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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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ob ich diese Stelle in Wien bekommen werde, von der ich Ihnen erzählt habe. Mein Onkel, der dort einigen Einfluss hat, setzt sich weiterhin sehr für mich ein, und General von Pittshelm, ein alter Freund meiner Eltern, lässt offenbar gewisse Beziehungen spielen. Dennoch bin ich nicht sehr zuversichtlich – es gibt einfach zu viele Stolpersteine.«
    Bei diesen Worten war Mrs Lace dankbar, dass es zwischen ihr und Noel nicht zu mehr gekommen war. In den ruhigen, öden Wochen nach dem Kostümfest hatte sie öfter daran gedacht, dass der mittellose Anwärter auf einen Thron, den er wohl nie besteigen würde, ein schlechter Tausch für die handfesten Tröstungen des Hauses Lace wäre, wenngleich er die Gelegenheit böte, einen langweiligen Sommer auf das Romantischste zu verbringen. Diskretion war angesagt.
    »Du hast mir nicht einmal Adieu gesagt«, flüsterte sie wehmütig.
    »Darling, es war unmöglich. Wenn du wüsstest …«
    »Ich weiß. Also müssen wir uns heute verabschieden. In aller Öffentlichkeit. Das ist hart.«
    »Aber ich werde sehr bald wieder in Chalford sein, weißt du.«
    »Es wird nie wieder dasselbe sein. Mein Mann weiß von unserer romantischen Verbindung und ahnt noch mehr. Ich hatte eine furchtbare Zeit seit deiner Abreise.«
    »Ach ja, wirklich? Wird er – ich meine, er hat doch nichts gegen uns in der Hand?«
    »Mein Mann«, sagte Mrs Lace großspurig, »wird mir alles verzeihen. Er hat einen noblen Charakter, und außerdem liebt er mich wahnsinnig.«
    »Dem Himmel sei Dank«, sagte Noel. »Ich meine … du weißt, Darling, ich würde dich sofort aus Chalford herausholen, für immer, aber unter diesen Umständen ist das nicht möglich. Ich bin viel zu arm. Außerdem hätte ich dich nie deinen Kindern wegnehmen können, der Gedanke an sie würde immer zwischen uns stehen. Trotzdem werde ich dich immer lieben. Du wirst immer die Liebe meines Lebens sein.«
    »Und du die meine«, sagte Mrs Lace.
    Sie warf ihm einen ihrer Blicke von der Seite zu, die sie für unwiderstehlich hielt, und dachte, wie damals, als Noel zum ersten Mal in Chalford aufgetaucht war, dass er so gar nichts Romantisches an sich hatte. »Eher Börsenmakler als König«, dachte sie.
    »Sollte dich dein Weg je nach Wien führen«, sagte Noel gerade, »musst du mich unbedingt besuchen, wenn ich dort bin, und dann ziehen wir durch die Nachtklubs, sofern es welche gibt, aber ich habe gehört, es soll dort inzwischen gar nichts mehr los sein. Ein Freund von mir, der gerade aus Wien zurückgekehrt ist, erzählt, dass er sich seine amourösen Abenteuer lieber in Nordwales sucht – er hat wohl Caradoc Evans gelesen.« Und dann rief er, sehr erleichtert: »Ah, da kommen ja endlich die anderen.«
    Vom Korridor her näherte sich lebhaftes Stimmengewirr. Mrs Lace bezog am Fenster Position und nestelte an ihrem Fuchs herum. Sie riss die Augen weit auf und machte ein romantisch-melancholisches Gesicht.
    Die Tür flog auf. Lady Marjorie, strahlend und bildschön in weißem Crepe de Chine mit großem schwarzen Hut, erschien Hand in Hand mit Mr Wilkins. Sie sah aus wie die Glückseligkeit in Person. Mr Wilkins sah, bis auf seinen eleganten grauen Anzug mit der roten Nelke im Knopfloch, nicht anders aus als sonst. Gleich nach ihnen kam Lady Fitzpuglington herein, begleitet von einem bekannten Staatsmann und gefolgt von einem Trupp eleganter und strahlender junger Leute, unter denen auch Poppy St.   Julien war.
    Lady Fitzpuglington hatte sich, wenn man bedenkt, welche Ansichten sie zu diesem Thema vertrat, gegenüber Marjorie sehr anständig verhalten. Sie hatte ihr drei lautstarke Szenen gemacht, und als klar war, dass sie die junge Frau nicht von ihrem Entschluss abbringen konnte, hatte sie eingelenkt und nur gefordert, dass die Hochzeit mit Rücksicht auf die Gefühle des Herzogs von Dartford in privatem Rahmen gefeiert werden solle.
    »Es ist nicht zu ändern«, hatte sie ihrem Bruder erklärt. »Marjorie ist erwachsen und rettungslos verliebt. Nichts, was ich sagen oder tun kann, wird sie aufhalten. Wir müssen das Beste daraus machen und dankbar sein, dass Scheidungen heutzutage so einfach sind. Der arme Mr Wilkins will sie natürlich gar nicht heiraten, aber nun ja, was soll man machen. Ach, wenn Puggie doch nur auf meinen Rat gehört und sie erst mit vierzig für volljährig erklärt hätte, wie anders wäre dann alles gekommen. Wir hätten zumindest einen gewissen Einfluss auf das Dummerchen gehabt.«
    Der Bruder ihrer
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