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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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1933 zum Parteitag nach Nürnberg begleitete und in den Bann des Nationalsozialismus geriet, und gerade einmal fünfundzwanzig, als Großbritannien Deutschland den Krieg erklärte. Überfordert von dem Konflikt zwischen den beiden Ländern, die sie liebte, ging sie in den Englischen Garten und setzte sich eine Pistole an die Schläfe. Die Kugel tötete sie nicht, beschädigte aber ihr Gehirn, und neun Jahre später starb sie an Meningitis. In den fünf Jahren, die sie in Deutschland verbrachte, lernte sie Hitler persönlich kennen, und vorbehaltlos nahm sie die NS-Ideologie an, einschließlich der schlimmsten antisemitischen Auswüchse. Der Nationalsozialismus, schrieb sie einem Cousin, »ist meine Religion, nicht bloß meine Partei«.
    Die dunkle Seite von Unitys Charakter ist kaum zu übersehen. Skrupellosigkeit, Naivität und Wichtigtuerei, kombiniert mit einer Faszination für Gewalt und dem Bedürfnis, andere zu schockieren, führten zu extremer moralischer Blindheit. Schwieriger zu verstehen ist, warum sie trotz allem von Familie und Freunden so geliebt wurde. Das Band zwischen den Mitford-Sisters war stark, aber es hielt Jessica nicht davon ab, sich von Diana abzuwenden, als die Politik dazwischenkam. Zu Unity brach sie die Beziehung jedoch nie ab, obwohl sie politisch konträre Positionen einnahmen. »Was also war liebenswert an ihr«, schrieb Jessica an Unitys Biografin, »und warum habe ich sie so geliebt?… Es gibt eine Dimension oder Facette ihres Charakters, die in Ihrem Buch fehlt, aber was genau ist es? … Nun, sie war riesig und unangenehm, eine richtige Witzfigur, nach Landpartie mit drei Damen auch eine von Nancys Witzfiguren – und sie [Unity] sah sich selbst auch so.« Diana bezeichnete sie als »intelligent und warmherzig«, und Unitys Beerdigung war für sie der traurigste Tag in ihrem Leben. Deborah, die jüngste Schwester, fand sie »lustig und loyal und mutig«. Die Mutter, die sich nach dem Suizidversuch aufopferungsvoll um ihre Tochter kümmerte, schrieb nach Unitys Tod: »Ich werde sie immer vermissen, sie war ein ganz ungewöhnlicher Mensch.«
    In Landpartie mit drei Damen sehen wir das Rätsel Unity mit den Augen der ältesten Schwester. Nancy zeichnet die Karikatur einer einzigartigen, selbstbewussten und eigenwilligen jungen Frau, die sich der Politik zuwendet, um der Langeweile ihres behüteten Lebens zu entkommen. Die pennälerhaften Aspekte der Jackshirt-Bewegung – sich unter Gleichgesinnten zu bewegen, Uniform zu tragen und den Führer zu verherrlichen – üben eine starke Faszination auf sie aus, genau wie der Faschismus in den Dreißigerjahren die jungen Leute emotional ansprach. »Wenn Schülerinnen wie Eugenia für eine Sache schwärmen«, erklärt eine Romanfigur, »kann man ziemlich sicher sein, dass es Unsinn ist.« Nancy unterschätzte, wie viele ihrer Zeitgenossen, die furchtbaren Folgen dieses »Unsinns«.
    Der Roman ist Nancys Versuch, ein Phänomen zu verstehen, das Europa und die eigene Familie zerreißen sollte. Fügt man ein paar klassische Mitford’sche Sottisen und Ironien hinzu (Peersmont, die Klapsmühle für spinnerte Lords, gehört zu ihren schönsten Einfällen), so ergibt sich ein überaus faszinierendes Buch. So verständlich ihre Einwände gegen eine Neuauflage vor fünfundsiebzig Jahren gewesen sein mögen – die Fans von Nancy Mitford und all jene, die etwas über einen bestimmten Ausschnitt der Geschichte des 20.   Jahrhunderts erfahren möchten, werden die Wiederveröffentlichung gewiss freudig begrüßen.
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