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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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hatten. Ihr Widerstand gegen eine Neuauflage der Landpartie hatte also nichts mit schriftstellerischem Stolz zu tun. Es lag vor allem an den heftigen Reaktionen innerhalb der Familie, die ihr Roman ausgelöst hatte. Unity hatte gedroht, nie mehr mit ihr zu sprechen, und Diana, die sich kurz zuvor von ihrem Mann getrennt hatte, um Mosley zu heiraten, hatte den Kontakt zu ihr bis Kriegsende praktisch abgebrochen. Hinzu kam vermutlich, dass Nancy nicht an Unitys Selbstmordversuch im Jahr 1939 und ihren Tod 1948 erinnert werden wollte.
    Nancy Mitford, eine ausgemachte Spötterin, hat nichts sonderlich ernst genommen. Ihre Einstellung zum Leben bestand darin, alles als ungeheuren Witz zu betrachten, zumindest nach außen hin. Als älteste der sechs Mitford- Sisters hat sie diese Haltung an ihre Geschwister weitergegeben und die Atmosphäre in der Familie geprägt. Die Unbedingtheit, mit der Diana, Unity und Jessica (die fünfte, eine Kommunistin) sich radikalen politischen Bewegungen anschlossen, verstieß gegen das ungeschriebene Mitford-Gesetz, dass nichts so wichtig sei, als dass man nicht darüber lachen könne. Nancy misstraute instinktiv allen Ideologien. »Zwischen Nazis & Bolschewisten passt keine Stecknadel, ist man Jude, zieht man die einen vor, ist man Aristokrat, die anderen, das ist alles, so weit ich sehe. Unmenschen«, schrieb sie bei Kriegsausbruch an eine Freundin. Politik werde von Persönlichkeiten bestimmt. Auf die Menschen kam es ihr an, nicht auf Ideen. Als sie sich später der französischen Geschichte zuwandte, wurde ihr von Historikern vorgeworfen, sie erzähle Geschichten aus dem Hause Mitford. »Wohl wahr, schrieb sie an Jessica. »Geschichte ist immer subjektiv, & die Bücher, die uns anöden, sind oft Beschreibungen des häuslichen Lebens eines stinklangweiligen alten Professors.«
    Trotz aller Anspielungen auf die politischen Verhältnisse jener Zeit geht es in Landpartie mit drei Damen vor allem um Liebe und Ehe – um Themen, zu denen Nancy in all ihren Büchern zurückkehrte. Gewidmet ist Landpartie ihrem Mann Peter Rodd, dem ungebärdigen Sohn des Diplomaten Sir Rennell Rodd. Als sie im Frühjahr 1934 zu schreiben begann, war sie erst ein paar Monate mit Peter Rodd verheiratet, und doch schon lang genug, um die Ehe zynisch zu betrachten: »Das ist ein wahnsinnig riskantes Spiel. Setz das Geld lieber auf ein Pferd, dann bist du auf einen Schlag von deinem Elend erlöst«, sagt Jasper Aspect, der skrupellose Schürzenjäger, der viel von Peter Rodd hat und auch einiges von Basil Murray, seinem Oxforder Zeitgenossen. (Die beiden hatten bereits Evelyn Waugh zu der Figur des Basil Seal angeregt, des schurkischen Antihelden in Black Mischief.) Nancy und Peter stürzten sich euphorisch in die Ehe. Peter ging auf die dreißig zu und sah, nachdem er in allem anderen versagt hatte, in der Ehe vermutlich seine letzte Chance. Er mochte Nancy gewiss auf seine Weise, behandelte sie aber, wie alle Frauen, lieblos. Gegenüber Freunden protzte er damit, allen möglichen Frauen einen Antrag gemacht zu haben, aber Nancy sei als Einzige »dumm« genug gewesen, ihn zu nehmen. Mit neunundzwanzig – einem Alter, in dem unverheiratete Frauen damals schon fast als hoffnungslose Fälle galten – hatte sie eine sich jahrelang hinziehende Affäre mit Hamish Erskine hinter sich, einem homosexuellen Freund ihres Bruders, und war sehr empfänglich für Peters unverschämten Charme.
    Nancy, trotz aller Spitzzüngigkeit eine unverbesserliche Romantikerin, wollte verliebt sein, und so schaffte sie es auch, während der Verlobungszeit die Augen vor Peters wahrem Charakter zu verschließen. Einer Freundin schrieb sie, sie sei »in einem wahnsinnigen Glücksrausch«, und allen, die ein »Rezept für absolute Glückseligkeit« haben wollten, empfahl sie zu heiraten. Das Postskriptum (»Entschuldige bitte dieses wirre Gerede«) könnte darauf hindeuten, dass sie schon ahnte, wie verrückt es war, Peter zu heiraten. Nach der Rückkehr aus den Flitterwochen hatte sich alle Romantik verflüchtigt. Die beiden bezogen ein kleines Haus im Londoner Stadtteil Chiswick, unweit der Themse, und lebten von dem, was ihre Eltern ihnen zukommen ließen, und von dem wenigen, was Nancy mit Schreiben verdiente.
    Nancy Mitford wuchs in einer Zeit heran, in der es für Frauen aus ihrer Schicht praktisch nur ein Lebensziel gab – die Ehe. An der Ehe musste um jeden Preis festgehalten werden, und die Frau hatte sich dem Mann unterzuordnen. Das
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