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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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elterliche Vorbild hatte sich den Kindern deutlich eingeprägt. In Landpartie betrachtet Nancy ihr Dilemma mit klarem, spöttischem Blick. »Diese vagen romantischen Regungen nützen niemandem, am allerwenigsten dir«, sagt Poppy St.Julien zu Lady Marjorie Merrith, die ihre Verlobung mit dem Herzog von Dartford aufgelöst hat, weil sie ihn nicht mehr liebt. »Es gibt Zeiten«, belehrt Jasper Aspect seinen Freund Noel Foster, der auf der Suche nach einer reichen Erbin ist, »da ist die Liebe nichts als ein verwerfliches und unsoziales Gefühl.« Nancy Mitford versucht, nicht immer überzeugend, aber bemerkenswert gelassen, ihre Enttäuschungen zu ignorieren und sich dem Eheleben zu widmen. Als Jasper über das »feine Püppchen« spottet, das besonders gern am Vormittag lange, kostspielige Telefongespräche führt, macht sie sich über ihre eigene Vorliebe für ein Schwätzchen lustig – für sie die schönste Form von Nähe. In ihren verborgenen Anspielungen auf Peters Unbekümmertheit in Gelddingen steckt fast so etwas wie Bewunderung: »Von Ehefrauen wird nicht erwartet, dass sie ihre Männer versorgen«, sagt Poppy. »Warum eigentlich nicht? Sehr unfair«, erwidert Jasper. Auf Poppys Anmerkung, dass Frauen die Strapazen der Schwangerschaft durchstehen müssten, entgegnet Jasper: »Wir wachen oft mit einem Kater auf. Läuft auf dasselbe hinaus.«
    Wie Peter es fand, von seiner Frau als Verschwender und Schuft porträtiert zu werden, entzieht sich unserer Kenntnis. Bekannt ist jedoch, wie Diana und Unity auf den Roman ihrer Schwester reagiert haben. Diana lernte Oswald Mosley Anfang 1932 kennen, als sie einundzwanzig und seit drei Jahren mit dem Brauereierben Bryan Guinness verheiratet war. Mosley, anfangs Konservativer, dann Unabhängiger und für kurze Zeit Labour-Abgeordneter, hatte der etablierten Politik den Rücken gekehrt und schickte sich an, die britische Faschistenpartei (British Union of Fascists) zu gründen. Er war überzeugt, dass das bestehende politische System nicht die ökonomischen und sozialen Probleme lösen könne, zu denen die Weltwirtschaftskrise geführt hatte, und dass nur eine paramilitärisch organisierte Bewegung die Wirtschaft lenken und den unvermeidlichen Aufstieg des Kommunismus bekämpfen könne. Mosley, der sich gern als britischer Mussolini sah und dessen Anhänger schwarze Uniformen trugen, schien für alle Probleme Britanniens eine Lösung zu haben. Dass er verheiratet und ein notorischer Schürzenjäger war, hielt Diana nicht davon ab, sich leidenschaftlich in ihn zu verlieben. Ende 1932 ließ sie sich von Bryan Guinness scheiden und zog in ihr eigenes Haus am Eaton Square. Als Mosleys Frau 1933 starb, wurde Diana seine offizielle Geliebte, und drei Jahre später heirateten sie. Sie übernahm unverzüglich seine politischen Ideen und blieb ihnen bis an ihr Lebensende treu. Unerschrocken trat sie für Mosley ein und verteidigte ihn, wann immer er angegriffen wurde, wie eine Löwin ihre Brut.
    Ursprünglich hatte Nancy gehofft, Diana werde Landpartie mit drei Damen amüsant finden, da sie gegen The Old Ladies – eine 1933 entstandene unveröffentlichte Erzählung, in der Mosley als Witzfigur porträtiert wurde, der die alten Damen »stets bewaffnet mit zwei Revolvern, einem Jagdmesser und einer Tafel Ex-Lax aufsuchte, dem schmackhaften Schokoladelaxativ« – offenbar nicht protestiert hatte. Wie konfliktträchtig der Roman war, zeichnete sich erst ab, als Nancy schon mehr als die Hälfte geschrieben hatte. Im November 1934 gewann Mosley ein Verfahren gegen die Daily News wegen eines im Star veröffentlichten Artikels und bekam fünftausend Pfund Schadenersatz zugesprochen. Peter Rodd befürchtete, Mosley werde auch gegen Nancy prozessieren, die sich ein Gerichtsverfahren nicht leisten konnte und auf die Tantiemen aus dem Buch angewiesen war. Sie schrieb sofort an Diana und versprach, ihr das Manuskript zur Bearbeitung vorzulegen. Der Roman, meinte sie, sei ausgesprochen profaschistisch, auch wenn er »ein oder zwei Witze« enthalte. Diana ließ sich nicht besänftigen. Die British Union of Fascists verlor an Rückhalt. In den Augen der Öffentlichkeit war sie durch ihre militaristische und antisemitische Politik diskreditiert, und die Saalschlacht, zu der es im Juni 1934 nach der berüchtigten Kundgebung im Olympiastadion zwischen Blackshirts und antifaschistischen Zwischenrufern gekommen war, hatte das Image der Organisation in Mitleidenschaft gezogen. Der Gedanke, ihre
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