. Sogar in der Schule sagten die Lehrer jetzt, das Mädchen sei sonderbar, immer mit den Gedanken woanders, dabei könnten sie sich nicht vorstellen, wie es dazu gekommen war. Es war auch in dieser Zeit, als die mappatèlla bei ihr auftauchte … wie soll ich das erklären, eine mappàta, ein kleines Säckchen, das sie sich aus einem alten Kissenbezug genäht hatte. Tagsüber band sie sich den Beutel um die Taille, wie einen Gürtel, und nachts legte sie ihn unters Kopfkissen … Und wehe dem, der versuchte herauszufinden, was sich in dem Beutel befand! Da wurde meine Schwester zum Tier, es konnte sogar vorkommen, dass sie einen kratzte. Jedenfalls ist es weder mir noch Donna Aurelia jemals gelungen, herauszufinden, was es mit dem Beutel auf sich hatte. Archina tat sehr geheimnisvoll damit, doch man merkte sofort,
dass ihr diese mappàta sehr wichtig war. Aber wissen Sie, in jener Zeit machte meine Schwester um alles ein großes Geheimnis. Immer wieder kam es vor, dass sie verschwand, dass sie einfach das Haus verließ und niemand wusste, wo im Dorf sie unterwegs war oder was sie machte. Der Vater … Was meinen Sie? Nein, dem war sie überhaupt nicht wichtig. Das Einzige, was er für sie tat, war, dass er sie ab und zu auf den Hof von Angelo Santo mitnahm, weil er meinte, die beiden alten Damen hätten sie gern und machten ihr immer Krapfen oder etwas Süßes. Und dann war da dieser Severino, der ein entfernter Neffe der Santos war; mit dem hatte sich Archina angefreundet. Immer wenn sie dorthin gingen, bestand unser Vater darauf, dass sie sich wusch und herausputzte. Er ließ sie ihr weißes Kommunionkleid anziehen, das sie ein bisschen umgenäht hatte, weil er meinte, die Santos seien wichtige Leute und ihretwegen müsse man sich gut anziehen. Er hingegen blieb immer verschlossen und traurig, als wäre ihm alles verleidet. Ich glaube, dass er Archina nie besonders gerngehabt hat, weil er ihr die Schuld daran gab, dass unsere Mutter gestorben war, während sie sie zur Welt brachte. Es ist nicht schön, das zu sagen, aber gerngehabt hat er immer nur mich. Und ich? Was konnte ich machen? Ich habe versucht, sie abzulenken. Auch ich habe sie oft mitgenommen, vor allem, wenn ich zur Arbeit bei den Grecos ging. Donna Mariannina sagte zu mir: »Filumè, lass dieses arme Wesen nicht allein zu Hause, bring sie mit hierher, damit sie mir Gesellschaft leistet«, und dann brachte sie ihr das Zeichnen bei, und Narduccio Greco spielte ihr auf dem Grammofon Schallplatten vor. Er plauderte mit ihr, las ihr jede Menge Geschichten vor, er nahm sie mit aufs Feld
und erklärte ihr, wie man den Acker bestellt, wie man sät und erntet, das Wasser, die Sonne … eben alles, was das Feld anging und was dem Mädchen immer gefallen hatte. Hätte ich nur geahnt, was dann passiert ist, wäre ich doch nie damit einverstanden gewesen, dass sie so viel Zeit mit dem Compare Narduccio verbringt! Aber was will man machen, so ist das Leben.
    Jedenfalls, je mehr Jahre ins Land gingen, desto mehr wurde
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